Um außerordentliche Zivildiener in der Pandemie flexibel einsetzen zu können, wurden Sonderbestimmungen im Gesetz verankert. Die Befristung läuft nun doch nicht mit Jahresende aus.

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Im Frühjahr, während der ersten Hochphase der Corona-Krise, wurde erstmals in der österreichischen Geschichte ein außerordentlicher Zivildienst ausgerufen. 1.500 Zivildiener mussten ihren Dienst zwangsweise um drei Monate von März bis Juni verlängern. 3.000 ausgediente Männer kehrten zudem aus eigenen Stücken für ein paar Monate zurück in Krankenwagen, Altenheim und Co.

Obwohl es vor der Pandemie nur den wenigsten bekannt war, sah das Zivildienstgesetz die Möglichkeit eines verpflichtenden Zivildiensts von Männern unter 50 Jahren für den Fall von "Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs und außerordentlichen Notständen" bereits vor.

Für die praktische Abwicklung wären die rechtlichen Grundlagen allerdings zu schwerfällig gewesen, zur tatsächlichen Umsetzung der Maßnahme mussten im März daher zahlreiche Sonderregelungen getroffen werden. So bekam das Rote Kreuz Verantwortung für die Zuteilung der Zivis, um die Zivildienstserviceagentur zu entlasten. Zudem wurden die zahlenmäßigen Obergrenzen für die Inanspruchnahme von Zivis durch einzelne Rechtsträger außer Kraft gesetzt und die Kreuzverwendung innerhalb derselben Organisation erleichtert. Diese Sonderbestimmungen wurden jedoch per Sunset Clause mit Ende 2020 befristet, danach wäre eine neuerliche Zwangsverlängerung somit kaum praktikabel gewesen.

Ausdehnung um acht Monate

Die türkis-grüne Koalition spielt aber offenbar weiterhin mit dem Gedanken, das umstrittene Modell in den kommenden Monaten zu reaktivieren. Im Parlament haben die Regierungsfraktionen beantragt, die Geltung der Regelungen bis August 2021 auszudehnen. Der Neos-Abgeordnete Yannick Shetty ist darüber empört: "Dadurch wird für weitere acht Monate das Damoklesschwert über junge Männer gehalten, die jederzeit zwangsverlängert werden könnten und nicht wissen, was in den nächsten Monaten auf sie zukommt." Wenn die Regierung plane, zwecks Massentests oder Impfaktionen außerordentliche Zivildiener zu rekrutieren, solle sie das sofort klar kommunizieren, fordert Shetty.

Aus dem für Zivildienst zuständigen Ministerium von Elisabeth Köstinger (ÖVP) heißt es auf STANDARD-Anfrage, es gebe derzeit "keine unmittelbaren Pläne" für einen außerordentlichen Zivildienst. Angesichts der andauernden Pandemie sei es aber geboten, die Sonderbestimmungen zu verlängern, "um weiterhin gerüstet und rasch handlungsfähig zu sein". Köstinger will die Option auf Sonder-Zivis mithin als Joker in der Hinterhand behalten.

Nicht nach "Gutdünken" Köstingers

Die Grünen tragen die Ausdehnung der Sunset Clause im Parlament zwar mit, doch ihr Zivildienstsprecher David Stögmüller zeigt sich skeptisch: "Ich will auf keinen Fall, dass wieder jemand zwangsweise verlängert wird." Im März sei das wegen der unberechenbaren Lage als Vorsichtsmaßnahme gerechtfertigt gewesen, für die Zukunft sehe er aber keinen Sinn mehr darin. Allenfalls kann sich Stögmüller die neuerliche Heranziehung von Freiwilligen vorstellen. Koalitionsintern sei mit der ÖVP paktiert worden, dass es für eine künftige Ausrufung des außerordentlichen Zivildiensts im Ministerrat ein Einvernehmen mit dem grün geführten Gesundheitsministerium braucht. "Das soll verhindern, dass es auf das Gutdünken von Ministerin Köstinger ankommt", sagt der Abgeordnete zum STANDARD. (Theo Anders, 30.11.2020)