Keine Angst, sie hält!
Foto: EPFL / Alain Herzog

Ein sich verbiegendes Plastiklineal ist im ersten Moment vielleicht keine Assoziation, die man zu einer Brücke, über die man gerade geht, haben möchte. Aber ungefähr so kann man sich den Prototyp einer Fußgängerbrücke vorstellen, den Forscher der ETH Lausanne (EPFL) entwickelt haben. Und er soll nach Möglichkeit nur der Vorreiter einer neuen Generation adaptiver Strukturen auf dem Bausektor sein.

Der Hintergrund: Ebendieser Sektor verbraucht Unmengen an Energie, die in Form klimaschädlicher Emissionen zu Buche schlagen. Das beginnt schon bei Materialverbrauch und Bau, da Strukturen wie Brücken jeweils so angelegt sind, dass sie auch einem – so gut wie nie auftretenden – Worst-Case-Szenario standhalten. Und es setzt sich bei der Wartung fort.

Abhilfe könnten adaptive Strukturen verschaffen, also solche, die sich an unterschiedliche Lasten anpassen können, ob sie nun durch starke Winde, Erdbeben oder Menschenmassen hervorgerufen werden. Das Team um den EPFL-Forscher Gennaro Senatore entwickelte daher ein Steuerungssystem, durch das sich der Energiebedarf von Strukturen während ihrer gesamten Lebensdauer reduzieren lässt. Zu seinem ersten Einsatz kam es in einem Prototyp in Form einer Fußgängerbrücke.

EPFL

Jedes Strukturelement der Brücke beinhaltet einen Dehnungssensor, ein optisches Tracking-System sowie einen Aktor, der elektrische Signale in mechanische Bewegungen umsetzt. "Die Steuereinheiten verarbeiten die von den Sensoren erhaltenen Informationen und befehlen den Aktoren, sich auszudehnen und zusammenzuziehen, wodurch die Struktur in eine optimale Form gebracht wird, die sich mit der äußeren Belastung ändert", erklärt der Doktorand Arka Prabhata Reksowardojo das System.

"Diese Kombination aus niedrigem Energiebedarf und superschlanker Bauweise ist im Hochbau einzigartig", sagt Senatore. Und Brücken seien nur ein potenzielles Anwendungsgebiet. Besonders nützlich könnte sich die Technologie im Städtebau für schlanke Hochhäuser erweisen, so die Forscher. (APA, red, 30. 11. 2020)