Große Events fehlen in diesem Jahr, auch wenn E-Sport auch ohne Offline-Veranstaltungen funktioniert.

Foto: A1

Am Samstag, dem 28. November, endet das bereits dritte Jahr der A1-E-Sport-Liga, und obwohl das Engagement einiger großer Firmen in Österreich kontinuierlich wächst, genießt E-Sport hierzulande weiterhin ein Nischendasein. Aber wie kann das sein, wenn doch die Szene seit rund 20 Jahren aktiv ist, eine eigene Interessenvertretung gegenüber der Politik lobbyiert und große Events wie die Game City zum kostenlosen Kennenlernen einladen? Es braucht Zeit und mehr Aufklärung, so der Tenor jener Firmen, die trotz aller Widrigkeiten und dem zähem Vorankommen von der zukünftigen Bedeutung der Zielgruppe Gamer beziehungsweise E-Sportler überzeugt ist.

Der Trailer zum A1-Finale.
A1 eSports

Investieren, investieren, investieren

"Wir sind mit der Entwicklung der E-Sport-Branche in Österreich sehr zufrieden," sagt Marco Harfmann, Director Transformation & Marketing Communications bei A1, zum STANDARD. Das ist auch gut so, treibt man doch seit drei Jahren die Szene mit der hauseigenen E-Sport League Austria sehr prominent an. Offline-Events, Community-Arbeit, Streams und die Bewerbung in der Szene waren sicher ein großes Investment, das sich so in Österreich noch kaum jemand getraut hat. Als Lohn nennt man unter anderem das gestiegene Interesse in der Gaming-Community. "Gestartet sind wir 2017 mit zwei Spielen und 900 Teilnehmern. Drei Jahre später zeigen in einem Jahr bereits 15.000 Spieler in fünf Games in der 'A1 eSports League Austria' ihr Können."

Übertragen wird die Liga auch in diesem Jahr wieder aus dem Wiener Gasometer. Live vor Ort ist nur eine Kernmannschaft, Spieler schalten sich online dazu, Zuschauer beobachten das Geschehen via A1-Twitch-Stream, der aktuell rund 11.000 Follower zählt. Auch die Inszenierung ist mittlerweile einer "normalen" Sportübertragung ebenbürtig. Durch die Spiele selbst moderieren Szene-Kenner, für die Unterhaltung zwischendurch setzt man fast durchwegs auf Gaming-Influencer wie etwa Raphael "Veni" Eisler oder Rebecca "JustBecci" Raschun. Als Games wurden der wohl populärste E-Sport-Titel, League of Legends, zwei Mobile Games und Rocket League sowie Fortnite in die A1-Liga mitaufgenommen.

2019 konnte man das Gasometer noch mit Menschen füllen. Das Interesse ist in der Community vorhanden.
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Personell hat man wegen des Themas nicht aufgestockt, sondern intern eine Vollzeitstelle geschaffen. Neben diesem Investment leistet man sich seit Beginn des Engagements eine E-Sport-Agentur. Was das Projekt "A1 eSports League Austria" bis jetzt gekostet hat, will man nicht verraten, rechtfertigen muss man sich im Konzern natürlich trotzdem. "E-Sport ist definitiv ein langfristiges Investment, aber trotzdem werden intern schon jetzt die Investments dem Nutzen gegenübergestellt. Strategisch sind wir felsenfest davon überzeugt, dass die Relevanz von E-Sport noch weiter steigen wird," so Harfmann.

Kleine Szene

Eine eigene Agentur braucht man laut Willhaben-Marketing-Manager Franz Vosicky nicht unbedingt, sofern man nicht gleich eine ganze Liga stemmen will. Vosicky ist in das Thema vor zwei Jahren mehr oder weniger reingerutscht und hat sich in dieser Zeit durch viel Engagement selbst in der Szene vernetzt. "Es gibt bereits hochprofessionelle, gut organisierte Ligen, Veranstalter, Organisationen, Content Creator und Influencer, die man im Bereich E-Sport ansprechen kann. Und die auch bei nicht zu großen Budgets, sinnvolle Einsatzmöglichkeiten haben." Schnell merkt man, wie überschaubar die Szene personell ist und wie rasch man die wichtigsten "Player" kennt.

