Eine Zeitlang geht es ganz gut, aber es schlägt sich nieder, wenn die Ergonomie gar nicht passt.

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Sie arbeiten am Küchentisch zwischen Müslischüssel und Mittagsteller. Oder lümmeln mit Laptop auf dem Sofa oder im Bett, weil das Kind für Homeschooling den Schreibtisch braucht. Oder sie sitzen zwar in Ruhe im Arbeitszimmer, aber bewegen sich in den acht Stunden nur zwischen Computer, Küche und Toilette. Das Höchste der Gefühle ist da oft ein Spaziergang um den Block, um den fehlenden Arbeitsweg ins Büro auszugleichen.

So oder so ähnlich sieht derzeit die Realität vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus, die pandemiebedingt wieder vermehrt im Homeoffice arbeiten. Das kann auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, wie zwei aktuelle Untersuchungen nahelegen.

Verspannt, verkrampft

Demnach klagen 64 Prozent der Arbeitnehmer über gesundheitliche Probleme im Homeoffice. Das ergab eine Befragung des Büromöbelherstellers Aeris von 2000 Heimarbeitenden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Angeführt wird die Liste von Rückenschmerzen, gefolgt von Muskelschmerzen im Nacken- oder Schulterbereich und Kopfschmerzen. Letztere werden oft auch als "Tech-Neck" bezeichnet, der entsteht, wenn man lange mit geneigtem Kopf auf den Laptop schaut, weil der Bildschirm nicht auf Augenhöhe ist.

Rund 64 Prozent spüren es sehr unangenehm: Homeoffice ist nicht Büro.
Der Standard/Illustration: Marie Jecel

Ebenso belasteten die Befragten Gewichtszunahme, Müdigkeit und Erschöpfung sowie Stress und Unruhe. Bei zwölf Prozent führe die Arbeit zu Hause laut eigenen Angaben zu psychischen Problemen wie Abgeschlagenheit oder Depression.

Das kann auch an der Entgrenzung der Arbeit im Homeoffice liegen. So verteilen sich die beruflichen Aufgaben für 57 Prozent der Arbeitnehmer "von früh bis spät". Das ergab eine Umfrage des Instituts für Soziologie der Uni Wien, bei der knapp 500 Personen befragt wurden, die ab April von zu Hause aus arbeiteten. Eine "klare und verlässliche Trennung zwischen Arbeits-, Hausarbeits- und Familienzeit bzw. Freizeit sei damit für einen großen Teil nicht gegeben", schließen die Studienautoren daraus. Die Daten zeigten auch, dass die Entgrenzung nicht nur auf Führungskräfte zutrifft, auch ist sie nicht eindeutig der hohen Arbeitsmenge geschuldet.

Gründe für Schmerzen

Die Ursachen für die körperlichen Belastungen dürften laut der Aeris-Umfrage vor allem in der Gestaltung des Arbeitsplatzes liegen: Knapp jeder zweite Heimarbeitende hat ein eigenes Arbeitszimmer – der Rest sitzt am Ess- oder Wohnzimmertisch oder modelt das Schlaf- oder Gästezimmer zum Arbeitsplatz um. Jene, die in Letzteren arbeiten, klagten deutlich häufiger über gesundheitliche Probleme: nämlich drei von vier der befragten Arbeitnehmer. Paare müssten sich zudem oft das Arbeitszimmer teilen oder sich bei der Nutzung abwechseln.

Da überrascht es wenig, dass sich jeder dritte Arbeitende für zu Hause einen ergonomischen Sessel oder einen höhenverstellbaren Schreibtisch wünscht. Abhilfe kann laut Experten ein Stehtisch schaffen – ein Bügelbrett tut es aber auch. Auch die technische Ausstattung sei bei jedem Zweiten zu Hause schlechter als in der Firma.

Dass es im Büro in den eigenen vier Wänden Nachrüstungsbedarf gibt, legt auch die Umfrage der Uni Wien nahe: 63,2 Prozent der Arbeitenden gaben an, von ihrem Arbeitgeber keine Informationen oder Beratung zur gesunden Gestaltung des Homeoffice bekommen zu haben, als sie dorthin übersiedeln mussten.

Die Möglichkeit, von einem Techniker der Firma bei der digitalen Einrichtung zu Hause unterstützt zu werden, gab es hingegen häufiger. Nämlich für etwas mehr als die Hälfte. Von ihren Vorgesetzten fühlten sich die Arbeitenden im Homeoffice aber selten allein gelassen. In der Uni-Wien-Befragung sagten rund zwei Drittel, dass sich Führungskräfte dafür interessierten, wie sie daheim zurechtkämen. (Selina Thaler, 30.11.2020)