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Die Covid-Pandemie stürzte beinahe alle Volkswirtschaften in eine mehr oder weniger tiefe Rezession.
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Kein Demoskop, kein Experte hätte vor zwölf Monaten den Jahresverlauf 2020 so prognostiziert. Obwohl das Coronavirus damals zwar bereits existierte, wurde es lange als hauptsächlich asiatisches Problem – ähnlich der Lungenkrankheit Sars der Jahre 2002 und 2003 – abgetan.

Welch kolossaler Irrtum, wie die Welt im Frühjahr lernen musste! Die Covid-Pandemie stürzte beinahe alle Volkswirtschaften in eine mehr oder weniger tiefe Rezession. Einzig China dürfte auch heuer Wachstum erzielen.

Obwohl sich Regierungen und Notenbanken mit aller Kraft gegen die Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen stemmten, sind die Probleme zu Jahresende noch keineswegs ausgestanden – obwohl sich nun dank der gemeldeten Fortschritte bei der Erforschung eines wirksamen Impfstoffs gegen Covid-19 ein Licht am Ende des Tunnels abzeichnete.

Allerdings muss sich erst weisen, ob die Kandidaten auf den letzten Metern noch straucheln oder im Lauf des Jahres 2021 einen Ausweg aus der Pandemie bieten – und davon wird auch für Investoren viel abhängen.

Regierungen

Sehr wahrscheinlich werden die meisten Regierungen auch noch im nächsten Jahr nicht bei Unterstützungen und Corona-Hilfen knausern und im Gegenzug hohe Defizite im Staatshaushalt in Kauf nehmen – und zwar nach folgendem Muster: Je mehr wirtschaftlich belastende Maßnahmen Regierungen zur Eindämmung der Pandemie setzen, desto großzügiger werden die Staatsausgaben ausfallen.

Sollten im Jahresverlauf ein oder mehrere Impfstoffe zur Verfügung stehen, werden Instrumente wie Kurzarbeit, Hilfszahlungen und Stundungen auslaufen – also eine schrittweise Rückkehr zur Normalität angestrebt. Was grundsätzlich die Konjunktur beflügeln würde, hat allerdings einen Haken: Die nach hinten weitergereichten Altlasten der Pandemie, eine noch höhere Arbeitslosigkeit und eine Pleitewelle unter Unternehmen und Privaten müssten dann auch sukzessive aufgearbeitet werden.

Notenbanken

Wie die meisten Regierungen reagierten auch die Notenbanken umgehend auf den drohenden Fall ins Bodenlose und fluteten die Märkte mit Geld – auch die US-Notenbank Fed ist umgehend zur Nullzinspolitik zurückgekehrt und leitete neuerlich Wertpapierkäufe ein. Wobei die Währungshüter diesmal die derzeitige extrem expansive Geldpolitik wohl auf längere Zeit, also Jahre, einzementiert haben dürften.

Anders ist etwa die Ankündigung der Fed nicht zu verstehen, dass sie ein Überschießen der Inflation über die Zielmarke von zwei Prozent ohne gegenzusteuern zulassen würde. Sprich: Auch bei höheren Teuerungsraten – wonach es derzeit keineswegs aussieht – würden die Notenbanken vorerst weder an der Zinsschraube drehen, noch die Kaufprogramme von Staatsanleihen einstellen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt – etwa einen Zusammenhang mit den emporgeschnellten Verschuldungsquoten der Staaten herstellt.

Konjunktur

Ein großes Fragezeichen bleibt die Konjunktur wegen des alles überschattenden Verlaufs der Corona-Pandemie. Wie lange noch werden Maßnahmen gegen eine Ausbreitung des Virus – etwa regelmäßige regionale oder landesweite Lockdowns – wie Nadelstiche die Erholung noch bremsen? Wie lange wird es dauern, bis ein ausreichender Anteil der Bevölkerung geimpft werden kann, um Herdenimmunität zu erzeugen? Und was wird passieren, wenn sich große Teile der Gesellschaft nicht impfen lassen wollen? Offene Fragen, welche die konjunkturellen Unsicherheiten dokumentieren. Aber eines hat das Jahr 2020 gezeigt: Länder, in denen die Digitalisierung weiter fortgeschritten ist, sind wirtschaftlich im Vorteil – und werden es wahrscheinlich auch künftig bleiben.

Fazit

Die Unsicherheiten sind für 2021 enorm, großen Chancen stehen ebenso große Risiken gegenüber. Es gilt daher mehr denn je: Anlagen sollen breit gestreut werden, damit man nicht ausschließlich auf das falsche Pferd setzt. (Alexander Hahn, Magazin "Portfolio", 3.12.2020)


Aktien
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Klassenkampf an den Aktienmärkten

Im Pandemiejahr 2020 wurden Internet und Co gefeiert, andere Branchen fallengelassen. Wird dieser Trend anhalten?

