Die Dunkelziffer an Infizierten ist während des zweiten Lockdowns in Österreich viel höher als während des ersten.

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Wien – Mitte November waren in Österreich 228.000 Personen zusätzlich zu den Erkrankten in Spitälern mit Sars-CoV-2 infiziert. Das sind 3,1 Prozent der in Privathaushalten lebenden Bevölkerung ab 16 Jahren. Das zeigen erste Zwischenergebnisse der neuen Prävalenzstudie, die die Statistik Austria und das Bildungsministerium am Donnerstag veröffentlicht haben. 55 Prozent der in der Studie festgestellten Infizierten waren dabei behördlich noch nicht erfasst.

In der vom Bildungsministerium in Auftrag gegebenen, von Statistik Austria in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz und der Medizinischen Universität Wien durchgeführten repräsentativen Studie wurden vom 12. bis 14. November 2.263 Personen mittels Nasen-Rachen-Abstrich getestet (die Brutto-Stichprobe umfasste insgesamt 7.823 in Privathaushalten lebende Personen ab 16 Jahren). Bei 48 Personen ergab die PCR-Analyse des Abstrichs ein positives Testergebnis.

Laut einer Nachbefragung von Personen, die zum Testzeitpunkt nicht erschienen waren, befanden sich zu diesem Zeitpunkt zumindest 24 Personen in behördlich angeordneter Quarantäne aufgrund eines positiven Testergebnisses. In Summe waren somit mindestens 72 Stichprobenpersonen im Testzeitraum mit Sars-CoV-2 infiziert.

Prävalenz im Westen größer als im Osten

Hochgerechnet und unter Berücksichtigung der statistischen Schwankungsbreite waren damit zwischen 166.000 und 295.000 Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert, die Prävalenz lag bei 2,2 bis 4,0 Prozent. Dabei war diese in Westösterreich (Tirol, Vorarlberg, Salzburg, Oberösterreich) signifikant höher als in Ostösterreich (Wien, Niederösterreich, Burgenland).

Mit rund 103.000 Infizierten war weniger als die Hälfte der in der Studie nachgewiesenen Sars-CoV-2-Infektionen laut Auskunft der in der Studie befragten beziehungsweise getesteten Personen bereits behördlich bekannt. Es handelt sich dabei um positiv Getestete in behördlicher Quarantäne sowie Personen, die bereits zurückliegend ein positives Testergebnis hatten und in dieser Studie wiederholt positiv getestet wurden. Daraus lässt sich ableiten, dass rund 55 Prozent der akuten Infektionen behördlich unerkannt bleiben, betont man seitens der Statistik Austria.

"Im Vergleich zu den letzten Prävalenzstudien im April und Mai zeigt sich damit ein erheblicher Anstieg des Infektionsgeschehens kurz vor dem zweiten Lockdown", erklärte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas in einer Aussendung. Demnach waren Anfang April während des ersten Lockdowns maximal 0,8 Prozent der Personen in Österreichs Privathaushalten infiziert, Ende April und Ende Mai waren es rund 0,1 Prozent.

Infektionsketten durchbrechen mit Massentests

"Die vergleichsweise hohe Dunkelziffer zeigt uns, dass Instrumente wie die bevorstehenden Massentestungen dringend notwendig sind, um die Infektionsketten zu durchbrechen und die Verbreitung der Pandemie einzudämmen", betonte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) in einer Aussendung. Auch asymptomatische Personen seien infektiös und könnten das Virus weitertragen. "Mit der Massentestung wollen wir möglichst viele dieser Personen orten, damit sie nicht andere Personen anstecken können", so Faßmann.

Von den 72 infizierten Personen gaben 20 (also 28 Prozent) an, zum Testzeitpunkt keinerlei Symptome zu haben. Neun Personen hatten ein Symptom, meistens eine verstopfte Nase, 43 Personen mindestens zwei Symptome.

Bei den behördlich unerkannten Fällen war der Anteil von Personen mit höchstens einem Symptom besonders hoch, nämlich 70 Prozent. Nur ein geringer Anteil dieser Gruppe (5 von 37) hatte erwartet, zum Testzeitpunkt infiziert zu sein. Dabei ist unklar, ob diese Personen noch vorsymptomatisch sind und erst in der Folge Symptome entwickeln.

Hohe Akzeptanz des Lockdowns

Erste Ergebnisse aus dem parallel zum Test beantworteten Fragebogen zu den von der Regierung gesetzten Maßnahmen zeigen, dass Mitte bis Ende Oktober und somit noch vor dem aktuellen Lockdown 81 Prozent die Maßnahmen als angemessen empfunden haben oder sich sogar stärkere Maßnahmen wünschten. Bei den Jüngeren (16- bis 24-Jährigen) empfand mehr als ein Viertel (26 Prozent) die geltenden Maßnahmen als (eher) übertrieben.

Die Statistiker betonen, dass es sich um vorläufige Daten handelt, die zeitnah zur Erhebung veröffentlicht werden, um die Bevölkerung rasch über das aktuelle Infektionsgeschehen zu informieren. Endgültige Daten sollen Mitte Dezember vorliegen, nachdem die ersten Ergebnisse mit den für Ende November erwarteten Registerinformationen des Elektronischen Meldesystems (EMS) validiert wurden. Dann sollen auch erstmalig für ganz Österreich die Ergebnisse der parallel durchgeführten Antikörperstudie vorliegen, die Auskunft über bereits durchgemachte Sars-CoV-2-Infektionen gibt. (APA, 26.11.2020)