Liv Strömquist, "Ich fühl’s nicht". 20,– Euro / 176 Seiten. Deutsch von Katharina Erben. Avant-Verlag, 2020

Cover: Avant-Verlag

Haben Sie sich schon mal Gedanken darüber gemacht, warum Leonardo DiCaprio so oft seine um viele Jahre jüngeren Model-Freundinnen wechselt? Nein? Eine, die dies getan hat, ist die schwedische Feministin und Comiczeichnerin Liv Strömquist. Und sie nimmt die Sache in ihrem Buch Ich fühl’s nicht als Anlass, von Grund auf zu enttarnen, was mit Liebesbeziehungen in unserer heutigen Konsumgesellschaft alles falsch läuft.

Narzissmus, die schier unendliche Auswahl an potenziellen Partnerinnen und Partnern sowie Geschlechterrollen sind nur ein paar der Gründe und werden dafür verantwortlich gemacht, dass Liebe lange nicht mehr so zauberhaft und atemberaubend ist, wie sie es früher einmal war.

Emotional distanziert

Männer, so heißt es in dem Graphic Novel, seien heute emotional distanziert, anders als Frauen, die eher als gefühlsbetont gelten. Obwohl das jahrhundertelang genau andersrum war. Männer schwangen große Reden und schmachteten Frauen an, während diese sich in Zurückhaltung übten, wie Strömquist schreibt. Doch das Patriarchat habe die Geschlechterrollen umgedreht. Und während viele Männer eher unter einer Bindungsangst leiden, hätten Frauen nahezu keine andere Wahl, als sich aktiv und emotional um die Partnersuche zu bemühen – denn ihre innere Uhr tickt.

Doch das läuft heute alles andere als sorglos und intuitiv. Der Partner oder die Partnerin wird rational ausgewählt. Statt spontanen, romantischen Gesten und langen, schwülstigen Liebesbriefen gibt es heute Algorithmen, die aussuchen, wer am besten zu einem passt. Der oder die Zukünftige wird zur Ware, die keinen Makel haben darf – "schließlich ist der Kunde König", schreibt Strömquist und schlussfolgert, dass die rationale Entscheidungsmethode dem Gefühl, "sich zu verlieben", entgegenwirkt.

Für ihre scharfe Analyse erweckt Liv Strömquist in ihren Zeichnungen historische Figuren wie Sokrates und Aphrodite zum Leben und legt ihnen zum Brüllen komische Worte in den Mund. Sie reist durch die Epochen, durch Reality-TV-Shows, Bücher und die moderne Popkultur, sucht Erklärungen in Soziologie und Philosophie – und das alles auf äußerst unterhaltsame Weise. (Bernadette Redl, 14.12.2020)