Der Spitzenjob für Frauen hat in Österreich Seltenheitswert.

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Nun nimmt die Debatte über eine stärkere Vertretung von Frauen in Vorständen auch in Österreich Fahrt auf. Anlass ist die Einigung der schwarz-roten Koalition in Berlin auf eine Quotenregelung. Ihr zufolge soll es künftig eine Frau im Führungsgremium großer börsennotierter Konzerne geben müssen, wenn es aus mehr als drei Mitgliedern besteht. Weibliche Vorstandsmitglieder müssen aber erst bei der nächsten anfallenden Besetzung bestellt werden, geht aus der Übereinkunft der deutschen Regierung hervor.

In Österreich gibt es wie bisher in Deutschland keine Vorgabe für einen Frauenanteil. Doch die Entwicklung im Nachbarland lässt die Diskussion auch hierzulande aufflammen. Die Ausgangslage ist ähnlich. In Österreich liegt der Anteil der Frauen in Vorständen börsennotierter Unternehmen bei nur sieben Prozent und demnach unter dem des nördlichen Nachbarn mit zehn Prozent. Frankreich, Schweden oder die Niederlande kommen auf mindestens ein Fünftel. In den Vorständen von Österreichs größten börsennotierten Konzernen gibt es mehr Personen, die Peter heißen, als Frauen.

Grüner Druck

Nun drängen die Grünen auf eine verpflichtende Regelung. "Die neue deutsche Regelung ist sehr ausgewogen. Das wünsche ich mir auch für Österreich", erklärt Elisabeth Götze. Die Wirtschaftssprecherin der Grünen beklagt, dass bei der Vertretung von Frauen viel zu wenig weitergehe. Gegenüber Jahresbeginn gab es im ersten Halbjahr 2020 sogar einen leichten Rückgang bei weiblichen Vorstandsmitgliedern. 45 von 58 österreichischen börsennotierten Unternehmen haben laut einer Untersuchung der Beratungsgruppe EY keine Frau in der Chefetage sitzen. Sie hätten – je nach Ausgestaltung einer verpflichtenden Regelung – Handlungsbedarf.

Kaum Fortschritte

Götze hat bereits die Initiative ergriffen und bei Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) angeklopft. Der Juniorpartner in der Koalition hofft, einer vagen Formulierung im Arbeitsübereinkommen der beiden Parteien Leben einzuhauchen. Dort wurde vereinbart, Maßnahmen zur Anhebung des Frauenanteils zu prüfen. Klar ist für Götze, dass freiwillige Regelungen viel zu langsam greifen, wie sie im Gespräch mit dem STANDARD erklärt.

Elisabeth Stadler (zweite von links) ist die einzige Chefin eines ATX-Unternehmens. In der VIG hat sie viele Frauen um sich geschart.
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Anders sieht es bei der seit 2018 geltenden gesetzlichen Bestimmung, wonach Aufsichtsräte mit Frauen zu besetzen sind, bis sie dort einen Anteil von 30 Prozent erreichen. Die Vorgabe gilt seit 2018 für börsennotierte sowie große Unternehmen, die mehr als 1.000 Mitarbeiter haben. Der Frauenanteil in Aufsichtsräten ist mittlerweile von knapp 19 auf mehr als 27 Prozent geklettert.

Unerfüllte Hoffnung

Allerdings hat sich die Hoffnung bisher nicht erfüllt, dass mit dieser Entwicklung auch ein Anstieg der weiblichen Vorstandsmitglieder einhergeht. Experten sprechen von einem Spill-over-Effekt, der aber ausbleibt. Hartnäckig hält sich die tradierte Entscheidungsfindung bei Bestellungen. Mitglieder von Netzwerken profitieren, zudem spielt das Prinzip der Selbstähnlichkeit eine Rolle: Mann wählt Mann aus.

Götze spricht zudem die Lippenbekenntnisse in Genderfragen an, die sie mit einer Studie des Beraters Deloitte untermauert. Eine größere Befragung unter Entscheidern ergab, dass rund vier Fünftel für einen höheren Frauenanteil im Management sind, aber lediglich 28 Prozent haben dazu messbare Ziele vereinbart.

ÖVP schweigt

Ob Götze mit ihren Vorstellungen bei der ÖVP durchdringen kann, ist ungewiss. Frauenministerin Susanne Raab hat sich bisher tendenziell ablehnend zu einer Frauenquote geäußert. Für den STANDARD war sie nicht zu sprechen. Auch Wirtschaftsministerin Schramböck und ÖVP-Frauensprecherin Elisabeth Pfurtscheller ließen Anfragen unbeantwortet.

Männer dominieren die Chefetagen und Aufsichtsräte und sorgen dafür, dass es so bleibt. Das soll sich mit einer gesetzlichen Quote ändern. (Andreas Schnauder, 27.11.2020)