Heuer dürften laut Bauträgerdatenbank Exploreal rund 18.000 Wohneinheiten in Wien fertiggestellt werden, im kommenden Jahr sogar noch etwas mehr. Dieser Wohnbauboom wird in erster Linie von gewerblichen Bauträgern getragen. Gemeinnützige werden heuer in Wien zwar auch mehr als 8000 Wohneinheiten fertigstellen, insgesamt sind in den Jahren 2017 bis 2021 aber die gewerblichen Bauträger für fast zwei Drittel der Wohnproduktion verantwortlich.

Sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite, also bei Bauträgern und Entwicklern, ist im Wiener Wohnbau derzeit ein hohes Aufkommen an Finanzinvestoren zu sehen.
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2021 dürfte es dann auch so weit sein, dass erstmals von gewerblichen Bauträgern mehr Miet- als Eigentumswohnungen produziert werden. Letztere pendelten in den vergangenen Jahren stets zwischen 5000 und 7000 Stück, die Anzahl der Mieteinheiten ist aber sukzessive gestiegen, weil Investoren den Wiener Markt entdeckt haben – das wurde auf diesen Seiten schon des Öfteren beschrieben. Und das betrifft natürlich nicht nur ganze Wohnanlagen, die immer öfter von institutionellen Investoren erworben, sondern auch Eigentumswohnungen, die häufig von Anlegern gekauft werden. Auch gemeinnützige Bauträger sind davor nicht gefeit, wenn sie freifinanzierte Eigentumswohnungen bauen.

Ergebnisse einer Diplomarbeit

Nachfrageseitig ist auf dem Wiener Wohnungsmarkt also derzeit oft die Rendite das oberste Ziel. Doch wie sehr wurde eigentlich auch die Angebotsseite schon "finanzialisiert", also in welchem Ausmaß sind Finanzinvestoren an Wiener Entwicklern beteiligt? Das hat sich Exploreal-Mitarbeiter Matthias Tischler für seine Diplomarbeit an der TU Wien angeschaut. Dabei ging er hauptsächlich anhand dreier Kriterien vor: Branchenzugehörigkeit (also ob das Unternehmen direkt oder indirekt dem Finanzsektor angehört, etwa Banken oder Versicherungen), Börsenotierung sowie das Verhältnis von Finanzerträgen zum Cashflow.

In die Untersuchung aufgenommen wurden sämtliche 441 Bauträger, die im Zeitraum 2017 bis 2021 in Wien Projekte entwickelten, sowohl gewerbliche als auch gemeinnützige. Davon wurden 101 Bauträger als klar "finanzialisiert" eingestuft, weitere 91 als "eher finanzialisiert". Insgesamt also etwas weniger als die Hälfte, allerdings waren diese 43 Prozent für nicht weniger als 75 Prozent aller Wohneinheiten in diesem Zeitraum verantwortlich. Das liegt daran, dass die als "finanzialisiert" eingestuften Bauträger üblicherweise wesentlich größere Projekte umsetzen, im Schnitt mit 85 Wohneinheiten. Die 249 Bauträger (57 Prozent), für die keine Verbindungen zum Finanzsektor nachweisbar waren, errichten im Schnitt nur 40 Wohneinheiten pro Projekt.

Einschränkt profitorientiert

Interessant ist, dass die gemeinnützigen Bauträger auch sehr starke Verbindungen zum Finanzmarkt aufweisen. Konkret sind etwas mehr als die Hälfte der 51 Gemeinnützigen, die zwischen 2017 und 2021 Projekte in Wien umsetzen, nämlich 26, in ihrer Eigentümerstruktur direkt dem Finanzsektor zuzurechnen. Und diese sind für 55 Prozent der Wohneinheiten verantwortlich. Allerdings, und das betont auch Tischler in seiner Studie: Gemeinnützige Bauträger dürfen bekanntlich nur sehr eingeschränkt profitorientiert wirtschaften. (Martin Putschögl, 29.11.2020)