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Diego Armando Maradona und Toni Polster beim Leiberltausch.

Foto: Kurt KEINRATH / picturedesk.com

STANDARD: Was waren Ihre Gedanken, als Sie von Diego Maradonas Tod erfahren haben?

Polster: Ich war und bin vor allem sehr traurig. Man ist ja mit ihm aufgewachsen. Ich hab den Diego sehr bewundert, ich hab Riesenrespekt vor ihm gehabt.

STANDARD: Wissen Sie, wie oft Sie Maradona auf dem Fußballplatz begegnet sind?

Polster: Ich glaube, wir sind sechsmal gegen- oder miteinander auf dem Platz gestanden.

STANDARD: Die Bilanz Polster – Maradona ist ausgeglichen, das ist bemerkenswert. Ein Sieg, vier Unentschieden, eine Niederlage.

Polster: Wobei das erste Unentschieden in Wahrheit ein riesengroßer Erfolg war. Das war 1983 das 1:1 mit der Austria beim FC Barcelona im Viertelfinale des Cupsiegercups, der Gerd Steinkogler hat unser Tor geschossen. Beim 0:0 im Hinspiel vorher in Wien hat Maradona gefehlt, er war krank. Im Rückspiel war er dabei, gegen Ende hat er an die Latte geschossen. Aber wir haben es rübergebracht.

Schon gehört?

STANDARD: Zwischen diesen beiden Spielen ist die Austria im ÖFB-Cup gegen den LASK ausgeschieden.

Polster: Das weiß ich gar nicht mehr. Aber ich weiß, dass es in Barcelona Wickel gab. Im Hinspiel war Udo Lattek der Trainer, im Rückspiel saß schon César Luis Menotti auf der Bank. Der Lattek mit seiner deutschen Gründlichkeit hat den Diego nicht handeln können. Maradona ist immer zu spät gekommen, das hat der Lattek nicht gepackt. Einmal hat er den Bus einfach ohne den Maradona abfahren lassen – aber der Schuss ist nach hinten losgegangen.

STANDARD: 1987 ist Napoli mit Maradona zum ersten Mal italienischer Meister geworden. In der folgenden Saison haben Sie beim AC Torino gespielt, da gab es vier Duelle.

Polster: Ich hab vor allem das Viertelfinale im Cup in Erinnerung. Nach einem 1:1 in Turin haben wir in Neapel mit 3:2 gewonnen. Maradona hat zwei Freistoßtore geschossen, aber ich hab zehn Minuten vor Schluss das 3:2 gemacht.

1988: Torino mit Polster schlägt Napoli mit Maradona.
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1990: Österreich und Argentinien trennen sich freundschaftlich 1:1.
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STANDARD: Das sechste Duell Maradona – Polster stieg auf Nationalteamebene. In dem Zusammenhang fällt auf, dass Österreich nur zweimal gegen Argentinien gespielt hat. 1980 ein 1:5, bei dem der junge Maradona dreimal traf. 1990, ebenfalls in Wien, waren Sie dabei, man trennte sich 1:1. Erinnerungen daran?

Polster: Ich weiß, dass der Zsak unser Tor geschossen hat und der Burruchaga den Ausgleich. Nach dem Match sind wir gemeinsam weggegangen, nicht nur der Diego und ich. Ich war ja damals beim FC Sevilla und hab etliche Argentinier gekannt, die in Spanien unter Vertrag waren, den Pumpido, der bei Betis im Tor war, oder den Ruggeri von Real Madrid. Die waren alle mit und auch einige von uns, aber wer aller, das weiß ich nicht mehr.

STANDARD: Wissen Sie noch, wohin es Sie an dem Abend gezogen hat?

Polster: Natürlich. Wir waren mit dem Diego im Queen Anne, und nachher waren wir in der Clair Bar in der Naglergasse. Der Fausto, der dort immer aufgetreten ist, hat neapolitanische Lieder für den Diego gesungen, es war ein sehr schöner Abend.

STANDARD: Wenn Sie Maradona nur kurz beschreiben müssten, wie fällt die Beschreibung aus?

Polster: Auf dem Platz war er absolut souverän. Er hat immer gewusst, wo der Ball ist und was er zu tun hat. Er war schnell, er war kräftig, er war stabil. Neben dem Platz war er das absolute Gegenteil. Diego war ein großes Kind.

STANDARD: Das hat zu seiner Popularität noch beigetragen.

Polster: Die Leute haben sich in ihm erkannt. Er war einer von uns, und er ist immer einer von uns geblieben. Dieses Gefühl hat er vielen gegeben. Und deshalb haben sie ihm alles verziehen. (Fritz Neumann, 26.11.2020)