Maximilian Hochmair leitet die pneumo-onkologische Ambulanz der Klinik Floridsdorf.

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Lungenkrebs kann in seltenen Fällen auch jüngere Patienten und Nichtraucher treffen.

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STANDARD: Wie alt war Ihr jüngster Lungenkrebspatient?

Maximilian Hochmair: Wir sehen junge Patienten. Der Jüngste war 22 Jahre alt, hatte eine seltene Translokation in einem Gen und hat nie geraucht.

STANDARD: Lag es nur an den Genen?

Hochmair: Bis zum 35. Lebensjahr sind meist genetische Mutationen die Ursache für Lungenkrebs, etwa die EGFR-Mutation bei 15 Prozent oder die ALK-Mutation bei vier Prozent aller Fälle. Seit 2009 gibt es Tyrosinkinase-Inhibitoren, mit denen wir gute Erfolge erzielen.

STANDARD: Was bedeutet gut?

Hochmair: Früher starben Lungenkrebspatienten oft nach sechs bis acht Monaten, mittlerweile haben wir bei manchen Patienten Überlebenszeiten von mehr als fünf Jahren. Unlängst war ein Patient bei mir, der seit 2009 in Behandlung ist.

STANDARD: Ab welchem Alter sehen Sie Karzinome, die durchs Rauchen verursacht wurden?

Hochmair: Ab dem 35. Lebensjahr. Es spielt eine Rolle, wie lange schon geraucht wird. Nach 20 bis 25 Jahren haben Lungen bei Rauchern schon sehr viel Toxine abbekommen. Besonders schädlich sind, das wissen wir, auch Wasserpfeifen.

STANDARD: Unterscheiden sich Karzinome von Nichtrauchern und Rauchern?

Hochmair: Ja. Die Karzinome von Lungenkrebspatienten, die nie geraucht haben, sind, was die Zellstruktur betrifft, eher einheitlich, jene von Rauchern weisen eine Vielzahl von unterschiedlichen Mutationen auf. Solche Patienten sprechen sehr gut auf die Immuntherapie an.

STANDARD: Sind Karzinome von Rauchern besser behandelbar?

Hochmair: Tendenziell ja. Allerdings wäre es falsch, diesen Umstand als Vorwand zum Weiterrauchen zu interpretieren. Bei einem Drittel der Patienten im fortgeschrittenen Stadium schaffen wir es, das Überleben über die Fünfjahresgrenze zu verlängern.

STANDARD: Apropos: Welche anderen Therapie-Optionen gibt es?

Hochmair: Abgesehen von der Operation und der Strahlentherapie steht die medikamentöse Behandlung auf drei Säulen. Neben der Immuntherapie gibt es die Tyrosinkinase-Hemmer und die Chemotherapie.

STANDARD: Was ist für wen?

Hochmair: Wir typisieren die Tumoren und wählen entsprechend den genetischen Merkmalen eine individuell abgestimmte Therapie aus.

STANDARD: Sind die Tumoren von jüngeren Patienten aggressiver?

Hochmair: Tendenziell vielleicht schon, allerdings ist das Alter allein kein Prognosefaktor für den Erfolg einer Behandlung. Viel stärker ins Gewicht fallen die genetischen Merkmale und die Gesamtkonstitution eines Menschen. Das biologische Alter und das tatsächliche Alter können auseinanderklaffen. (Karin Pollack, 2.12.2020)