Schon einmal konnte Willhaben das Finale in "League of Legends" für sich entscheiden.
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Seit 2018 stehen Gamer beim bekannten Online-Marktplatz im Fokus. Neben der Gründung des ersten Firmen-gebrandeten E-Sport-Teams in Österreich, veranstaltet man regelmäßig Spenden-Events mit Gaming-Influencern und ist auch auf sozialen Medien in der Szene präsent. "E-Sport ist eine viel nischigere Form des Gamings, vor allem vor zwei Jahren, als wir angefangen haben. Dennoch sagte das Momentum und mein Bauchgefühl, dass wir uns hier probieren sollten", sagt Vosicky. Nach zwei Jahren ist man im Unternehmen sicher, dass es ein richtiger Schritt war, hier verstärkt aktiv zu werden. "Mittlerweile können wir sowohl in der Markenbekanntheit bei den Jungen, als auch bei den harten Kennzahlen der fokussierten Kategorien Games/Konsolen & Computer/Hardware deutliche Zuwächse beobachten."

Zielgruppe Gamer

Bevor man das Thema als Firma aufgreift, sollte man sich überlegen, ob man auch ein Produkt für die Zielgruppe verfügbar hat. Harfmann von A1: "Im Herbst 2017 haben wir ein Modem speziell für Gamer entworfen und den Claim ‘A1 – Das Internet der Gamer’ inklusive eigenem E-Sport-Spot eingeführt."

2020 läuft das Event für die meisten Teilnehmer online ab, wie auch schon die Vorberichterstattung.
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Auch beim zweiten großen Mobilfunker in Österreich, Magenta, ist man mittlerweile mit Produkten für Gamer auf dem Markt. Herbert Schöberl, SVP Digital Business Magenta: "Nachdem sich die Community eigene Internettarife speziell für Gamer gewünscht hat, sind wir diesem Wunsch nachgegangen, inklusive entsprechender Marketing-Kampagne." Ansonsten ist die Firma speziell durch ihr Branding auf der Vienna Challengers Arena, dem ebenfalls jedes Jahr wachsenden E-Sport-Ableger der Vienna Comic Con, vergangenes Jahr aufgefallen. Eine Werbefläche, die in diesem Jahr fehlt.

2020 ohne Events

Obwohl sämtliche Disziplinen im E-Sport, gut vergleichbar mit mehreren Motorsport-Klassen im "klassischen Sport", im Vergleich zu fast allen anderen Sportarten den Vorteil hat, digital ausgetragen zu werden, lebt die Szene auch lokal von Offline-Events. Egal ob Game City, das Beat'em-up-Turnier Viennality, die zahlreichen LAN-Partys speziell im Westen von Österreich oder die Red Bull pLANet one, an Events hat es in den vergangenen Jahren nicht gefehlt. A1 eröffnete letztes Jahr zudem eigene E-Sport-Hubs, Trainingscenter für die E-Sport-Community, aber auch diese stehen 2020 fast durchgehend leer.

Ein ebenfalls prominenter Vertreter der Event-Szene ist in den vergangenen Jahren die eBundesliga geworden, bei der Magenta als Sponsor sowie sämtliche Bundesliga-Vereine als Organisatoren involviert sind. Red Bull Salzburg war hier Vorreiter und hat schon vor einigen Jahren mit Andres Torres den ersten E-Sportler unter Vertrag genommen. Als Neuerung wurde dieses Jahr die eAcademy ins Leben gerufen, bei der 250 Teilnehmer im Alter von 16 bis 20 Jahren die 18 besten Spieler in FIFA ausgespielt haben. Aufgrund der Pandemie wurden alle Ausscheidungsspiele online abgewickelt, genau wie die eAcademy selbst, bei der den 18 Finalisten Social-Media-Workshops, ein Ernährungscoaching und eine Fitness-Einheit online präsentiert wurde. Trotz der Online-Abwicklung zeigt sich der Verein über das Feedback sehr zufrieden und will die eAcademy in Form von Twitch-Streams sogar monatlich weiterführen. Das Ziel ist die Förderung junger, ambitionierter Spieler.

Auch die eBundesliga hat schon einige Jahre auf dem Buckel und wächst weiter.
Foto: Bundesliga

Zukunftsaussichten

Wenn es um künftige Investitionen bzw. um das Engagement im E-Sport geht, sind sich alle Akteure einig. Es wird weitergemacht. "Jeder, der in den E-Sport investiert – sei es in Ligen, Teams, Events oder Content –, investiert gleichzeitig in die Zukunft seines Unternehmens," ist Harfmann von A1 überzeugt. Auch bei Willhaben steht man erst am Anfang, sagt Vosicky. "Wir haben nun zwei Jahre mit sehr überschaubarem Budget gearbeitet – da reden wir von einem niedrigen fünfstelligen Betrag im Jahr. Das ist, verglichen zum gesamten Marketing-Budget, nur ein sehr kleiner Teil. Aufgrund der letzten Erfolge werden im kommenden Jahr die Personalkosten und auch die damit verbundenen Kosten für die Bewerbung steigen. Der Multiplikator in der Reichweite rechtfertigt diese Investitionen aber schnell."

