Bitcoin ist das bekannteste Kryptoasset, aber nicht das einzige. In den kommenden Jahren könnten viele dazukommen.

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Nach der Finanzkrise 2008 wurden die wichtigsten Finanzmärkte strengen Regulierungen unterworfen, die seitdem laufend novelliert werden. Dennoch wurde der in den letzten Jahren boomartig gewachsene Bereich der diversen Kryptoassets bisher weitgehend von der Regulierung ausgespart, was einerseits zu allgemeiner Rechtsunsicherheit führt, andererseits zur Folge hat, dass sich eine Reihe von innovativen Entwicklungen und Konzepten mangels eines entsprechenden Rechtsrahmens nicht etablieren konnten.

In Österreich hat es bisher kaum nennenswerte Initiativen gegeben, um den Bereich der Digital Assets auf nationalstaatlicher Ebene zu regulieren. Die in der "Digital Roadmap" gesetzten Ziele sind wohl nicht zuletzt aufgrund der Prioritäten zur Bekämpfung der Covid-19-Auswirkungen in den Hintergrund getreten.

Im ständigen Wettbewerb der Finanzplätze haben einige Länder zwischenzeitlich in Form eigener Gesetze reagiert und die Spielregeln für den Einsatz von Digital Assets festgelegt. So ist unter anderem in Liechtenstein mit Jahresbeginn das "Token- und VT-Dienstleister-Gesetz – TVTG" in Kraft getreten. Deutschland hat diese Chance ebenso genutzt und bereits mit der Umsetzung der fünften Geldwäscherichtlinie das "Kryptoverwahrgeschäft", also die Verwahrung, die Verwaltung und die Sicherung von Kryptowerten oder privaten kryptografischen Schlüsseln, mit Jahresbeginn eingeführt.

EU hat Bedeutung erkannt

Der EU-Verordnungsentwurf "on Markets in Crypto-Assets" (kurz "MiCA") bildet das Kernstück in Sachen Schaffung einer europaweiten Harmonisierung und Rechtssicherheit im Zusammenhang mit Digital Assets. Daneben war der Verordnungsentwurf offenbar auch eine politische Reaktion auf die Verkündung von Facebook, die digitale Kryptowährung Libra zu etablieren.

Die Verordnung erfasst Unternehmen, die Kryptowerte (Digital Assets) ausgeben oder Dienstleistungen in Bezug auf Kryptowerte erbringen. Dabei wird der Verordnungsentwurf aufgrund der schnell voranschreitenden technischen Weiterentwicklung und des Versuchs, eine weitestgehend technologieneutrale Formulierung zu finden, die sämtliche Aspekte der Digitalen Assets abdeckt, zur Sisyphusarbeit.

Was sind überhaupt Digital Assets?

Durch die MiCA soll eine verbindliche Vereinheitlichung und Grundlagen für die Qualifizierung von Digital Assets geschaffen werden, wodurch die momentan fehlende rechtliche Definition des Begriffs "Digital Asset" bzw "Kryptowert" einheitlich geklärt wird. Die EU hat bewusst eine weite und (technisch) neutrale Definition von Kryptowerten gewählt, die es ermöglicht, sämtliche Token Klassen zu erschließen. Ein Kryptowert wird definiert als "digitale Darstellung von Werten oder Rechten, die unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden können". Hierbei wird weiters zwischen wertreferenziertem Token, E-Geld-Token und Utility-Token differenziert, wobei die ersten beiden als "signifikante" Token bezeichnet werden können.

Ausdrücklich ausgenommen vom Regulierungsentwurf sind jedoch die sogenannten "Security Token", welche nach allgemein herrschender Ansicht der Finanzmarktaufsichtsbehörden Finanzinstrumente darstellen und von bereits bestehenden Regularien erfasst werden. Hierbei hat die EU-Kommission lediglich angeregt, die Definition des Begriffes "Finanzinstrument" – auf dessen Grundlage der Anwendungsbereich der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) festgelegt ist – auf Finanzinstrumente auf Grundlage der Distributed-Ledger-Technologie wie etwa Blockchain zu erweitern.

Unionsweite Zulassung

Die vorgeschlagene EU-Verordnung legt einige Anforderungen an die Ausgabe von vermögenswertbezogenen Token. So haben beispielsweise Emittenten eine Zulassung zum Handel bei der zuständigen nationalen Behörde zu beantragen. Daneben unterliegen Emittenten, wie bei der Emission von klassischen Finanzinstrumenten, auch einer Art Prospektpflicht. Sogenannte "Kryptowert-Whitepaper" sind zu erstellen und von der zuständigen nationalen Behörde zu genehmigen. Erfreulicherweise gilt die erteilte Zulassung, ähnlich der Notifikation eines Kapitalmarktprospekts, sodann für das gesamte Unionsgebiet.

Begleitet wird die MiCA von weiteren europäischen Rechtsaktbestrebungen, nämlich einem Verordnungsvorschlag über eine Pilotregelung für auf der Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen, einem Verordnungsvorschlag zur Betriebsstabilität digitaler Systeme und Präzisierungen bzw. Änderungen bestimmter einschlägiger EU-Vorschriften im Finanzdienstleistungsbereich. Die geplante Regelung für auf der Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen beinhaltet eine bemerkenswerte Entwicklung. Durch diesen Rechtsakt wurden die Anliegen des Marktes aufgenommen, indem die Entwicklung eines Sekundärmarktes für Finanzinstrumente in Form von Token ermöglicht wird. Vor allem dieser Punkt dürfte die tatsächliche Verwendung von elektronischen Wertträgern in Form von Token in der Europäischen Union bedeutend vorantreiben.

Gleiches Recht für alle

Der erste vorliegende Entwurf zu dieser einheitlichen Regelung ist zu begrüßen, schafft er doch endlich ein harmonisierendes "Level Playing Field" für alle EU-Mitgliedsstaaten und sind Unternehmen nicht mehr der uneinheitlichen Entscheidungsfindung der jeweiligen nationalen Behörden ausgesetzt.

Festzuhalten ist, dass die europäischen Finanzplätze letztlich im Wettbewerb mit anderen Staaten stehen. In diesem Zusammenhang ist auch die Rolle von Großbritannien nach dem Brexit spannend. Viele Beobachter erwarten eine Aufwertung des Finanzplatzes durch eine besonders marktfreundliche Regulierung.

Es ist wohl noch ein langer Weg, bis Digital Assets tatsächlich Einzug in die gängigen Assetklassen halten werden, der vorliegende Entwurf ist aber ein erster Schritt, der den Grundstein für einen geregelten Markt für Digital Assets legt. Letztlich trägt auch die Wahl der Verordnung als Rechtsinstrument dazu bei, dass ein "Gold-Plating" der Mitgliedsstaaten verhindert wird und der europäische Finanzmarkt in Hinblick auf Token vereinheitlicht wird. (Armin Redl, Martin Wolf, 25.11.2020)