Wenn auf einer Packung "Salzburger Milch" steht, aber die Milch von anderswo kommt, könnte eine Ursprungsangabe verlangt werden.

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Die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln ist ein für viele Verbraucher wichtiges Thema. 2011 wurden von der EU die unüberschaubaren Kennzeichnungsvorschriften in der einheitlichen EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) zusammengefasst. Sie sieht vor, dass das Ursprungsland bzw. der Herkunftsort eines Lebensmittels immer dann anzugeben ist, wenn sonst der Eindruck erweckt werden könnte, dass das Lebensmittel aus einer anderen Gegend stammt.

Spezialvorschriften für "besondere" Lebensmittel wie Gemüse, Rindfleisch und Olivenöl sowie zum Schutz von garantiert traditionellen Spezialitäten, geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen blieben unberührt. Daneben ermöglicht es die LMIV den Mitgliedsstaaten, zusätzliche Kennzeichnungsvorschriften zu erlassen.

Allerdings hat der Europäische Gerichtshof nun solche nationalen Maßnahmen stark eingeschränkt. Anlass war ein französisches Dekret, wonach auf dem Etikett von Milch und Milchprodukten verpflichtend der Ursprung der Milch angegeben werden musste. Der Molkereiriese Lactalis klagte auf Nichtigkeit, und der französische Staatsrat legte die Frage dem EuGH vor.

Dieser stellte klar, dass die verpflichtende Angabe des Herkunftsorts nur zulässig ist, wenn eine Verbindung zwischen Qualitäten des Lebensmittels und dem Ursprung besteht und der Mitgliedsstaat nachweisen kann, dass für die meisten Verbraucher diese Informationen wichtig sind.

Ansonsten ist eine derartige Angabe nur verpflichtend, wenn es ohne sie zur Irreführung von Verbrauchern käme (EuGH 1. 10. 2020, C-485/18 – Lactalis). Anders gesagt: Die Milch aus Frankreich müsste nachweisbar besser sein, weil sie von dort kommt, und dies müsste für Konsumenten wichtig sein.

Milch aus Salzburg?

So könnte Österreich eine Ursprungsangabe etwa verlangen, wenn auf einer Packung "Salzburger Milch" steht, aber die Milch von anderswo kommt; oder bei geschützten Ursprungsbezeichnungen oder garantiert traditionellen Spezialitäten wie Heumilch. Eine allgemeine Verpflichtung zur Ursprungskennzeichnung von Agrarprodukten ist laut LMIV hingegen nicht zulässig.

Man kann darüber streiten, ob die EU-Verordnung ihrem Ziel gerecht wird sicherzustellen, dass Verbraucher "in Bezug auf die Lebensmittel, die sie verzehren, in geeigneter Weise informiert werden". Nationale Maßnahmen mögen zwar den freien Warenverkehr beeinträchtigen, aber niemand hindert die Kommission daran, neue Vorschläge für eine bessere Information über die Herkunft von Lebensmitteln zu machen. Immer mehr Verbraucher bevorzugen nationale oder lokale Erzeugnisse.

Die Herkunft aus einem bestimmten Land sagt zwar nicht unbedingt etwas über die Qualität des Produkts aus, aber bei Agrarprodukten lässt sich daran erkennen, welche Entfernung sie vom Ursprungsort aus zurückgelegt haben. Allerdings hat ein Vorarlberger Bergkäse nach Wien einen weiteren Weg als ein Oštiepok aus der Westslowakei. (Rainer Herzig, 30.11.2020)