"Stopp Corona" kann nur wirken, wenn sie von ausreichend vielen Usern verwendet wird. Das Problem ist aber kein rein österreichisches, sondern lässt sich europaweit beobachten.

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Contact-Tracing ist ein Problem: Die Rückverfolgung von Clustern auf behördlicher Ebene gerät, wie die vergangenen Monate gezeigt haben, schnell an ihre Grenzen. Durch die Gastroregistrierung hatte man sich eine Erleichterung erhofft, da Wirte den Namen, die Telefonnummer und die E-Mail-Adresse ihrer Gäste aufzeichnen mussten. Im Fall einer Infektion konnten dann alle Besucher eines Lokals gewarnt werden. Das verstößt allerdings zumindest in der Form, wie sie in Wien im Einsatz war, gegen den Datenschutz, urteilte die Datenschutzbehörde.

Zwar wäre die Verarbeitung möglich, wenn ein Gast freiwillig zustimmt, das sei aber nicht der Fall, da er bei Nichtbefolgung aus dem Lokal verwiesen werden kann. Was nicht heißt, dass die Registrierung nicht zuvor auch schon umstritten war: So hatten Gäste sich um ihre Daten Sorgen gemacht, auch wurden die Informationen, etwa in Deutschland, zweckentfremdet und zur Strafverfolgung genutzt.

Dezentrale Besucherregistrierung

Nun stehen Corona-Apps erneut als Mittel im Raum, um eine datenschutzfreundliche Form der Nachverfolgung zu ermöglichen: Konkret haben Mitglieder des DP-3T-Konsortiums, das eine datenschutzfreundliche Lösung für Corona-Apps europaweit verfolgt, mit "Crowdnotifier" ein System entwickelt, das Cluster datensparsam erfassen soll. Möglich ist das, indem Veranstalter über die App einen QR-Code generieren.

Den können Besucher dann scannen, wodurch der Zeitpunkt und der Besuchsort – ähnlich wie es schon bei einem "digitalen Händeschütteln" der Fall ist – dezentral und verschlüsselt auf dem eigenen Gerät gespeichert werden. Kommt es dann zu einer Infektion, können die Veranstalter sämtliche Besucher warnen, wobei die Distanz zwischen den Nutzern keine Rolle spielt.

In Deutschland wird die Verwendung des Systems diskutiert, wobei die Regierung aktuell überlegt, die hierfür genutzte Software auszulagern. Eine Nutzung in Österreich über die "Stopp Corona"-App ist derzeit auch nicht geplant, wie Thomas Marecek, Pressesprecher des Roten Kreuzes, zum STANDARD sagt.

Hinter den Erwartungen

Die hat bisher nicht die erwünschten Erfolge erzielt: Bisher wurde "Stopp Corona" rund 1,25 Millionen Mal heruntergeladen – viel zu wenig, um das Infektionsgeschehen lückenlos zu verfolgen. Wobei ein Aufwärtstrend zu verzeichnen sei, sagt Marecek. Doch dabei handelt es sich lediglich um die Zahl der Installationen, nicht aber um die tatsächlichen, aktiven Userzahlen.

Auch die Warnquote ist entsprechend niedrig – diese liegt bei rund 3.700 "roten Warnungen", also der Meldung bestätigter Infektionsfälle, und 3.900 "gelben", also der Meldung von Verdachtsfällen. Damit ist die Zahl der Meldungen im Vergleich zu vor einigen Wochen auffällig gestiegen, was "durchaus das Infektionsgeschehen widerspiegelt", sagt Marecek.

Updates geplant

"Stopp Corona" kann nur wirken, wenn sie von ausreichend Usern verwendet wird, was bisher nicht eingetreten ist. Das Problem ist aber kein rein österreichisches, es lässt sich europaweit beobachten. In Deutschland versucht die dortige Regierung nun, Nutzer mit neuen Funktionen zu locken: So werden positiv getestete User nun daran erinnert, ihren Befund zu teilen. Außerdem aktualisiert die App sich nicht mehr bloß einmal am Tag, um über eine Meldung zu informieren, sondern sechsmal. Zusätzlich können User in mehreren Sprachen Informationen zu der aktuellen Corona-Lage in Deutschland einsehen. Auch in Österreich ist ein Update geplant: Mit 14. Dezember soll die App kompatibel mit Programmen anderer EU-Mitglieder, die mitmachen, sein. "Außerdem arbeiten die Entwickler gerade an einer Verbesserung der Barrierefreiheit", sagt Marecek.

Vertrauen muss steigen

Forschern der ETH Zürich im Fachbereich Gesundheitswissenschaften und Technologie zufolge könne das Vertrauen in solche Apps aber nur steigen, wenn ihre Wirkung in den Augen der Nutzer belegt ist. Das könnte auch daran liegen, dass die Pläne für die Einführung der Apps vielfach ohne Einbindung der Öffentlichkeit umgesetzt worden sind, was zu einem Vertrauensverlust geführt hat. In Zukunft empfehlen sie Kontrollgremien für die Regelung der Apps auf nationaler Ebene, in denen auch die Zivilgesellschaft vertreten ist. (Muzayen Al-Youssef, 28.11.2020)