Kooperationen sind heutzutage selbstverständlich, für die Autobranche ist es ein Steinchen im Einsparungsmosaik, dessen sie sich bedient, um den exorbitanten Forschungs- und Entwicklungsaufwand zu stemmen. Das war nicht immer so. Die unmittelbare Nachkriegszeit sah überwältigende US-Dominanz. Dann kamen die Wirtschaftswunder in Europa, deren alte Hersteller und neue wie VW blühten auf. Und kaum machst du es dir nach der unendlich mühsamen Schufterei bequem im Ohrenstuhl vor dem nigelnagelneuen Schwarz-Weiß-Fernseher, schon kommt so ein Jungspund mit seinen Autos daher.

Der Toyota Hilux fünfter Generation war die Basis für...
Foto: Toyota
...den VW Taro, der Pick-up wurde 1989 bis 1995 gebaut.
Foto: Volkswagen

Das war in den 1960ern, und ab da bis in die 1990er kamen die arrivierten Industrienationen nicht mehr zur Ruhe. Nicht nur in der (Unterhaltungs-)Elektronik, den Kameras, Motorrädern, im Schiffbau trieben die Japaner sie vor sich her, das Handels- und Industrieministerium Miti erschloss generalstabsmäßig ein Zukunftsfeld nach dem anderen, Nippon rang die Gegner nötigenfalls auch mit Dumping nieder. Ganz ähnlich, wie das heute China macht.

Das hatte weitreichende Folgen. Plötzlich interessierten sich alle für das Inselreich und seine Kultur, es gab Ausstellungen vom Ukyo-e bis zu den Ainu, japanische Ästhetik von Teekultur über den Zen-Garten und das Futon-Bett bis zum Katana-Schwert begeisterte die Designwelt. Das Gastronomierepertoire, das sich in unseren Breiten eben erst an "den Italiener" gewöhnt hatte, wurde durch "den Japaner" ergänzt, Sushi, Sashimi sind bis heute Modefutter.

Auf dem Nissan Cherry wiederum basierte der...
Foto: Nissan
...Alfa Romeo Arna (1983 bis 1986).
Foto: Alfa Romeo

Derweil ging in Europa eine Branche nach der anderen krachen. Und die Japaner, die sich rühmten, den Frieden gewonnen zu haben, sahen sich plötzlich in der Situation, den eingebildeten Gaijins, die sich zunehmend durch Importrestriktionen – als Rache für den irre schwer zugänglichen japanischen Binnenmarkt – vor dem Unvermeidlichen zu schützen begannen, großmütig Nachhilfeunterricht zu erteilen.

Das bezog sich auch auf die schlanken Fertigungskonzepte. Porsche etwa, in den 1990ern in existenzieller Krise, verdankt sein Überleben vor allem Toyotas Schützenhilfe beim Produktions-Know-how. Noch heute hält man das anerkennend im Gedächtnis, war dies doch die Grundlage für den profitabelsten Automobilkonfektionär von heute.

Suzuki Wagon R+ sowie Splash (Bild) wurden unter Opel-Emblem...
Foto: Suzuki
...zum Agila (2000 bis 2014).
Foto: Opel

Jedenfalls, plötzlich waren auch Lizenzfertigungen von Japan-Autos en vogue, zumal sich herausgestellt hatte, dass diese Ware ebenso günstig wie zuverlässig war. Der milde belächelte Reiskocher, er hatte sich seine Reputation erkämpft.

Etliche Beispiele fallen einem ein. In Italien etwa fuhr ein Hersteller nach dem anderen in die Krise, Alfa, Mamma mia!, auch. Der Tiefpunkt war erreicht, als man sich Nissan an die Brust warf: 1983, Arna. Das ist nicht etwa die weibliche Form des Arno, sondern steht für Alfa Romeo Nissan Automobili. Basis für diesen Schrecken aller Alfisti war der Cherry, die Karosserie wurde aus Fernost angeschippert, Alfa steuerte Motor, Antriebsstrang und Vorderradaufhängung bei. Bis 1986 ging der Spuk, dann übernahm Fiat Alfa Romeo.

Beim Mitsubishi Outlander hingegen bedienten sich...
Foto: Stockinger
...Peugeot (hier der 4007, angeboten 2007–2012) und Citroën.
Foto: Peugeot

Verblüffend

In England rettete die Kooperation mit Honda Rover auch nicht mehr, von 1990 bis 2005 baute man – auf Basis von Concerto und Civic – den 400 (später Rover 45), aber es gelang den Briten, die Japaner zu verblüffen: Sie hätten es nie für möglich gehalten, dass aus solider Technik miserable Qualität wurde.

Ungern erinnert man sich bei VW des Pick-up-Kapitels Taro. 1989 bis 1995 pappte man, kurz gesagt, ein VW-Emblem auf den Toyota Hilux. Ähnlich wird es bald wieder: Nach Auslaufen des Amaroks wird künftig der Ford Ranger zum VW umetikettiert. Immerhin hatte Ferdinand Piëch zur Taro-Zeit schon die Devise ausgegeben, man müsse die Japaner mit ihren eigenen Waffen schlagen. Heute sind VW und Toyota die größten Autokonzerne der Welt.

Und hier der umgekehrte Weg: Im Toyota Supra (seit 2019) steckt hauptsächlich die Technik des...
Foto: Toyota
...BMW Z4.
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Suzuki wiederum sah sich öfter in der Spenderrolle für GM, Wagon R+ und Splash etwa wurden in zwei Generationen zu Opel Agilas (2000– 2014). Und Mitsubishi verteilte nicht nur (Pajero-)Linzenzen nach Korea, sondern auch an PSA: Der Outlander wurde zu Peugeot 4007 (2007–2012) und Citroën C-Crosser (2007 bis 2013). Jüngst dann noch das Kapitel Mazda MX-5 und Fiat/Abarth 124 Spider. Dass es auch umgekehrt geht, zeigt das Beispiel BMW Z4/Toyota Supra. Damit schließen wir das Kapitel und freuen uns auf anregende Diskussionen in unseren Foren. (Andreas Stockinger, 28.11.2020)