International möchte man etwa lieber mit der Wallfahrtskirche Maria Trost punkten, zuletzt sorgten aber die auffallend hohen Infektionszahlen für Schlagzeilen.

Rubra

Linz – Wer einen Abstecher ins Obere Mühlviertel plant und da konkret die Bezirksstadt Rohrbach-Berg auf dem Radar hat, muss durch den "Saurüssel". Doch nicht den Rüffel eines Borstenviehs gilt es zu passieren, vielmehr trägt der Berg diesen Namen.

Einmal im Dreiländereck angekommen, denkt man als nebelgeplagter Städter angesichts der strahlenden Sonnenlage durchaus: "Schwein gehabt." Doch in jüngster Zeit hat das Wohlfühl-Image deutliche Kratzer bekommen. Noch bis vor wenigen Tagen wies der Bezirk Rohrbach die weltweit höchste Covid-19-Infektionslage auf. Was unweigerlich die Frage nach dem Warum aufwirft. Beißen Österreichs Gesundheitsbehörden hier auf Mühlviertler Granit? Etwa gar ein Kistensau-Cluster, nachdem in geselliger Runde geheim Feines vom Ferkel gegart wurde? Alles undenkbar für Bezirkshauptfrau Wilbirg Mitterlehner. Undiszipliniertheit im Bezirk schließt die umtriebige Chefin des örtlichen Krisenstabs im STANDARD-Gespräch jedenfalls aus: "Wir Mühlviertler sind sehr loyale, folgsamen Leute."

Nichts im Grenzbereich

Die Frage nach dem Warum kann aber auch Mitterlehner nicht beantworten: "Wir wissen es schlichtweg nicht. Es hat keinen großen Cluster in letzter Zeit gegeben. Auch eine grenzübergreifende Ansteckung zu Tschechien oder Bayern kann ich ausschließen." Sie sei aber froh, dass der Bezirk mittlerweile nicht mehr den weltweiten Spitzenplatz innehat: "Das ist ja kein Ruhmesblatt."

In dem Bezirk lag die Sieben-Tage-Inzidenz vergangenes Wochenende bei 1.474,9. Zum Vergleich: Der Österreich-Schnitt lag auf hohem Niveau bei 527,9. Diesen Dienstag lag der Bezirkswert laut Ages bei 924,9. Viele Fälle gab es zuletzt im örtlichen Gymnasium.

In der Kleinstadt Rohrbach-Berg herrscht an diesem Vormittag ein durchaus reges Treiben. Auffallend ist, dass man auch auf der Straße Maske trägt. Angst hat der Rohrbacher Arthur Blankenauer dennoch nicht: "Die hohen Zahlen kann ich mir auch nicht erklären. Alle sind eigentlich sehr diszipliniert."

Reges Vereinsleben

Eine junge Mutter ist zwar augenscheinlich im Stress, für eine politische Botschaft reicht die Zeit trotzdem: "Wenn ich mir die Zahlen anschaue, muss man eigentlich die Regierung fragen, ob die Maßnahmen alle richtig und vernünftig waren."

Bürgermeister Andreas Lindorfer (VP) sieht sich überhaupt mit einer völlig neuen Situation konfrontiert: "Die erste Welle ist eigentlich spurlos an uns vorübergegangen. Jetzt sieht die Lage natürlich entschieden anders aus. Aber zum Glück sind die Zahlen wieder deutlich zurückgegangen."

Zumindest äußert das Stadtoberhaupt einen leisen Verdacht: "Wir wissen es nicht genau, aber: Die Vermutung liegt nahe, dass der Anstieg auch mit dem regen Vereinsleben in der Region zu tun hat."

Mit einem Besuch im Café Leibetseder direkt am Rohrbacher Hauptplatz lässt sich unmittelbar die Funktionsfähigkeit von Geruchs- und Geschmackssinn testen. Mehlspeisen, warmer Leberkäse, überbackene Speckknödel und Grillhenderln teilen sich die Vitrine. Frau Mariana verwaltet und verteilt die lukullischen Köstlichkeiten. Und liefert mit dem Leberkässemmerl auch eine erste konkrete Erklärung, warum die Infektionszahlen im Bezirk so hoch sind: "Ich glaube, es liegt an den vielen Pendlern. Die fahren gemeinsam im Bus – und verteilen sich dann schön im ganzen Bezirk." (Markus Rohrhofer, 26.11.2020)