Speisen zum Mitnehmen – aber warum ist das Buch zum Abholen tabu?

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Was unterscheidet einen Burger von einem Buch? Der Burger darf trotz des Lockdowns persönlich beim Wirt abgeholt werden. Das Buch hingegen ist tabu. Wer seinetwegen die eigenen vier Wände verlässt, riskiert empfindliche Strafen. Offenbar machen Coronaviren um Menschen, die vor Fastfood-Lokalen Schlange stehen, einen weiten Bogen, während es jene, die in Holzklappen nach Literatur greifen, hinterrücks überfällt.

Click & Collect heißt das Zauberwort, mit dem viele Händler dem Stillstand gern ein wenig entrinnen würden, um ihr Geschäft nicht gänzlich an den Onlineriesen Amazon zu verlieren. Allein es ist verboten. Klar dienen Bücher nicht per se der Daseinsvorsorge. Pizzaschnitten und Kebab allerdings auch nicht. Wer Appetit darauf hat, kann sie im Supermarkt kaufen oder lässt sie sich nach Hause liefern.

Gastronomie und Handel gehören nicht in einen Topf. Die unterschiedlichen Spielregeln, die derzeit für sie gelten, sind dennoch hanebüchen. Im Handel sei nicht nachvollziehbar, ob Kunden nur Ware abholen, die sie zuvor bestellt haben, argumentiert die Regierung. Bestellbestätigungen und Abholscheine könnten diese Zweifel rasch zerstreuen. Unkontrolliertes Getümmel vor Geschäften soll vermieden werden, betont der Gesetzgeber. Doch gerade Abholservice macht Handel besser steuerbar und entzerrt Gedränge, das vor Weihnachten droht.

Verschieden gewichtete staatliche Hilfspakete befeuern Neiddebatten. Allen recht machen kann und wird es die Politik in dieser Krise nie. Rund um Gastronomen und Händlern fehlt vielfach jedoch gesundes Augenmaß.

Buchhandlungen sind in vielen Ländern als "Apotheken für die Seele" von der Schließung des Handels ausgenommen. Österreichs Regierung ist das Schnitzel vom Wirt offenbar mehr wert. (Verena Kainrath, 30.11.2020)