Die Mitarbeiterin sorgt sich um ihre Arbeitsstunden während der Kurzarbeit.

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Laura ist 22 Jahre und arbeitet als Kassiererin und Springerin der Pflanzenabteilung in einem Baumarkt. Auf dem Papier hat sie einen Arbeitsvertrag mit einer 40-Stunden-Woche. Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs Ende August arbeitete sie aber 44 bis 45 Stunden, in der Hauptsaison von März bis Juni sogar 60 bis 70 Stunden pro Woche.

Sie erzählte mir, was dieses Jahr wegen Corona anders war: "Wir hatten ab 15. März für vier Wochen geschlossen, und da wurden wir alle rückwirkend ab 1. März zu 90 Prozent zur Kurzarbeit angemeldet. Ich bin aber trotzdem täglich zur Arbeit gegangen und arbeitete rund 20 Stunden pro Woche, weil wir ja auch Bestellungen für den Online-Shop zusammenstellen und die Pflanzen gießen mussten. Bei meinen Kollegen war es das Gleiche. Im Monat danach haben die das Geschäft ihres Lebens gemacht! Wir hatten Umsatzsteigerungen von 60 bis 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Pflanzen, die im Lockdown eingegangen sind, wurden von der Versicherung ersetzt. Aber trotzdem haben sie noch im Juni zwei Kolleginnen rausgeschmissen. Und nun haben sie wieder eine Kollegin vor die Tür gesetzt, obwohl unsere Filiale auf Platz eins der Umsätze von allen Geschäften im Land ist."

Wie die meisten Beschäftigten trauten sich Laura und ihre Kollegen nicht, den Betrug ihres Arbeitgebers bei der Kurzarbeit anzuzeigen, weil sie fürchteten, den Job zu verlieren.

Kassiererinnen und Regalbetreuerinnen

Laura muss ihre tägliche Arbeit quasi in einem riesigen Glashaus ohne Klimaanlage oder Lüftung machen. Im Gewächshaus des Baumarkts hat es konstant fünf bis sechs Grad mehr als draußen, im Hochsommer gab es Tage, an denen das Thermometer auf bis zu 44 Grad kletterte. "Ich muss den ganzen Tag an der Kassa stehen, weil Stühle bei uns nicht erlaubt sind. Ich habe nur drei Pausen pro Tag, zwei kurze von 15 Minuten am Vormittag und am Nachmittag sowie eine Stunde zu Mittag. Das ist in der Hitze mit der hohen Luftfeuchtigkeit durch die Pflanzen extrem anstrengend. Mit dem Mund-Nasen-Schutz ist alles noch anstrengender.

Rund 228.000 Beschäftigte arbeiten als Kassier oder Regalbetreuer im Einzelhandel, 86 Prozent von ihnen sind Frauen. Ihr durchschnittliches Nettomonatseinkommen liegt bei 1.258 Euro. Nur circa die Hälfte von ihnen hat weitestgehend fixe Arbeitszeiten, 28 Prozent haben Schichtarbeit und nur drei Prozent die Möglichkeit, Gleitzeit zu nutzen. Fast alle müssen auch an Samstagen arbeiten. 70 Prozent der Beschäftigten im Handel geben an, knapp oder nicht mehr mit ihrem Einkommen auszukommen. Es ist ein harter Job mit niedrigem Einkommen und anstrengenden Arbeitszeiten, aber einer der Jobs in Österreich mit der höchsten Anzahl an Beschäftigten.

Als ich Laura fragte, ob sie mir etwas erzählen will, was in ihrer Geschichte unbedingt vorkommen sollte, antwortete sie: "Wir sorgen uns alle wegen unserer Überstunden. Die werden uns grundsätzlich durch Zeitausgleich abgegolten, den sie uns vorgeben. Doch wegen Corona haben wir so viele, dass niemand weiß, wie sich das ausgehen soll. Der Filialleiter würde sie uns gerne abbauen lassen, aber die Zentrale hat uns schon früher die Überstunden am Jahresende einfach abgeschnitten, und weg waren sie. Wir hoffen, dass zumindest das dieses Jahr anders läuft – wenn wir schon kein 'Danke' für unseren Einsatz während der Pandemie bekommen haben." (Veronika Bohrn Mena, 25.11.2020)