Ein neongrünes Plakat mit Yoda darauf erinnert die Bewohner des Hauses Panorama daran, Abstand zu halten: "1,5 meters distance you shall keep!" Auf einem weiteren mahnt Darth Vader: "Obey to the masked side of the dorm." Die wenigen Studierenden, die an einem grauen Novembervormittag das Wohnheim im 20. Bezirk betreten, tragen alle einen Mund-Nasen-Schutz. "Wir erinnern daran auf lustige Art", sagt Martin Strobel und richtet die bunte Maske zurecht.

Strobel ist Geschäftsführer der Wirtschaftshilfe der Arbeiter_innen Studierenden Österreichs (Wihast), die in Wien und Niederösterreich 16 Studentenheime betreibt. Das Haus Panorama bietet bis zu 1700 Studierenden Platz. Dass viele Junge gemeinsam lernen, kochen, wohnen und – unter normalen Umständen – feiern, stellt Strobel vor eine Herausforderung. Wie können die Schutzmaßnahmen eingehalten werden?

Corona-Fälle im Wohnheim

Im Haus Panorama wohnen die Studierenden zu zweit in einer Wohneinheit mit geteiltem Bad. In den Gemeinschaftsräumen galt bis vor kurzem die Sechs-Personen-Beschränkung. Die Studierenden durften zu sechst fernsehen, Playstation spielen oder kochen. Die Fitnessräume sind geschlossen. Strobel erzählt, dass sich die Studierenden bisher an die Regeln hielten, und deutet auf eine junge Frau, die den Musikraum betritt. Hier wird nur einzeln geprobt. Trotzdem setzt sie sich mit einer Maske ans Klavier.

Im Musikraum darf nur einzeln geprobt werden. Trotzdem setzt sich die junge Frau mit Maske ans Klavier.
Christian Fischer

Ein paar Corona-Fälle gab es im Haus bereits. Bewohner und Mitarbeiter wurden über die Zimmer informiert, in denen die Erkrankten ihre Quarantäne verbrachten. "Die Studenten haben sich unterstützt, füreinander eingekauft und gekocht. Wir haben für sie Mikrowellen bereitgestellt", erzählt Strobl.

Im Umgang mit Mitbewohnern von Covid-19-Positiven wartet das Wohnheim das Contact-Tracing der Gesundheitsbehörde ab. Gelten sie nicht als K 1, da zur Zeit der Erkrankung kein Kontakt bestand, dürfen sie in freie Zimmer übersiedeln, damit sie sich nicht anstecken. Für sie und für neue internationale Bewohner, die wegen Einreisebestimmungen in Quarantäne müssen, hält die Wihast 26 Wohnplätze frei.

Keine Partys seit März

Die beiden Partyräume im Wohnheim wurden bereits vor dem Lockdown im März geschlossen. Zwar habe das Haus Panorama während des Lockdowns eine Securityfirma engagiert, damit es abends nicht "ausartet", und man versuche, per Mail und Aushängen auf die aktuellen Maßnahmen hinzuweisen. Aber: "Unterbinden kann man persönliche Kontakte nicht", sagt Strobel. In den 36 Wohnheimen der Akademikerhilfe, darunter das Pfeilheim, handhabt man das ähnlich, sagt Generalsekretär Bernhard Tschrepitsch. Große Partys gebe es seit März keine, die Gemeinschaftsräume bleiben geöffnet.

Schon vor dem aktuellen Lockdown kam man ins Haus Panorama ab 20 Uhr nur mehr mit den Zimmerschlüsseln. Bei den Besuchen appelliere man an die Eigenverantwortung sagt Strobel: "Wir sind offene Häuser, keine Klöster."

Oleksandr kocht im Haus Panorama. Er wohnt hier mit seinem Bruder.
Christian Fischer

Der 22-jährige Jus-Student Sergiy Golovin wohnt mit seinem 18-jährigen Bruder Oleksandr im Haus Panorama und wünscht sich mehr Kontrolle. Abends säßen oft viele Bewohner ohne Maske im Eingangsbereich zusammen. "Unter jungen Leuten kommt es zu den meisten Ansteckungen. Es wäre logisch, besonders sie stärker zu kontrollieren", sagt er. Sonst sind die Brüder, die aus der Ukraine kommen, zufrieden.

Keine Einsamkeit, aber finanzielle Sorgen

Aus einem Automaten im Erdgeschoß drückt sich Anna Mészáros eine Packung Zigaretten. Die 24-Jährige kommt aus Ungarn und studiert Architektur an der TU Wien. Sie lebt seit vier Jahren hier. Daran gedacht, heimzufahren, habe sie seit Ausbruch der Corona-Pandemie nicht, denn in Ungarn sei die Situation schlimmer. Allein fühle sich die Studentin nicht.

Auch Strobl glaubt nicht, dass im Heim Einsamkeit herrsche. Aber finanzielle Sorgen plagten viele Studierende. "Wenn eine Monatsmiete ausbleibt, ist das in Ordnung, solange man mit uns redet", sagt er. Auch hätten die Wihast-Häuser eine für Wohnheime unübliche zweimonatige Kündigungsfrist.

Viel ist nicht los an diesem Vormittag im November. Einsam fühlten sich die Studierenden aber kaum.
Christian Fischer

Trotzdem kämpfen die Heime momentan um jeden Platz. Als gemeinnütziger Verein darf die Wihast keinen Gewinn machen, muss aber die Kosten ihrer Häuser decken. "Im Sommer waren wir mit 65 Prozent schlecht ausgelastet. Wir wussten nicht, wie es weitergeht", sagt Strobl. Momentan habe sich die Lage beruhigt, die Wihast-Heime hätten eine 80-prozentige Auslastung. Im Wintersemester seien die Studierenden trotz Lockdowns gelassener, da sie wissen, was auf sie zukommt. (Allegra Mercedes Pirker, 26.11.2020)