Wie so oft hat eine repressive Politik wenig mit dem Leben der Menschen zu tun – und dann doch zu viel. Ginge es nach iranischem Gesetz, dürfte es das neue Album der israelischen Schauspielerin und Sängerin Liraz Charhi gar nicht geben. Dieses heißt Zan, ist auf dem deutschen Label Glitterbeat erschienen und entstand in Zusammenarbeit mit Musikerinnen und Sängerinnen aus dem Iran, wo es verboten ist, Kontakte mit Israelis zu pflegen. Um diese mutigen Frauen vor Repressionen zu schützen, nennt das Album sie nicht mit ihren richtigen Namen.

Ginge es nach iranischem Gesetz, dürfte es das neue Album der israelischen Schauspielerin und Sängerin Liraz Charhi gar nicht geben.
Foto: Imago

Liraz Charhi wurde 1978 im israelischen Ramla geboren. Ihr Vater wanderte 1964 aus dem Iran nach Israel aus, ihre Mutter zog sechs Jahre später nach. Sosehr sie sich bemühten, Israelis zu sein, in der Sprache, der Küche und der Kultur blieben sie ihren Wurzeln treu. Oft fühlte sich Charhi deshalb zerrissen, schließlich sind die Länder auf politischer Ebene Todfeinde.

Erleuchtung in Hollywood

Filmangebote in Los Angeles öffneten Charhi die Augen. Dort traf sie Exil-Iraner, die ihre persische Kultur mit großer Offenheit lebten. In Hollywood hat sie 2010 in Fair Game mit Naomi Watts und Sean Penn mitgespielt, zwei Jahre später war sie neben Philip Seymour Hoffman in Saiten des Lebens zu sehen.

Das war gut für ihre Karriere, privat war wichtiger, dass sie in Plattenläden an der Westküste alten persischen Pop aus den 1970ern erstand. Ausgerechnet im für seine Stereotype bezüglich Arabern oder Persern berüchtigten Hollywood hat sie zu ihren persischen Wurzeln gefunden.

GlitterbeatTV

In ihr keimte die Idee, auf Farsi zu singen und so ihre beiden Identitäten zusammenzuführen. Gedacht, getan. Das blieb im Iran nicht unbemerkt, bald wurden ihr Videos zugespielt, die Frauen zeigten, die zur Musik der zweifachen Mutter auf Partys tanzten – alles schwer verboten. Doch für Iraner war es eine Sensation, dass eine Israeli auf Farsi sang.

Angst vor Spitzeln

Über das Netz entstanden Kontakte mit iranischen Musikerinnen; viele brachen wieder ab, weil die Angst zu groß wurde, von Spitzeln entdeckt zu werden. Das Projekt wurde dennoch verwirklicht und gilt als mutiges kulturelles Statement, in dem einfache Menschen einer versteinerten Politik die Stirn bieten – noch dazu Frauen! "Zan" bedeutet Frau auf Farsi und wird religiösen Eiferern schon deshalb den Blutdruck erhöhen – und dann erst der gottlose Elektro-Pop aus dem Westen!

Liraz Charhi träumt derweil davon, einmal im Iran auftreten zu können – mit ihren Verbündeten. (Karl Fluch, 27.11.2020)