OeNB-Gouverneur Robert Holzmann erwartet einen Anstieg der Insolvenzen, wenn die Hilfsmaßnahmen auslaufen. Die anstehende Pleitewelle sei aber bewältigbar.

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Wien – Wegen der Coronakrise dürfte die Zahl der Insolvenzen laut Prognosen der Nationalbank in den kommenden Jahren ansteigen. Für das heimische Banksystem dürfte dieser Anstieg aber "bewältigbar" bleiben. Sparen sollen die Banken dennoch schon jetzt, um widerstandfähig zu bleiben und einer potenziell sinkenden Kreditqualität etwas entgegensetzen zu können.

Im heurigen Jahr haben die staatlichen Corona-Hilfsmaßnahmen die Zahl der Insolvenzen noch deutlich nach unten gedrückt. Auch das Bankensystem habe hierzu indirekt beigetragen. "Das Bankensystem hat den Unternehmen sehr viel Liquidität zur Verfügung gestellt," so OeNB-Gouverneur Robert Holzmann. Diese Liquidität sei von den Unternehmen vor allem zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs, weniger aber für neue Investitionen verwendet worden.

Fiskalische Maßnahmen

Ohne jegliche fiskalische Maßnahmen wären 5,5 Prozent der Unternehmen insolvent geworden, rechnet die Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Doris Ritzberger-Grünwald, vor. Mit den Maßnahmen sinke diese Quote jedoch um zwei Drittel. "Überschuldung ist im Moment kein Insolvenzgrund", so Ritzberger-Grünwald.

Die effektivsten Hilfsmaßnahmen seien dabei die Kreditgarantien sowie der Fixkostenzuschuss und die Kurzarbeit. Dagegen könnten Stundungen von Sozialversicherungsbeiträgen nur zwischenzeitlich für einen Rückgang der Insolvenzen sorgen. Diese Stundungen werden im kommenden Jahr aus heutiger Sicht auslaufen und die Insolvenzen werden dann voraussichtlich wieder steigen, so Ritzberger-Grünwald. Wie stark der Anstieg ausfallen werde, darüber könne man noch keine genauen Prognosen treffen.

Bewältigbare Insolvenzwelle

Die Nationalbank berechnet jedoch, dass auch unter verschärften konjunkturellen Bedingungen – also unter der Annahme, dass die Wirtschaft stärker einbricht als angenommen – "eine etwaige Covid-19-bedingte Insolvenzwelle für das österreichische Bankensystem bewältigbar" wäre. Grund dafür sei vor allem, dass die Banken mit deutlich besserer Kapitalausstattung in die Krise gegangen sind als bei der Finanzkrise, sagte Abteilungsdirektor Markus Schwaiger. Auch im europäischen Vergleich sei das heimische Bankensystem derzeit solide kapitalisiert.

Die Kreditqualität der Institute würde aber unter den steigenden Insolvenzen allerdings klar leiden. Auch wenn die Quote der notleidenden Kredite derzeit noch niedrig ist, empfiehlt die OeNB den Banken deshalb, bereits jetzt zu sparen und ihre Effizienz zu erhöhen. "Eine gute Kapitalbasis ist von allergrößter Bedeutung", so Vize-Gouverneur Gottfried Haber. Die Banken müssten sich bereits jetzt auf das Auslaufen von Zahlungsmoratorien und Staatsgarantien vorbereiten.

Aufgepasst bei Gewinnausschüttungen

Auch bei künftigen Gewinnausschüttungen rät die Notenbank den Geldinstituten weiterhin zu vorsichtigem Vorgehen in Übereinstimmung mit den europäischen Empfehlungen. Derzeit empfiehlt die Europäische Zentralbank (EZB) den Banken noch bis Ende des Jahres keine Dividenden auszuschütten.

Zum Effizienzgewinn der Banken trägt zunehmend auch die Digitalisierung bei. Im Gegenzug geht die Zahl der Bankfilialen in Österreich zurück. 2019 gab es insgesamt 3.525 Bankfilialen in Österreich, im Jahr 2000 waren es noch 4.192 Filialen. Zudem gab es im Vorjahr bereits in 555 österreichischen Gemeinden (das sind 29 Prozent aller 2.096 Gemeinden) keine Bankfiliale mehr. Zum Vergleich: Im Jänner 2000 lag diese Zahl noch bei 271. (APA, 25.11.2020)