In einem Land, in dem der Sprit sehr teuer, dafür aber die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel gratis wäre, brauchte man sich um Staus und Unfälle wohl weniger Sorgen machen.

Foto: Danila Shtantsov

Da liegt doch was im Argen, wenn die Mitglieder der Laufgruppe Hinterhatsching (Name v. d. Red. geändert, Anm.) die 500 bis 800 Meter zum Treffpunkt mit dem Auto fahren, sich dort aufwärmen, eine Stunde laufen gehen, einen Cooldown machen und dann wieder mit dem Auto heimfahren.

Der ÖAMTC fand heraus, dass der Spritpreis auf vier Euro steigen müsste, damit die Menschen anfangen würden, ihr Auto öfter stehen zu lassen. Gehen wir einen Schritt weiter und erhöhen den Spritpreis für ein Gedankenexperiment auf fünf Euro. Was aber gleich ein Problem aufwirft, das wir erkennen, wenn wir zur Stoßzeit auf die Süd-Ost-Tangente schauen, wo sich vorwiegend Alleinfahrer stauen.

Mit Öffis pendeln

Den Pendlern ist es ja wohl nicht zuzumuten, dass sie zu ihrer langen Anreise auch noch immense Mehrkosten tragen. Wenn aber im Gegenzug alle öffentlichen Verkehrsmittel gratis wären – nein, Flugzeuge gehören da nicht dazu –, wäre ein weiteres Problem erledigt.

Wir wissen auch, dass viele deswegen mit dem Auto pendeln, weil sie mit Öffis länger brauchen und weniger kommod reisen würden. Es gehören also die Öffis ordentlich ausgebaut. Wenn von überall aus – in maximal zehn Minuten mit dem Rad erreichbar – ein öffentliches Verkehrsmittel verfügbar ist, das alle 15 Minuten fährt, wäre ein weiteres gutes Stück geschafft.

Dort, wo das im zersiedelten Österreich gar nicht geht oder zu Randzeiten, würden Busse genügen – Neunsitzerbürgerbusse gibt es schon mit E-Antrieb oder als Plug-in-Hybride –, die man rufen kann und die einen an den nächsten Knotenpunkt bringen, zu einem Bahnhof etwa.

Komfort erhöhen

Das Problem des mangelnden Komforts löst das aber noch nicht. Solange man in Bussen als halbwegs gerade gewachsener Mensch nicht sitzen kann, ohne dass einem eine Hornhaut auf der Kniescheibe wächst, wird das nichts. Gerade die Corona-Pandemie zeigt doch perfekt auf, woran es hapert: an persönlichem Platz.

Gäbe es Abteile für eine, zwei und vier Personen – denken wir an die Business- oder First Class in Langstreckenfliegern –, wäre das Ansteckungsrisiko viel geringer – und ob der eine oder andere Mitreisende telefoniert oder eine Leberkässemmel isst, wäre auf einmal komplett egal.

Einen Schritt müssen wir aber noch machen, um das Zeitproblem der Pendler zu lösen. Und das heißt Homeoffice – wo immer es geht.

Das hilft jetzt der Kassiererin nicht, die von Oberwart nach Graz oder Wien pendelt, und nicht dem Handwerker. Eine Lösung wäre, dass die Zeit der Anreise als Arbeitszeit gilt und voll zu bezahlen ist. Wer nicht im Homeoffice arbeiten kann, ist so entschädigt, wer nicht von zu Hause aus arbeiten will, kann es am Weg in und von der Arbeit tun.

Klar würden dann manche Unternehmer keine Billigkräfte mehr aus dem 100 Kilometer entfernten Ort einstellen. Es würden aber auch weniger Leute aus dem gleichen 100 Kilometer entfernten Ort in den Shoppingtempel fahren, um dort einzukaufen. Über kurz oder lang würden so aber wieder lokale Strukturen gestärkt, Greißler hätten wieder ein Geschäftsmodell.

Tanktourismus unterbinden

Ein Geschäftsmodell, das es zu unterbinden gelten würde, wäre der Tanktourismus. Das geht gar nicht so schwer. Wer mit dem Auto nach Österreich einreist, zahlt der Einfachheit halber 1000 Euro. Wer das nicht will, darf unsere komfortablen und gut getakteten Öffis gratis benutzen. Lkws zahlen natürlich ihrem Tankvolumen entsprechend mehr.

Ein derartiger Ausbau des öffentlichen Verkehrs würde Unsummen kosten, die durch die hohen Spritpreise nicht reinkommen würden, weil zudem ja der Autoverkehr dramatisch abnehmen würde. Gut, E-Autos könnten einen noch stärkeren Boom erleben als bisher.

Aber woher nehmen wir jetzt das Geld? Wir haben es zu einem guten Teil eh. Nur haben wir es in der Vergangenheit falsch investiert. Denken wir an die Milliarden, die in den letzten Jahren für Banken draufgegangen, in politischen Sümpfen versickert sind oder die wegen XXL-Steuerschlupflöchern gar nie eingenommen wurden. Oder denken wir an die CEOs und Vorstände, die Millionen kassieren, für deren Fehlleistungen am Ende aber erst wieder der Steuerzahler aufkommen muss.

Idealisten als Politiker

Allein wenn die Politikergehälter dramatisch gekürzt und wir die Parteienfinanzierung auf neue Beine stellen würden, könnten wir Millionen sparen. Meine Güte, haben wir eben Idealisten, die in der Politik sitzen, und nicht Marathonpressekonferenzler, die Parteispendentrickser.

Wenn wir dann noch die Steuern auf Arbeit senken und stattdessen Maschinen und die Reichen besteuern – mit idealistischen Politikern wird das ja möglich sein –, haben wir schon wieder ein paar Millionen, wenn nicht Milliarden beinander. Deswegen wird von den Reichen keiner ein Benco mehr trinken müssen und einen Champagner weniger köpfen, kein Sportler seine angesagte Selbstverstümmelung im Aluhut-Lederhosen-TV selber bezahlen müssen.

Sparpotenzial

Wir würden uns Investitionen für die Straßenerhaltung sparen, weil tausende Fahrräder weniger Schaden anrichten werden als zig Autos. Weitere Probleme, derentwegen wir schon ewig umadrucken, wären auf einmal gelöst. Die Pendlerpauschale wäre kein Thema mehr, das Dieselprivileg auch nicht, und die falsche Nutzung von steuerbegünstigten Plug-in-Hybriden würde sich von alleine erledigen. Unfallzahlen würden weiter sinken.

Nein, das hier ist keine Kampfschrift gegen Autos. Es ist eine gegen deren übermäßige Verwendung. Es ist sogar eine für Autos. Denn wenn wir den tatsächlichen Spritverbrauch von Autos zu bezahlen haben, können wir uns alle motorbezogenen Steuern sparen, mit denen wir um fünf Ecken versuchen, denen das Geld aus der Tasche zu ziehen, die derzeit aufs Auto angewiesen sind.

Fahrzeuge würden billiger werden, man könnte sich sogar eher sogar ein Sportauto oder ein Cabrio leisten, das dann, wie bei denen, die schon jetzt eines zum Spaß haben, halt auch die meiste Zeit herumsteht. Aber an den wenigen Tagen, an denen man es fährt, macht man das bewusst und voller Freude. (Guido Gluschitsch, 23.11.2020)