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Jonathan Pollard wurde im Jahr 1987 wegen Spionage verurteilt.

Foto: Reuters/McDermid

Washington – Der US-amerikanische Spion Jonathan Pollard darf ab sofort die USA wieder verlassen. Das verlautbarte das Justizministerium und verzichtete auf weitere Bewährungsauflagen für den heute 66-Jährigen. Pollard hatte Mitte der 80er-Jahre tausende Geheimdokumente an Israel weitergegeben. Er stammt aus einer jüdischen Familie in Texas und war damals als Analyst beim Nachrichtendienst der Navy tätig.

Seinen Angaben zufolge hatte er festgestellt, dass die USA seinem Alliierten Israel gewisse Informationen vorenthielten. Im Austausch für die Dokumente erhielt Pollard aus Jerusalem Geschenke und tausende Dollar im Monat. Nach eineinhalb Jahren flog 1985 die Spionagetätigkeit aber auf, und Pollard wurde von FBI-Agenten verhaftet. Um einem Prozess zu entgehen, bekannte sich der Analyst der Spionage schuldig und wurde 1987 zu lebenslanger Haft verurteilt. Er hatte den Israelis unter anderem Satellitenaufnahmen und Informationen zum Waffenarsenal der Sowjetunion weitergegeben.

Schwieriger Fall

Der Fall Pollard war über die Jahre immer wieder Thema zwischen den USA und Israel. Er ist der einzige US-Bürger, der wegen Spionage für einen alliierten Staat zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu setzte sich persönlich für die Begnadigung des Spions ein und sprach beim damaligen US-Präsidenten Bill Clinton vor, damit Pollard das Begräbnis seines Vaters besuchen konnte. Doch Clinton lehnte ab – und auch all seine Nachfolger im Weißen Haus.

Netanjahu verlieh Pollard im Jahr 1995 schließlich die israelische Staatsbürgerschaft. Er äußerte sich auch sogleich nach Ende des Ausreiseverbots. Aus seinem Büro hieß es: "Der Premierminister hofft, Jonathan Pollard bald in Israel zu sehen, und sendet ihm und seiner Frau Esther gemeinsam mit allen Israelis beste Grüße."

Held in Israel

Es wird erwartet, dass Pollard bald auswandert, was auch dessen Anwalt Eliot Lauer nahelegte. Er sei erfreut, dass sein Klient endlich ein völlig freier Mann sei und sich auf ein Treffen in Israel freuen könne. Dies werde noch ein wenig dauern, weil Pollards Frau noch Chemotherapie-Termine wahrnehmen müsse.

Pollard selbst hatte gesagt, dass er in Israel leben und auch sterben wolle, wenn er die Möglichkeit dazu habe. Der 66-Jährige sei bei schlechter Gesundheit und wolle seinen Lebensabend in Israel verbringen, wird Alan M. Dershowitz, emeritierter Professor an der Rechtsfakultät in Harvard, in der New York Times zitiert. Er hatte sich für Pollards Freilassung eingesetzt. In Israel wird Pollard als Held wahrgenommen, der viel für die Sicherheit des Landes aufs Spiel gesetzt hat.

Dass die Bewährungszeit Pollards nicht verlängert wurde, ist eine von mehreren Gesten der scheidenden Regierung von US-Präsident Donald Trump in Richtung Netanjahu. Erst vergangene Woche hatte Außenminister Mike Pompeo als erster hoher US-Diplomat eine jüdische Siedlung im Westjordanland besucht. (bbl, 22.11.2020)