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Die LP fristete lange ein Nischendasein, erlebt derzeit aber wieder einen Boom. Ein Start-up will die Produktionstechnik nun erneuern.

Foto: Getty Images / Plainview

Sie war nie wirklich weg: die Schallplatte. Zwar wurde sie ab Ende der 1980er-Jahre sukzessive von der seinerzeit neu eingeführten CD verdrängt, aber ein gewisser Kreis von Musikliebhabern hielt der schwarzen Scheibe weiterhin treu die Stange. Das war aber keine sture Fortschrittsfeindlichkeit – vor allem in Sachen Tonqualität stellte die Compact Disc für viele Vinylfreaks keine wirkliche Innovation dar.

So verschwand die LP zwar nicht ganz aus der Welt, dennoch fristete sie lange ein Nischendasein. Inzwischen hat sie aber ein Comeback erlebt und ist wieder ein populäres Format bei Musikkäufern: Laut der Recording Industry Association of America wurde im ersten Halbjahr 2020 in den USA sogar erstmals seit Jahrzehnten wieder mehr Geld mit Schallplatten als mit CDs verdient: 62 Prozent der Umsätze mit physischen Tonträgern – 232 Millionen Dollar – wurden mit Vinyl gemacht.

In Führung gegenüber der CD lag die LP dort das letzte Mal im Jahr 1986. Dieser Erfolg hat zwar vor allem mit dem Boom der Streaming-Dienste zu tun, aber er zeigt auch: Die Schallplatte ist noch nicht abgeschrieben.

Das spielt Rebeat in die Karten: Das Unternehmen aus Tulln beschäftigt sich seit einigen Jahren unter dem Projektnamen "HD Vinyl" mit der Verbesserung der Schallplattentechnologie und wird dabei von der Förderagentur FFG und dem Austria Wirtschaftsservice (AWS) unterstützt. "Wir wollen traditionelle Produktionstechnologien bei der Schallplattenherstellung grunderneuern und auf den heutigen Stand der Technik bringen", sagt der Technische Direktor Volker Schmidt.

Per Laser geritzt

Verbesserungsbedarf bestehe vor allem durch die gesteigerte Nachfrage: In den Presswerken habe sich seit Jahrzehnten technisch kaum etwas verändert, und die Marktführer haben die Herstellung von analogen Schneidemaschinen längst eingestellt. Daher können die Betriebe den erhöhten Bedarf nicht mehr zeitnah bedienen.

Künstler müssen häufig Monate warten, bis ihre Aufnahmen auf Vinyl erscheinen. Schmidt ist für dieses Projekt aus der Wissenschaft in die Wirtschaft gewechselt: Als Rebeat-Gründer Günter Loibl mit seiner Idee auf ihn zukam, war Schmidt noch bei der Grazer Joanneum Research auf dem Gebiet der Lasermikrostrukturierung tätig.

Bei der Rebeat-Technologie gibt ein Laser den Ton an – statt einem Schneidestichel.
Foto: Rebeat

Die Lasertechnologie steht schließlich im Mittelpunkt des Projekts. Normalerweise werden die tongebenden Rillen mit einem Schneidestichel in die Pressvorlage – eine Art Druckplatte für Vinyl – geritzt, bei HD Vinyl übernimmt das ein Laser: Dadurch sollen die Rillen noch deutlich präziser und enger angeordnet werden. Bei Rebeat erhofft man sich davon 30 Prozent mehr Information und 30 Prozent mehr Grundlautstärke.

Bewährte Technik verbessern

Braucht es die Pressmatrize – den sogenannten "Stamper" – aber überhaupt noch, wenn der Laser doch gleich selbst auf das Material schreiben könnte? Davon rät Schmidt aus zwei Gründen ab: "Zum einen ist es nicht ratsam, PVC mit dem Laser zu bearbeiten, da dabei Salzsäure und Gase entstehen. Das ist entsprechend toxisch und korrosiv. Ohne strikte Maßnahmen der Entsorgung ist das also nicht so einfach möglich. Zum anderen müssten wir dann ähnlich wie beim 3D-Druck jede Platte einzeln fertigen. Das ist im Moment noch sehr zeitaufwendig."

Deshalb macht man sich lieber daran, mit der Lasertechnologie die bewährte Technik zu verbessern und ein entsprechendes Fertigungsinstrument zu bauen. Kurzpulslasersysteme eignen sich Schmidt zufolge dafür besonders, weil sie jedes Material mit hoher Präzision und ohne wesentliche Materialverluste bearbeiten können.

"Imperfektionen, die durch mechanisches Schneiden entstehen, kompensieren wir hier. Mit dem Laser lassen sich Teilchen entfernen, ohne dass es zu Schmelzvorgängen im Material kommt. Es wird daher weder thermisch noch mechanisch geprellt."

Bei HD Vinyl verwendet man ein keramisches Material, das sehr hart ist und das sich laut Schmidt sehr gut eigne, um Pressungen zu machen, auch weil es Temperatur- wie Druckzyklen gut aushält.

Optimale Vorlage

Damit jedoch auch die Musiker ihren Beitrag zu einer optimalen Gestaltung der Pressvorlage leisten können, haben Schmidt und sein Team eine Software entwickelt, die im Studio zum Einsatz kommt. Damit wird ausgehend von der Tonaufnahme eine 3D-Topografie für den Stamper erstellt, die dann Aufschlüsse über das Zusammenspiel von Frequenzen und Material gibt.

So kann man dort auch vorab sehen, welche Stellen eventuell Probleme machen: Etwa kann die Nadel aus der Rille springen, wenn sich irgendwo zu viel Energie entwickelt.

Die Rillen ausgehend von so einer Vorlage möglichst genau mit dem Laser auf der Vorlage anzuordnen sei aber auch eine große Herausforderung, berichtet Schmidt: "Generell ist das ein Fertigungsverfahren, mit dem man mikrometerpräzise Strukturen erzeugen kann, aber in der Regel nur auf sehr kleinen Flächen. Eine LP mit 30 Zentimeter Durchmesser ist für eine solche Strukturierungsmaßnahme relativ groß. Um diese beiden Welten zu verheiraten, muss man schon einiges an Schweiß und Hirnschmalz investieren."

Das scheint gelungen zu sein: Schmidt ist zuversichtlich, dass man zu Jahresende bereits einen pressfähigen Prototyp einsetzen könne. 2021 gibt es also dann vielleicht schon Weihnachtsalben auf HD Vinyl. (Johannes Lau, 1.12.2020)