John O’Connell, "Bowies Bücher. Literatur, die sein Leben veränderte". Deutsch von Tino Hanekamp. 16,50 Euro / 384 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, 2020

Cover: KiWi

Zu David Bowies Geburt gibt es eine hübsche Geschichte. Als am 8. Jänner 1947 um Mitternacht Peggy Jones ihren Sohn David zur Welt brachte, soll die Uhr der Lamberth Town Hall in Brixton dreizehn Mal geschlagen haben.

Bowie-Jünger sehen in diesem Ereignis natürlich ein Symbol für eine Außergewöhnlichkeit: Hier schlägt die Glocke für ein ganz besonderes Wesen. David Jones, später als David Bowie weltberühmt und unvergessen, erblickt das Licht der Welt – zu einer Zeit, die es gar nicht gibt.

Das ungewöhnliche Ereignis muss sich aber herumgesprochen haben, oder George Orwell hatte eine göttliche Verbindung zu Bowie, jedenfalls inspirierte ihn der Glockenschlag zu einem der berühmtesten ersten Sätze der Weltliteratur: "Es war ein strahlend-kalter Apriltag, und die Uhren schlugen dreizehn."

So beginnt 1984, George Orwells dystopischer Roman. Der britische Schriftsteller schrieb ihn – erraten – im Jahr 1947, allerdings auf der Hebriden-Insel Jura vor der Küste Schottlands, wo er sich von einer Lungenerkrankung erholen wollte – und weit weg von Brixton. Gut, oder?

Abwechslungsreiche Leseliste

Solche Details mehr finden sich auf den knapp 400 Seiten, in dem es um jene 100 Bücher geht, die Bowie als für sich am einflussreichsten bezeichnete. Der offene, wache Geist des Popkünstlers spiegelt sich in dieser abwechslungsreichen Leseliste wider, die Klassiker von Anthony Burgess, Albert Camus, Bruce Chatwin, Gustave Flaubert, James Baldwin, Jack Kerouac und Christa Wolf enthält, aber ebenso das Interesse Bowies an Geschichte, Science-Fiction, Mystik, Popkultur und Comics erfasst.

Der Journalist O’Connell (Guardian, Times) hat dazu kurze Essays geschrieben. Jeder Einzelne von ihnen ist lesenswert, weil eine Verbindung zwischen dem in Inhalt und Bedeutung beschriebenen Werk und Bowies Person und Musik hergestellt wird. Jedes Kapitel schließt ein Hörtipp sowie eine Empfehlung zu weiterführender Literatur ab.

Die ausgezeichnete deutsche Übersetzung stammt von Tino Hanekamp, die smarten Illustrationen von Luis Paadín. Am Ende ist Bowies Bücher nicht nur ein Buch, sondern eine Einladung – einerseits, um jene Bücher zu lesen, die das Idol las und mochte, und andererseits, um wieder mehr Bowie-Songs zu hören. (Doris Priesching, 13.12.2020)