Die Angleichung Arbeiter an Angestellte ist nach hinten verschoben – das hat Vorteile.

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Beinahe unbemerkt wurde am 20. November mit Zustimmung aller Fraktionen im Nationalrat die Angleichung der Kündigungsfristen der Arbeiter an jene der Angestellten um ein halbes Jahr auf den 1. Juli 2021 verschoben.

Zur Erinnerung: Mit einer wenige Tage vor der Nationalratswahl im Oktober 2017 von SPÖ, FPÖ und Grünen beschlossenen Gesetzesänderung sollten die für Arbeiter geltenden Regelungen über die Auflösung von Arbeitsverhältnissen an jene der Angestellten angeglichen werden.

Demnach sollten auch Arbeiter nur noch mit Ablauf eines Kalenderquartals unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen gekündigt werden können, wobei sich (wie bei den Angestellten) die Kündigungsfrist mit Fortdauer des Arbeitsverhältnisses auf bis zu fünf Monate erhöht. Die neuen Regelungen sollten ursprünglich auf alle nach dem 31. Dezember 2020 ausgesprochenen Beendigungen anzuwenden sein. Dieser Zeitpunkt wurde nun aufgrund der aktuellen Covid-19-Situation verschoben.

Nun mag man als Regierungskritiker geneigt sein, diese Maßnahme als arbeitnehmerfeindlich zu bezeichnen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass diese Verschiebung durchaus sinnvoll ist.

Schlimmeres verhindern?

Bei aller Kritik an der Verschiebung darf nämlich nicht übersehen werden, dass die Angleichung der Kündigungsbestimmungen einen spürbaren Eingriff in bestehende Verträge bedeutet. Kündigungsfristen werden um ein Vielfaches verlängert und Kündigungen durch den Arbeitgeber sind nur noch zum Quartalsende möglich.

Freilich kann in neuen Verträgen – wie es bei Angestellten üblich ist – der 15. und der Monatsletzte als Kündigungstermin vereinbart werden, bei bestehenden Verträgen ist dies aber nur mit Zustimmung des Arbeiters möglich. Dies führt im Ergebnis dazu, dass langjährig beschäftigte Arbeiter faktisch bessergestellt werden als die meisten Angestellten.

Würden die neuen Regelungen schon ab dem 1. Jänner 2021 gelten, müssten sich krisengebeutelte Arbeitgeber insbesondere nach Inkrafttreten des "Lockdown 2" gut überlegen, ob sie Arbeiter (nochmals) in Kurzarbeit schicken oder doch (noch nach den alten Regeln) kündigen sollen, um den Fortbestand des Unternehmens – und damit im Endeffekt weitere Arbeitsplätze – nicht zu gefährden. Aufgrund der einmonatigen Behaltefrist nach Kurzarbeit (die in "Phase 3" bis 31. März 2021 in Anspruch genommen werden kann) hätte es dann nämlich sein können, dass Kündigungen bei fünfmonatiger Kündigungsfrist frühestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2021 möglich gewesen wären. In diesen Konstellationen hätte sich die Kurzarbeit als "Schuss ins Knie" erweisen, sollte die wirtschaftliche Erholung nicht oder nicht so rasch gelingen wie erhofft.

Die nunmehr beschlossene Verschiebung der Angleichung der Kündigungsbestimmung gibt Unternehmen mehr Zeit, von vorschnellen Kündigungen abzusehen und weiterhin die Kurzarbeit als wichtiges Instrument in der Krise zur Sicherung von Arbeitsplätzen zu nützen. Den Sozialpartnern gibt die Verschiebung wiederum mehr Zeit, die Kollektivverträge an die neue Rechtslage anzupassen. (Oliver Walther, 27.11.2020)