Nach der Berichterstattung von oe24.tv, oe24.at sowie von krone.at zum Terroranschlag hagelte es Beschwerden beim Presserat. Bei einigen Unternehmen mündete die Kritik in einen Werbeboykott.

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Die Berichterstattung zum Terroranschlag in Wien hat für oe24.tv, oe24.at sowie krone.at nach über 1.500 Beschwerden beim Presserat nicht nur ein medienethisches Nachspiel, sondern auch wirtschaftliche Auswirkungen – auch wenn sich diese nicht konkret beziffern lassen. Große Handelskonzerne wie Rewe, Spar und Hofer oder Unternehmen wie die ÖBB oder Bawag kündigten nach dem Attentat mit vier Toten an, sie würden ihre Werbebuchungen bei den kritisierten Medien aussetzen – DER STANDARD berichtete darüber.

Der Grund waren Videos vom Attentat am 2. November in der Wiener Innenstadt, auf denen etwa tödliche Schüsse zu sehen waren. Sowohl oe24.tv und oe24.at als auch krone.at veröffentlichen die Videos auf ihren Portalen und sorgten mit der Berichterstattung für empörte Reaktionen. Gut drei Wochen danach ist der Werbeboykott mancher Unternehmen aber bereits wieder beendet, wie bereits das Ö1-"Mittagsjournal" am Freitag berichtete und ein Rundruf des STANDARD zeigt.

Rewe-Gruppe: Eine Woche

Die Rewe-Gruppe, die mit Billa, Bipa, Merkur und Penny zu Österreichs größten Werbern gehört, hat schon nach einer Woche wieder bei den kritisierten Medien geworben. Man habe ein Zeichen gesetzt, ein längerer Werbeboykott sei aber eine schwierige Gratwanderung für einen Konzern wie Rewe. Die Begründung: Man wolle die Marktmacht nicht missbrauchen, Medien für ihre Berichterstattung zu belohnen oder zu bestrafen. Das sei ein gefährliches Terrain. Man habe mit dem einwöchigen Werbestopp aber immerhin ein Zeichen gesetzt, sagte eine Pressesprecherin im Ö1-"Mittagsjournal".

Spar: Zwei Wochen

Von einem "unbefristeten Werbestopp" auf den Onlinekanälen oe24.at und krone.at war bei der Spar-Gruppe am Tag nach dem Terrorattentat die Rede. Gedauert hat er letztendlich zwei Wochen, wie Spar auf Anfrage des STANDARD erklärt: "Wir haben aufgrund der Videos, die auf oe24.at und krone.at gezeigt wurden, sofort die Inseratenschaltungen auf diesen Kanälen gestoppt. Das war uns wichtig, um ein Zeichen zu setzen." Die Verantwortlichen bei den Medien seien über den Unmut informiert worden, man sei auf Verständnis gestoßen, aber: "Wir müssen jedoch als Grundversorger die heimische Bevölkerung über günstige Lebensmittelangebote informieren. Dazu benötigen wir reichweitenstarke Medien."

ÖBB: Drei Wochen

Ähnlich argumentieren das auch die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), die ihre Schaltungen sowohl auf den digitalen Plattformen als auch in den Printprodukten der Mediengruppe Österreich und der "Krone" gestoppt hatten. Nach gut drei Wochen erklären die ÖBB ihren Werbestopp auf STANDARD-Anfrage für beendet, denn: "Fakt ist auch, dass wir als Unternehmen mit einer sehr breiten Kundenbasis den Informationsfluss zu unseren Fahrgästen gewährleisten wollen und müssen. Das haben wir intensiv geprüft und nehmen auch wieder einzelne Schaltungen zu Informationszwecken in den von Ihnen angesprochenen Medien vor."

Hofer bleibt dabei

Im Gegensatz zu Spar und Billa hält Hofer den Werbeboykott noch aufrecht – zumindest online: "Hofer distanziert sich klar und deutlich von dieser Art der Berichterstattung und wird weiterhin auf unbestimmte Zeit die Werbemaßnahmen dieser Onlineformate einstellen", heißt es.

Bawag auch

Zu den Unternehmen, die sich im Nachhall des Terroranschlags öffentlich zum Werbestopp bei oe24.tv/oe24.at und krone.at bekannt hatten, gehörte auch die Bawag Group. Sie kritisierte die Berichterstattung unmittelbar nach dem Anschlag mit den Worten: "Wir halten das Verbreiten von derartigen Videos für pietät- und geschmacklos." Die Bank bleibt ihrer Linie treu: "Der Status ist unverändert: Wir stehen weiterhin zu unserem Commitment, in ausgewählten Medien, die derartige Videos im Zuge der Berichterstattung verbreitet haben, nicht zu schalten."

Spusu: Werbestopp noch aufrecht

Neben der Bawag Group bleibt auch der Mobilfunker Spusu bei seiner Ankündigung von Anfang November: "Wir können bestätigen, dass der Werbestopp weiterhin aufrecht ist." Das betreffe sowohl oe24.tv/oe24.at als auch krone.at.

Presserat und Komm Austria prüfen

Wie berichtet, gab es im Zuge der Berichterstattung zum Terroranschlag einen neuen Rekord an Beschwerden beim Österreichischen Presserat. Der Großteil der rund 1.500 Mitteilungen an das Selbstkontrollorgan der österreichischen Presse bezieht sich demnach auf die Veröffentlichung von Video- und Bildmaterial, auf dem zu sehen ist, wie ein Opfer erschossen beziehungsweise ein Polizist niedergeschossen wird. Sie betreffen die Medienhäuser von "Oe24" und "Kronen Zeitung". Erstgenanntes Medium ist Mitglied des Presserates, die "Kronen Zeitung" und ihr Onlinependant krone.at sind es nicht. Die Medienbehörde Komm Austria wiederum prüft, ob gegen gesetzliche Gebote beziehungsweise Verbote verstoßen wurde, die sich an audiovisuelle Mediendienste richten. (Oliver Mark, 25.11.2020)