Die Australierin Kylie Moore-Gilbert wurde am Mittwoch aus iranischer Haft entlassen, offenbar im Zuge eines Gefangenenaustauschs. Etliche andere Ausländer, darunter zwei Österreicher, bleiben im Iran im Gefängnis.

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In die gute Nachricht aus dem Iran, dass die australische Nahostwissenschafterin Kylie Moore-Gilbert am Mittwoch nach mehr als zweijähriger Haft im Iran freigelassen wurde, mischt sich der Horror: Der schwedisch-iranische Doppelstaatsbürger Ahmadreza Jalali, der im April 2016 im Iran verhaftet und später wegen Spionage zum Tod verurteilt wurde, soll informiert worden sein, dass seine Hinrichtung bevorsteht.

Ein Interventionsversuch der schwedischen Außenministerin Ann Linde wurde von der iranischen Regierung zurückgewiesen: Die schwedischen Informationen über den Fall Jalali seien nicht korrekt, und die iranische Justiz arbeite unabhängig.

Unter der Anklage oder Verurteilung wegen angeblicher Spionage oder Gefährdung der Staatssicherheit sitzen eine ganze Reihe von Doppelstaatsbürgern aus "westlichen" Staaten im Iran im Gefängnis, darunter auch zwei Österreicher, Kamran Ghaderi seit 2016 und Massud Mossaheb seit fast zwei Jahren. Beide wurden zu zehn Jahren Haft verurteilt, wie auch Moore-Gilbert.

Gefährdete Wissenschafter

Die Liste der im Iran gefangenen Ausländer ist lang – wobei der Iran bei Doppelstaatsbürgern die andere Staatsbürgerschaft nicht anerkennt. Wiederholt wurden auch Wissenschafter ohne iranischen Hintergrund, die den Iran zu Forschungszwecken oder wegen Konferenzteilnahmen bereisten, verhaftet. So war es auch bei Moore-Gilbert und beim Franzosen Roland Marchal. Dieser kam im März frei, seine Frau, die Ethnologin Fariba Adelkhah, ist jedoch weiter im Iran.

Einige der Gefangenen, wie Adelkhah und die Britin Nazanin Zaghari-Ratcliffe, wurden während der Corona-Pandemie, die im Iran besonders stark wütet, vorübergehend in den Hausarrest entlassen. Das Gefängnis durften auch zwei prominente iranische Menschenrechtlerinnen verlassen, Nasrin Sotoudeh, deren Gesundheitszustand sehr schlecht sein soll, mit einem Hafturlaub und Narges Mohammadi, die nach achteinhalb Jahren freikam.

Hinter der Freilassung von Moore-Gilbert scheint ein Gefangenenaustausch zu stehen, der aber von Australien nicht bestätigt wird. Aus Thailand – das ebenfalls von einem normalen Vorgang spricht – wurden parallel zur Enthaftung der australischen Forscherin drei Iraner nach Teheran überstellt, die vor acht Jahren einen Anschlag auf israelische Diplomaten in Bangkok geplant haben sollen. Einer davon hatte sich beim Hantieren mit Sprengstoff selbst die Beine weggesprengt.

Gefangenenaustausch

Das iranische Fernsehen zeigte Bilder davon, wie die drei Männer unter Lobpreisungen im Iran empfangen wurden, während parallel dazu die blasse, aber gefasste Moore-Gilbert das Gebäude verließ. Sie war mehrmals während ihrer Haft in den Hungerstreik getreten.

Der schwedische Mediziner Jalali, der sich auf Einladung zweier Universitäten im Iran aufhielt, als er verhaftet wurde, wurde wegen Spionage für Israel – ein besonders häufiger Vorwurf – verurteilt. Er habe Informationen geliefert, die zur Ermordung von mehreren iranischen Atomwissenschaftern durch Israel führten. Sein Todesurteil wurde in einem zweiten Prozess bestätigt.

In Österreich machte die Menschenrechtsorganisation "Medical Professionals for Human Rights in Iran – Austria" in einem Appell auf die Gefahr für Jalali aufmerksam. Sie berichtete, dass sich die iranischen Behörden auch im Fall Jalali um einen Gefangenenaustausch bemüht hätten. Es dürfte sich um jenen früher in Wien stationierten iranischen Diplomaten handeln, dessen Prozess heute, Freitag, in Belgien beginnt. Asadollah Assadi wird mit drei anderen Iranern beschuldigt, 2018 in Frankreich einen Anschlag auf den oppositionellen National Council of Resistance of Iran (NCRI) geplant zu haben.

Terrorprozess in Saudi-Arabien

Katastrophale Nachrichten kommen jedoch auch aus Saudi-Arabien. Dort wurde am Mittwoch die Frauenrechtsaktivistin Loujain Hathloul, die seit dem Frühjahr 2018 in Haft ist, einem Richter vorgeführt – der sich unzuständig erklärte und sie an einen Terrorismus-Gerichtshof überwies. Die 31-Jährige soll laut New York Times in offenbar sehr schlechtem Gesundheitszustand sein. Durch ihre Familie hatte Hathloul aus der Haft kommuniziert, dass sie gefoltert wurde.

In der BBC sagte der saudische Vize-Außenminister Adel al-Jubair, die Vorwürfe gegen Hathloul hätten nichts mit ihrem Aktivismus für Frauenrechte zu tun. In ihrem Fall gehe es um Akte gegen die Staatssicherheit und die Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien feindlich gesinnten Entitäten. International war Loujain Hathloul durch ihren Kampf gegen das Autofahrverbot in Saudi-Arabien bekannt geworden – das inzwischen aufgehoben ist. Neben ihr sind noch andere Aktivistinnen in Haft. Nouf Abdelaziz, Nassima al-Sadah und Samar Badawi wurden am Mittwoch ebenfalls dem Richter vorgeführt, der Ausgang ist nicht bekannt.

Hinrichtungswelle in Ägypten und Irak

Saudi-Arabien und der Iran sind jene nahöstlichen Staaten, in denen am meisten hingerichtet wird, aber andere Staaten holen auf. Laut Human Rights Watch wurden in Ägypten innerhalb von zehn Tagen im Oktober 49 Hinrichtungen vollstreckt, die meisten betrafen kriminelle Gewaltdelikte. In Bezug auf den Irak schlägt die Uno Alarm: Vergangene Woche wurden an einem Tag 21 Menschen exekutiert, bei weiteren 50 sollte die Hinrichtung bevorstehen. Dabei handelte es sich um wegen Terrorismus Verurteilte. Die Qualität der Gerichtsverfahren ist laut Uno nicht gewährleistet. (Gudrun Harrer, 27.11.2020)