Wie der britische "Guardian" berichtet, hat Facebook sich erneut einen Patzer im Umgang mit extremistischen Inhalten geleistet. Trotz mehrmaliger Meldung wurde ein 80.000 Nutzer großes Netzwerk von Neonazis nicht gesperrt. Die Kritik am weltgrößten sozialen Netzwerk ist dementsprechend laut.

Nicht gehandelt

Dem Bericht des Guardian zufolge, betreibt das Neonazi-Netzwerk mehr als 40 Seiten, auf denen auch einschlägige Produkte gekauft werden konnten. So fanden sich dort diverse SS-Symbole als auch Aufkleber, in denen Kyle Rittenhouse glorifiziert wird. Der US-amerikanische Teenager hatte im August in Wisconsin (USA) zwei Demonstranten am Rande eines "Black Lives Matter"-Protests erschossen.

Die Aufkleber und Nazi-Artikel dienten dabei als Finanzierung für das Neonazi-Netzwerk. Das in London ansässige Center for Countering Digital Hate (CCDH), ein Zentrum gegen digitalen Hass erklärt, dass zwei Neonazi-Bewegungen in der Ukraine mitfinanziert worden sind, das "Azov Regiment" und die "Misanthropic Division". Die zwei neonazistischen Gruppen gründeten sich während der "Euromaidan"-Proteste und dem folgenden, erzwungenen Machtwechsel in 2014. Sie sind auch für ihre Gewaltbereitschaft bekannt.

Eine der betriebenen Seiten trug sogar den geschmacklosen Namen "Gaskammern". Der Geschäftsführer des CCDH, Imran Ahmed, sagt dazu: "Facebook wurde vor zwei Jahren zum ersten Mal über dieses Problem informiert und hat nicht gehandelt." Nicht entfernt wurden etwa selbst gedrehte Videos zur Verbreitung ihrer Ideologie. Laut dem britischen Thinktank "Soufan Center" erinnern die Videos an die Propagandamethoden der Terrororganisation Islamischer Staats (IS).

Netzwerk und Verkauf

Das Netzwerk sollte dabei helfen die Rechtsextremisten quer über den Globus zu verbinden, aber auch als eine Rekrutierungsplattform dienen. Gleich mehrere Briten seien so für den Kampf rekrutiert worden. Diese stehen mittlerweile vor englischen Gerichten und streiten jegliche Schuld ab.

Dabei merkt Ahmed noch zusätzlich an: "Diese Untätigkeit von Facebook ist den Extremisten nicht entgangen, die jetzt wissen, dass sie ohne Probleme rekrutieren, organisieren und Gelder sammeln können." Gleichzeitig organisierten die Neonazis ihre interne Kommunikation sowie die Buchhaltung für den warenverkauf über den Messengerdienst Telegram.

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Die Kritik an Facebook wird nicht weniger.
Foto: AP

Nachdem Facebook vom Guardian kontaktiert wurde, begann das soziale-Netzwerk schließlich, das Neonazi-Material zu entfernen. Ein Unternehmenssprecher ließ die Zeitung wissen: "Wir haben den Inhalt entfernt, der gegen unsere Richtlinien zum Verbot gefährlicher Organisationen verstößt. Wir arbeiten regelmäßig an der Verbesserung unserer Technologie, um diese Inhalte schneller zu finden und zu entfernen, und obwohl noch mehr Arbeit zu erledigen ist, machen wir Fortschritte. Wir haben über 250 einschlägige Organisationen von Facebook und Instagram verbannt." (red, 25.11.2020)