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Das Unternehmen Astra Zeneca hat weitere Studie angekündigt, um die Wirksamkeit des Impfstoffs zu überprüfen.

Foto: reuters

Anfang der Woche hat das Unternehmen Astra Zeneca, das gemeinsam mit der Universität Oxford einen Impfstoff gegen Covid-19 entwickelt hat, in einer Presseaussendung verkündet, das Präparat habe eine Schutzwirkung von 70 Prozent. Diese Zahl setze sich, so hieß es vonseiten des Unternehmens, aus zwei Studienarmen zusammen.

Der größere enthielt rund 9.000 Teilnehmer, die im Abstand von vier Wochen zwei volle Dosen des Impfstoffs erhielten. Hier lag die Wirksamkeit nur bei 62 Prozent. In einer zweiten Gruppe waren rund 2.700 Probanden eingeschlossen, und hier lag die Wirksamkeit bei 90 Prozent. Die Teilnehmer erhielten erst eine halbe Dosis des Impfstoffs, vier Wochen später nochmal eine ganze. Warum das geschah, erklärte Astra Zeneca zunächst nicht.

Nach der Veröffentlichung spekulierten Forscher weltweit, wie es dazu gekommen sein könnte, dass die Wirksamkeit in der zweiten Gruppe trotz geringerer Dosis höher war. Bei einem Pressegespräch am Montag sagte Andrew Pollard, Impfstoffforscher an der Universität Oxford, "das Immunsystem könnte durch die geringere Dosis anders programmiert worden sein". Näher ging er nicht darauf ein.

Falsch befüllt

Mittlerweile ist bekannt, dass es sich bei der niedrigen Dosierung um einen Fehler handelte. Die Fläschchen mit der ersten Impfdosis der kleineren Studiengruppe wurden versehentlich nur mit dem halben Wirkstoff befüllt, heißt es seitens der Uni Oxford. Die Behörden wurden informiert, die Studien aber dennoch mit beiden Gruppen weitergeführt. "Bei biologischen Arzneimitteln kommt es gelegentlich zu Dosierungsfehlern, dann ist es besser, wenn die verabreichte Dosis niedriger und nicht höher als beabsichtigt ist. In diesem Versuch wurde der Fehler frühzeitig erkannt, den Behörden gegenüber offengelegt und der weitere Weg festgelegt", sagt dazu Penny Ward vom King’s College London, die nicht an der Forschung beteiligt war.

Dennoch hat Astra Zeneca die Ergebnisse beider Studiengruppen jeweils zusammengeführt sowie auf eine gemeinsame Wirksamkeit von 70 Prozent geschlossen. Wissenschafter kritisieren, dass dies nicht hätte passieren dürfen, da es sich um zwei unterschiedliche Studiendesigns handelte und diese nicht vergleichbar seien.

Zudem hat sich auch eine mögliche Erklärung für den ungewöhnlichen Effekt in der kleineren Studiengruppe gezeigt. Dort war keiner der Probanden älter als 55 oder hatte Vorerkrankungen – anders als in der größeren Studiengruppe. Jüngere Menschen haben insgesamt ein besser funktionierendes Immunsystem und reagieren auf Impfungen rascher und effektiver, das könnte die Erklärung für die bessere Wirksamkeit in dieser Studiengruppe sein und möglicherweise ein Hinweis darauf, dass der Impfstoff bei älteren Menschen doch nicht so gut wirkt wie zunächst angenommen. In einer früheren Phase-1/2-Studie, publiziert in "The Lancet", stellten die Entwickler fest, der Impfstoff erzeuge bei Probanden aller Altersgruppen Antikörper gegen das Virus.

Zusätzliche Studie

Aufgrund der vielen Unklarheiten hat Astra Zeneca mittlerweile eine zusätzliche Studie zur Überprüfung der Wirksamkeit angekündigt, in der untersucht werden soll, ob eine niedrigere Dosis tatsächlich zu einem besseren Ergebnis führen könnte. Die Ergebnisse sollen die Daten "bereits vorhandener Studien ergänzen", teilte eine Sprecherin mit, ohne Details zu nennen.

Zudem sind auch die Phase-3-Studien noch nicht abgeschlossen. Die Daten, die in dieser Woche veröffentlicht wurden, basieren lediglich auf einer Zwischenanalyse nach 131 Infektionen unter den Studienteilnehmern. Bislang bleibt abzuwarten, wie sich die Ergebnisse hier weiterentwickeln.

Viel an der weiteren Vorgehensweise dürften die neuen Erkenntnisse insgesamt jedoch nicht ändern. Denn laut der US-Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) muss ein Impfstoff gegen Covid-19 mindestens zu 50 Prozent wirksam sein. Selbst die niedrigste Wirksamkeit, die dem Astra-Zeneca-Impfstoff bescheinigt wurde, liegt bei 62 Prozent und damit über der vorgegebenen Grenze.

Ähnlich sieht das die Impfstoff-Expertin Penny Ward: "In Anerkennung der Tatsache, dass Astra Zeneca hier mehr Transparenz hätte zeigen können, sagt dies doch mehr über den Kommunikationsstil des Unternehmens aus und weniger über den Impfstoff selbst – das Vertrauen in diese eindeutige Impfung sollte dadurch nicht geschmälert werden." (Bernadette Redl, 27.11.2020)