Der frühere Kunststaatssekretär und SPÖ-Abgeordnete Peter Wittmann war lang Tojners Anwalt und Berater.

Foto: APA/Schlager

Wien – Die Ermittlungen in der Causa Tojner rund um die ehedem gemeinnnützigen Wohnbaugenossenschaften Gesfö, Riedenhof und Pannonia (früher: Buntes Wohnen) bringen immer wieder interessante Verbindungen zu Tage. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft Unternehmer Michael Tojner und weiteren 36 Beschuldigten u.a. schweren gewerbsmäßigen Betrug vor. Tojner weist das zurück, er sagt kurz zusammengefasst, die bei den lukrativen Immobiliendeals involvierten Gesellschaften seien nicht seine gewesen. Er habe nur "wirtschaftliches Interesse" gehabt.

Crux Eislaufverein

Das freilich war ausgeprägt; Tojner beschäftigte Anwälte, Berater, Lobbyisten. Einer davon war Rechtsanwalt Peter Wittmann, einst Wiener Neustädter Bürgermeister, Kunststaatssekretär (1997 bis 2000) und danach bis 2019 SPÖ-Nationalratsabgeordneter. Er saß bis 2011 im Aufsichtsrat von Buntes Wohnen; diese Genossenschaft hat 2008 die Liegenschaft Heumarkt 4 gekauft. Sie ist längst berühmt: Es geht ums Areal, auf dem der Wiener Eislaufverein (WEV) beheimatet ist, das inzwischen Tojner gehört und auf dem er sein umstrittenes Bauprojekt umsetzen möchte.

Aus einer Zeugenaussage Wittmanns erschließt sich, dass er damals eigentlich gegen den Kauf dieser Liegenschaft war, weil die wirtschaftliche Lage von Buntes Wohnen "nicht gut" gewesen sei. Wegen des "relativ günstigen" Kaufpreises habe Buntes Wohnen die Immobilie dann aber doch gekauft, er selbst habe immer für den Weiterverkauf plädiert. Als er Anfang 2011 aus dem Aufsichtsrat ausschied, sei denn auch Thema gewesen, das Areal wieder zu verkaufen.

Ob Tojner (der mit Buntes Wohnen ja gesellschaftsrechtlich nichts zu tun hatte) damals Einfluss nahm? "Nein", sagte Wittmann zur WKStA, "mir gegenüber nicht". Dem STANDARD erklärte er, er habe damals "nicht viel" mit Tojner zu tun gehabt.

Termine mit dem Stadtrat

Dessen Aktenvermerke und Mails aus dieser Zeit lassen aber auf hohes Interesse schließen. In einem an Wittmann adressierten Aktenvermerk von 2. Oktober 2009 hielt Tojner ein Gespräch vom Vortag fest: "Sie erhalten ein jährliches Pauschalhonorar von 25.000 Euro für Lobbying-Arbeit und Aufsichtsratstätigkeit bei Buntes Wohnen". Die Honorarnote werde er an die Gesellschaft Metropolis stellen, "für Beratung Akquisition Austria Tabak (hat die Riedenhof verkauft; Anm.)". Zudem solle sich Wittmann "überlegen, wie es mit dem ,Ehrenkreuz‘ ist." Und: "Wir planen Lobbying-Arbeit für den WEV und Buntes Wohnen bzw. Riedenhof bei Michael Ludwig", Wittmann werde beim Wiener Wohnbaustadtrat einen Termin wahrnehmen.

Wittmann bestätigte das vor den Ermittlern, aber daran, dass das Honorar auch für seine Aufsichtsratstätigkeit war, erinnere er sich nicht. Ein Mal habe er wegen der "Problematik des WEV" bei der Gemeinde Wien, im Büro Ludwig interveniert. Was bei demTermin zu tun sei, hatte Tojner Wittmann zuvor gemailt: "Wichtig sind eine Stimmungsmache und (der) Eislaufverein". Und warum hat Wittmann seine Honoranote an die Metropolis gelegt, die u.a. Tojner gehörte? Er habe damals nicht gewusst, wer Eigentümer war.

Vom Ehrenkreuz ...

Dem STANDARD erklärt Wittmann seine Rolle so: Er habe als Rechtsanwalt Vermittlungsleistungen für Tojner erbracht. Dass ihn der intern einmal "unseren ,Geheimmann‘" nannte, kann er sich nicht erklären: "Ich bin überall aufgeschienen, da war nichts geheim." Das sagt auch Tojner so. Der – Stichwort Ehrenkreuz – übrigens beteuert, nie ein Ehrenkreuz gewollt zu haben und "ich habe auch keines".

Die Frage des STANDARD, ob Wittmann den Unternehmer vielleicht für eine derartige Auszeichnung vorschlagen sollte, beantwortet der so: "Ich habe mehrere Leute vorgeschlagen, ob auch Tojner, das weiß ich nicht mehr." Tojners Unternehmergeschichte sei jedenfalls eine der erfolgreichsten in Österreich, meint der Rechtsanwalt, der laut seiner Darstellung seit seinem Ausstieg aus Buntes Wohnen (2011) nur noch einmal für Tojner gearbeitet hat.

Als Zeuge sagte er am 5. Oktober zum Thema Ehrenkreuz so aus: "Ich habe es meiner Erinnerung zwar beantragt, es wurde jedoch nie verliehen."

... zur Bootslizenz

"Geheimmann", oder kein "Geheimmann": Ein Mann für viele Fälle war Wittmann jedenfalls. 2007 bat ihn Tojner, dessen Frau am Traunsee ein Hotel hat, um Intervention für eine Bootslizenz. Er werde eine Wasserskischule eröffnen und habe bei Landeshauptmann-Vize Erich Haider (SPÖ;Anm.) um die Wasserskibootlizenz angefragt. Wittmann als Bundesvorsitzender der Bundessportorganisation (BSO) möge "ein Unterstützungsschreiben an Haider schicken oder ihn anrufen, damit er uns diese Lizenz erteilt. Eine kleine Prämie werde ich mir natürlich auch dafür einfallen lassen".

Alles eh nicht geschehen, beruhigt Tojner: Das Land habe die Lizenz ohnehin erteilt. Wittmann kann sich daran gar nicht erinnern ("Ist mir völlig neu"), zudem hätte er da auch gar nichts gemacht, wie er sagt. Nicht zuletzt habe die BSO mit derlei Angelegenheiten überhaupt nichts zu tun.

Genossenschaften ausgeräumt?

Zur Erinnerung: Das Strafverfahren vor der WKStA wurde durch eine Strafanzeige des Burgenlands ausgelöst. Das kam so: Im Rahmen der Aberkennung der Gemeinnützigkeit der von Wien nach Oberösterreich und dann ins Burgenland übersiedelten Genossenschaften stand dem Land (wegen der Förderungen) eine Abschlagszahlung zu, die bemisst sich an der Bewertung der Liegenschaften. Und genau dabei fühlt sich das Land betrogen, die Bewertungen sein zu niedrig gewesen, man habe daher zu wenig Geld bekommen.

Nach der Aberkennung der Gemeinnützigkeit konnten die Eigentümer dann über die Liegenschaften frei verfügen, viele wurden mit Gewinn versilbert. Davon hätten Tojner bzw. ihm zuzurechnende Gesellschaften profitiert, lautet der Vorwurf, den der Unternehmer zurückweist. (Renate Graber, 30.11.2020)