Nicht alle sind davon überzeugt, dass die Himmelsscheibe von Nebra aus der Bronzezeit stammt.
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Halle – Vor wenigen Tagen hat ein 13-köpfiges Forscherteam eine Studie veröffentlicht, in der Argumente angeführt werden, warum die berühmte Himmelsscheibe von Nebra mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Bronzezeit stammt. Rupert Gebhard, Direktor der Archäologischen Staatssammlung München und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität, sowie Rüdiger Krause, Professor für Vor- und Frühgeschichte Europas an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, widersprechen dem heftig, kritisieren die Arbeit und sprechen von einem "wissenschaftlichen Kleinkrieg" um die Himmelsscheibe.

In dem Artikel "Kritische Anmerkungen zum Fundkomplex der sog. Himmelsscheibe von Nebra" (Archäologische Informationen 43) behaupten Gebhard und Krause, dass der Hortfund keinen "geschlossenen Fund" darstelle, die Himmelsscheibe möglicherweise gar nicht vom ermittelten Fundort stamme und somit als Einzelfund ohne Kontext in die Eisenzeit gehöre und etwa 1.000 Jahre jünger sei als bisher angenommen.

Ruf nach abschließender Gesamtpublikation

Und sie wollen nachlegen. "Der Aufsatz der Forschergruppe macht in keiner Weise den Eindruck, dass hier eine wissenschaftliche Qualifikationssicherung stattgefunden hat. Von uns wird da noch etwas kommen", sagte Krause. Allerdings nannte er keinen konkreten Zeitpunkt. Er forderte, "dass endlich eine abschließende Gesamtpublikation vorgelegt wird, die 2008 angekündigt war".

Die Himmelsscheibe von Nebra gilt als die älteste konkrete astronomische Darstellung der Welt. Sie ist einer der bestuntersuchten archäologischen Funde der letzten Jahrzehnte. "Die Scheibe stammt eindeutig aus der frühen Bronzezeit", ist Landesarchäologe Harald Meller überzeugt. Sein Forscherteam hatte vor wenigen Tagen in einem Artikel in der Wiener Fachzeitschrift "Archaeologia Austriaca" (Band 104/2020, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien), die Fakten aus ihrer Sicht vorgelegt.

"Wissenschaftlicher Kleinkrieg"

Krause hat den Eindruck, dass mit seinen Einwänden nicht angemessen umgegangen wird und spricht von einem "wissenschaftlichen Kleinkrieg". "Ich meine, wenn man sich zusammensetzen würde, dann könnte man das Ganze vielleicht auch ordentlich herunterbrechen", so Krause. Ginge es nach ihm sollte ein internationales Expertenteam zu Rate gezogen werden. Ein riesiger Kritikpunkt sind laut Krause die Erdanhaftungen an der Scheibe. Diese seien offenbar weggeworfen worden.

Das Landesmuseum für Vorgeschichte kontert, dass es hier wie mit der Mondlandung sei. Da könne man die Leute, welche die Meinung vertreten, diese Landung habe nie stattgefunden, auch nicht mehr überzeugen.

Weltdokumentenerbe der Unesco

Zwei Raubgräber hatten die Bronzeartefakte am 4. Juli 1999 auf dem Mittelberg bei Nebra (Burgenlandkreis) gefunden. Zusammen mit der Himmelsscheibe steckten zwei Schwerter, zwei Beile, zwei Armspiralen und ein Meißel im Boden. Die Goldauflagen auf der fast kreisrunden Himmelsscheibe zeigen unter anderem das Sternbild der Plejaden. Seit 2013 ist die Scheibe auch Weltdokumentenerbe der Unesco. (red, APA, 22.11.2020)