Die äthiopische Armee hatte unlängst den Sturm auf die Stadt angekündigt.

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Addis Abeba / Nairobi – Das äthiopische Militär hat nach eigenen Angaben die Kontrolle über Mekelle, die Hauptstadt der aufständischen Region Tigray, übernommen. Entsprechend äußerte sich Militärstabschef Birhanu Jula am Samstagabend auf dem Facebook-Kanal der Streitkräfte. Ministerpräsident Abiy Ahmed bestätigte via Facebook, die Soldaten seien nun in Mekelle, einer Stadt mit rund 500.000 Einwohnern.

Die Zentralregierung habe nun volle Kontrolle über die Stadt, teilte Abiy mit. Der Flughafen und andere wichtige Orte seien eingenommen worden. Zudem seien tausende Soldaten befreit worden, die die Tigray-Volksbefreiungsfront (TPLF) gefangen genommen hatte. Die Offensive sei damit beendet. Aus Tigray hieß es hingegen, man werde weiterhin kämpfen.

Unterdessen ist Eritreas Hauptstadt Asmara erneut Ziel eines Raketenangriffs aus Tigray geworden. Wie die Nachrichtenagentur AFP am Sonntag von Diplomaten erfuhr, schlugen am Samstagabend mehrere Raketen in Asmara ein. Die US-Botschaft in Asmara erklärte, die Stadt sei am Abend von sechs Explosionen erschüttert worden.

"Schwerer Beschuss"

Zuvor hatte Tigrays Regionalpräsident Debretsion Gebremichael über die Offensive auf die Regionalhauptstadt Mekelle berichtet. Die Stadt stehe unter schwerem Beschuss, hatte Gebremichael von der in Tigray regierenden TPLF am Samstag in einer SMS an die Nachrichtenagentur Reuters geschrieben. Eine Sprecherin von Äthiopiens Ministerpräsident Ahmed erklärte, zivile Ziele in Mekelle würden nicht bombardiert. Die Sicherheit von Äthiopiern in Mekelle und der Region Tigray habe Vorrang.

Zuvor hatte Abiy die "finale Phase" der seit 4. November dauernden Offensive gegen Tigray angekündigt. Ein der TPLF am Sonntag vergangener Woche gestelltes 72-stündiges Ultimatum zur Kapitulation war bereits abgelaufen. Gebremichael warf zudem dem benachbarten Eritrea vor, Flüchtlingslager in Tigray nach aus Eritrea Geflohenen zu durchsuchen.

Eine unabhängige Überprüfung der Angaben beider Seiten des Konflikts ist nicht möglich, da die Telefon- und Internetverbindungen in Tigray unterbrochen sind und der Zugang in die im Norden gelegene Region strikt überwacht wird.

Uno bittet um Hilfe für geflohene Äthiopier

Die Vereinten Nationen haben zu dringenden Spenden für die wegen des Tigray-Konflikts in den Sudan geflüchteten Äthiopier aufgerufen. Um die zehntausenden Flüchtlinge zu versorgen, brauche der Sudan umgerechnet 125 Millionen Euro, sagte Uno-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi beim Besuch eines der notdürftig eingerichteten Lager. Dieses Geld werde gebraucht, um zumindest für sechs Monate die Geflüchteten aus dem Nachbarland zu versorgen. (APA, 28.11.2020)