Vosicky weiter: "Ich glaube, E-Sport oder im gröberen Sinne Gamer sollten mittlerweile in jeder Marketingstrategie Platz finden. Wenn nicht, arbeitet man an einer der größten und kaufkräftigsten Zielgruppen des Landes vorbei." Ziel von Willhaben ist es in jedem Fall, mit dem eigenen Team in einer deutschsprachigen Liga Fuß zu fassen, zum Beispiel in der League of Legends Prime League Division 1. Noch mehr Professionalität, stärkere Konkurrenz und trotzdem im Schnitt 10-20 Prozent österreichische Zuseher sprechen bei Willhaben für diese ehrgeizigen Ziele.

Um nachhaltig zu wachsen, muss man die Pforten für Partner und Kooperationen öffnen. Magenta-Sprecher Schöberl: "Kooperationen sind im E-Sport sehr wichtig. Wir sprechen hier in Österreich noch immer von einer jungen Szene. Ein großes internationales Turnier oder eine mehrtägige Veranstaltung, ist meist ohne Partner oder Sponsoren schwer bis kaum machbar." Das Problem sei laut Schöberl vor allem die Tatsache, dass das Thema bei vielen Konzernen noch nicht angekommen sei, sodass sie kaum Geld in die Szene investieren wollen. "Hier braucht es sicherlich noch Aufklärungsarbeit darüber, dass Online-Gaming und E-Sport Zukunftsmärkte sind."

Partner bei der Vienna Challengers Arena war unter anderem "Monster".
Foto: VCA/Vienna Comic Con

Erfahrung habe man bei den genannten Firmen gesammelt, das heißt das nötige Wissen für sinnvolle Investments sei vorhanden. Jetzt braucht es nur noch Partner, die auf diesen Zug aufspringen wollen. A1 führt bei sämtlichen Promotions zur A1 Liga Firmen wie Huawei, McDonald's, Mercedes Benz oder Kelly’s auf. Zumindest finanziell scheint man sich so bereits Unterstützung gesichert zu haben.

Kein kurzfristiges Phänomen

Auch bei Magenta sieht man das Thema längerfristig. "In ziemlich jeder Abteilung sitzen bei uns Kolleginnen und Kollegen, die selbst zocken. Das ist mittlerweile, denke ich, in fast jedem Unternehmen so. Online-Gaming ist ein Lebensgefühl, das kann man nicht mehr wegdenken!" Der Wettbewerbsgedanke träfe vielleicht nur einen kleineren Teil der Community, aber als Firma würde man in jedem Fall weiter an das Thema E-Sport glauben.

Die gut vernetzte Szene und die meist aufopfernde Arbeit nach Dienstschluss hat für ein Gemeinschaftsgefühl in den letzten Jahren gesorgt, bei dem neue Firmen mit offenen Armen empfangen werden. Aufgrund der unterschiedlichen Schwerpunkte kommt man sich auch selten in die Quere und kann gemeinsam, nicht gezwungenermaßen mit großen Investments, wachsen. Die Szene freut es, fehlt es doch in erster Linie an Ressourcen, um noch mehr Zeit in den Aufbau von Teams und Strategien zu stecken.

Was der Szene noch immer fehlt, ist weitere Professionalisierung.
Foto: A1

Was es laut allen Firmen ebenfalls braucht, ist weiterhin bessere Öffentlichkeitsarbeit. Harfmann: "Der E-Sport muss noch mehr in der breiten Gesellschaft ankommen. Es braucht laufende Berichterstattung, denn E-Sport ist viel mehr als nur ein Hobby für viele junge Menschen. E-Sport ist spannend, emotional und am Puls der Zeit – es ist der digitale Sport einer digitalen Ära." Schöberl ergänzt: "Wir reden hier von keinem kurzfristigen Phänomen. Das Thema ist in Österreich angekommen und hat hier in den letzten Jahren eine starke, sehr gut vernetzte Szene geschaffen. Wie schon angesprochen war und ist Aufklärungsarbeit für Unternehmen sehr wichtig. Denn die Entscheidungsträger haben oft selber nichts mit E-Sport und Gaming allgemein am Hut und brauchen Argumente dafür, wieso sie auf den Zug aufspringen sollten." (Alexander Amon, 28.11.2020)