Aktien sind alternativlos. Jahrelang verwiesen fast alle Investmentgurus auf die Vorteile dieser Anlageklasse – bis im März die Corona-Krise für einen Kurssturz sorgte. Aber es sollte der kürzeste Bärenmarkt, also ein Kursrückgang um mehr als 20 Prozent, aller Zeiten werden, wie Experten angesichts der rasanten Erholung feststellten.

Dabei zeigte sich allerdings an der Börse eine Zweiklassengesellschaft, ausgelöst durch den Digitalisierungsschub während der Lockdowns. Jene Aktienmärkte, die wie die US-Börsen mit vielen Internet- und Technologiefirmen gesegnet sind, waren klar im Vorteil und konnten sogar rasch neue Rekordhochs erklimmen. Börsen mit hohem Anteil an sogenannter Old Economy, also fast alles abseits von Technologiefirmen, wie die Wiener Börse fanden schwerer Tritt.

Welche Lehren lassen sich daraus mit Blick auf das Jahr 2021 ziehen? Auf kurze Sicht wird vieles davon abhängen, ob und wie schnell Impfstoffe für die breite Bevölkerung zur Verfügung stehen. Sollte dies rasch zu einer Normalisierung führen, hätten die heuer am stärksten geprügelten Branchen wie Reisen und Tourismus am meisten Luft nach oben – wenngleich auch dann fraglich bliebe, ob sie wieder ihre Vorkrisenniveaus erreichen könnten. Kurzum: Mit Impfstoff hätten Märkte mit viel Old Economy wohl einen gewissen Vorteil.

Megatrend Digitalisierung

Davon abgesehen dürfte sich auf längere Sicht – egal, wie lange sich die Corona-Krise hinzieht – wegen des Megatrends Digitalisierung die New Economy weiter durchsetzen. Obwohl deren Papiere im Gegensatz zu Krisenbranchen als teuer gelten, bleiben Aktien als potenzielle Ertragsbringer in einem Gesamtdepot generell alternativlos. Besonders das zweite Halbjahr könnte neuen Schwung bringen, wenn die Märkte auf das Jahr 2022 zu blicken beginnen.


Währungen
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Bitcoin erzielt neue Rekorde

Der Euro zeigte sich im Krisenjahr wetterfest. Kryptowährungen feierten ein beachtliches Kurs-Comeback.

Bei Bitcoin gehen die Meinungen nach wie vor weit auseinander. Sind Kryptowährungen die Zukunft des Finanzsystems oder doch nur eine wertlose Spinnerei? Wie man auch darüber denken mag, eines ist nicht von der Hand zu weisen: Kryptowährungen waren die Highflyer schlechthin im Verlauf des Corona-Jahres 2020.

Bitcoin notierte zu Jahresende die zeitweise über der Marke von 24.000 Dollar und übertraf damit den alten Kursrekord aus dem Jahr 2017 deutlich . Die wohl wichtigste Ursache ist, dass zumindest die bekanntesten Kryptowährungen sukzessive auch in der Finanzwelt Fuß fassen, da sie auch institutionelle Investoren immer mehr zu schätzen wissen.

Sie korrelieren kaum mit anderen Finanzanlagen und sind daher zur Risikostreuung in einem Gesamtportfolio gut geeignet. Einen Kursschub gab auch die Ankündigung des US-Zahlungsdienstleisters Paypal, sich auch für Bitcoin und Co öffnen zu wollen.

Befürworter halten Kryptowährungen zugute, dass sich etwa Bitcoin im Gegensatz zu herkömmlichen Währungen nicht beliebig vermehren lasse – ein Argument, das durch die ultraexpansive Geldpolitik der Notenbanken zur Abfederung der Corona-Auswirkungen sogar noch weiter an Gewicht gewinnen könnte. Weiter ungelöst bleibt der immens hohe Energieverbrauch, was hinsichtlich Nachhaltigkeit doch Zweifel an Bitcoin aufkommen lässt.

Kaum Zinsdifferenz

Unter den herkömmlichen Währungen legte der Euro gegenüber anderen Leitwährungen wie US-Dollar, Schweizer Franken oder Britisches Pfund heuer zu. Am deutlichsten war der Wertzuwachs gegenüber dem Dollar, nachdem dessen Zinsvorteil im Zuge der Corona-Maßnahmen der Notenbank Fed stark zusammengeschmolzen ist – und wohl auch nicht mehr so bald wiederkehren wird.


