Wer bekommt die Impfung zuerst: Einigkeit besteht, dass es medizinisches Personal und Risikogruppen sein sollen.

Foto: Imago

Die Not war noch nie so groß: Alle warten auf einen Impfstoff. Das sind 1,1 Milliarden Dosen für die EU, ausgehend davon, dass jeder Mensch zwei Impfungen brauchen wird. Zwei Prozent davon braucht Österreich: Also 17,7 Millionen Dosen, wenn die Gesamtbevölkerung immunisiert werden soll. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) geht davon aus, dass die ersten Corona-Impfstoffe im Laufe des Jänners verfügbar sein werden. Ein breites Scheitern der Entwicklung hält er für unwahrscheinlich. "Da müsste im Marktzulassungsprozess unglaublich viel schiefgehen", sagte der Minister am Montag bei einer Pressekonferenz.

Österreich hat sich Impfstoff gesichert. Allein wie werden diese Dosen verteilt? Und vor allem: An wen zuerst? Koordiniert wird das von Clemens Auer, dem Sonderbeauftragten im Gesundheitsministerium. Die ersten "mehreren 100.000" Impfdosen des Pfizer/Biontech-Impstoffs würden im Jänner erwartet, sagt Auer im Standard-Gespräch. Mit dem Präparat würden Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen sowie dort arbeitende Menschen geimpft, detto "alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Krankenhäusern".

Kontinuierlicher Plan

Im Februar und März 2021 werde man dann Menschen ab 65 oder 70 Jahren immunisieren – und ab dem zweiten Quartal mit dem Impfangebot "in die Breite gehen". Hier, so Auer, werde Wien wohl die Logistik der diesjährigen Grippeimpfaktion reaktivieren. In anderen Bundesländern werde man für die Verteilung "die Zusammenarbeit mit Bürgermeistern und größeren Betrieben" suchen.

Auf diese und andere konkrete Informationen wartet man derweil in den Bundesländern. In Salzburg verweist man auf die Fragen nach einer Impfstrategie auf die letzte Konferenz der Landeshauptleute mit dem Gesundheitsminister. Zu Beginn sollen Bewohnerinnen, Bewohner und Personal in den Seniorenwohnhäusern sowie Gesundheitspersonal geimpft werden. In der zweiten Phase sollen Bundesheer, Polizei, Pädagoginnen und Pädagogen sowie Menschen über 65 Jahren folgen, und erst in der dritten Phase soll die Impfung auf die Bevölkerung ausgerollt werden.

Logistisch herausfordernd

Genauere Infos habe man aber noch nicht, heißt es aus dem Salzburger Landesmedienzentrum. Also weder darüber, wie man die Impfung logistisch lösen könnte, noch darüber, wo man die Impfungen dann abwickeln wird. Aus Niederösterreich ist Ähnliches zu vernehmen: "Der Informationsstand seitens des Landes ist, dass diesbezüglich von der Bundesregierung ein entsprechendes Konzept ausgearbeitet wird." Aus Tirol heißt es zumindest, eine Abstimmung mit den Ländern sei "für die kommenden Wochen vorgesehen". Und auch in Wien wartet man auf Vorgaben. Der Influenza-Impfplan habe sich bewährt, heißt es aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Bei Corona stellt man sich auf einen höheren Ansturm ein.

"Wann welche Leute geimpft werden, hängt aber auch noch von den Details der Zulassung ab", sagt Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Österreichischen Verbands der Impfstoffhersteller, denn die Dossiers sind die Grundlage für die Impfstoffverteilung, nach denen die Länder dann vorgehen werden. Und genau diese Dossiers sind noch nicht fertig.

Eine der großen Hürden bei den mRNA-Impfstoffen ist die Lagerung bei minus 70 Grad Celsius, die die Logistik maßgeblich beeinflusst. Die Behörde hat von den Herstellern dafür neue Unterlagen zur Stabilität des Impfstoffs bei niedrigeren Temperaturen gefordert. "Es kommt darauf an, wie schnell die Unternehmen diese Daten bereitstellen können", sagt Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin der Medizinmarktaufsicht bei der Ages. Sie gibt damit Einblick in den Prozess, der gerade hinter den Kulissen läuft.

Zulassungsdossier entscheidet

Wenn der Hersteller diesen Beweis erbringen kann, dann verändert das den Verteilungsprozess, "gerade deshalb ist ein Zulassungszertifikat für die Behörden und ihre Entscheidungen essenziell wichtig", sagt Wirthumer-Hoche.

Die vielen positiven Informationen über die neuen Impfstoffe sind auch ein Resultat der laufenden Rolling Reviews, über jeden geprüften Teilabschnitt im Prüfungsverfahren sickern Details durch, "für die Behörden zählt das Gesamtbild". Wirthumer-Hoche hält die Auslieferung Anfang 2021 für realistisch. (Irene Brickner, Vanessa Gaigg, Karin Pollack, Gabriele Scherndl, 24.11.2020)