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Anleihen
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Sicherheit hat einen stolzen Preis

Staaten verschulden sich hemmungslos, dennoch gelten ihre Anleihen immer noch als eines: sicher.

Solide Staatsanleihen konnten heuer eine ihrer Stärken ausspielen: Als sich die Anzeichen einer Wirtschaftskrise plötzlich verdichteten, liefen die Investoren reflexartig sogenannte sichere Häfen an – Staatspapiere sind eben einer der größten davon. Sprich: Sie brachten dann Stabilität, als die meisten anderen Anlagen Schiffbruch zu erleiden drohten.

Auch im Verlauf der Erholung verließen die Anleger den Hafen nur zögerlich, obwohl sich die Emittenten im Zuge der Pandemiebekämpfung in gewaltigem Ausmaß neue Schulden aufhalsten. Noch dazu haben Notenbanken wie die Fed angekündigt, es künftig mit der Inflation – Fressfeind aller Schuldverschreibungen – nicht so genau nehmen zu wollen. Allerdings ist ein breiter Anstieg der Konsumentenpreise auch nicht in Sicht.

Andererseits weiteten die Währungshüter ihre Anleihenkäufe zur Krisenbekämpfung stark aus, sorgen also für eine hohe Grundnachfrage nach sicheren Staatspapieren. Zudem sind in Europa auch viele institutionelle Investoren regulatorisch gezwungen, zu investieren. Aber diese Anleihen haben ein Problem: Sie weisen zumeist negative oder extrem tiefe Renditen auf. Sie bis zur Tilgung zu halten kostet Ertrag – gewissermaßen als Versicherungspolizze gegen schlechte Zeiten.

Sicherheit kostet

Wer mit Schuldverschreibungen Ertrag generieren will, muss auch in diesem Bereich ins Risiko gehen. Selbst US-Staatspapiere spielen in bis zu zehn Jahren Laufzeit nicht einmal ein Prozent jährlich an Rendite ein, bergen aber ein Währungsrisiko. Und wer auf höhere Kupons aus ist, muss ohnedies auf wesentlich riskantere Unternehmensanleihen oder Papiere aus Schwellenländern setzen. Generell glänzt der Anleihenmarkt derzeit nicht wegen seines Ertragspotenzials, sondern wegen der mit Staatspapieren verbundenen Sicherheit.


Rohstoffe
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Erdöl schmiert ab, Gold erzielt Rekorde

Die unterschiedliche Entwicklung beider Rohstoffe spiegelt auch die Megatrends Digitalisierung und Energiewende wider.

Bei Rohstoffen erhalten zwei Vertreter stets besonders viel Aufmerksamkeit – der eine, Rohöl, weil ihn jeder braucht, und der andere, Gold, weil ihn jeder will. Während der Corona-Krise verlief ihre Wertentwicklung fast spiegelverkehrt. Während Gold im August neue Rekordhöhen über der Marke von 2000 US-Dollar erklimmen konnte und seither knapp darunter notiert, rasselte der Ölpreis für ein Fass der Nordseesorte Brent angesichts wegbrechender Nachfrage in der Corona-Krise zeitweise unter 20 Dollar und erholte sich seither nur schleppend.

Zudem dämpft das hohe Angebot auf Preisentwicklung, das um weitere Produzenten wie Russland erweiterte Ölkartell Opec kann sich nur schwer auf Selbstbeschränkungen der Produktion einigen, von denen die USA als weiterer großer Ölerzeuger ohne Produktionsgrenzen am stärksten profitieren. Nachfrageseitig knabbert auch die Energiewende sukzessive an den benötigten Mengen – die Aussichten wirken also verhalten.

Anders beim Goldpreis, auch wenn die dem Edelmetall zugesprochene Funktion als Inflationsschutz kurzfristig angesichts der tiefen Teuerungsraten wohl kaum schlagend wird. Dennoch erfreute sich die Krisenwährung Gold reger Nachfrage, obwohl ihm der "kleine Bruder" Silber mit stärkeren Kursgewinnen die Show stahl.

Trends wandeln Markt

Auch wenn Gold als Industriemetall sonst wenig bedeutend ist, so wird es neben Silber und Palladium in Geräten wie Smartphones verbaut – zwar in geringen Mengen, die sich angesichts der Masse an Geräten und deren kurzer Lebensdauer doch summieren. Denn neben der Energiewende mischt mit der Digitalisierung nämlich ein weiterer Megatrend die Rohstoffmärkte auf. Metalle wie Lithium, Kobalt oder seltene Erden sollten also gefragt bleiben. (Alexander Hahn, "Magazin Portfolio", 3.12.2020)