Plötzlich wieder hauptberuflich Hausfrau, Mutter – und Lehrerin: Durch beide Lockdowns setzte ein massiver Rückzug der Frauen ins Private ein.

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Auf Twitter kursierte vor kurzem ein PR-Foto der Wirtschaftskammer Niederösterreich, unter dem Titel "Wirtschaft gut aufgestellt". Aufgestellt fürs Foto waren dann sechs Männer. Im Jahr 2020. Findet jemand den Fehler? Offenbar nicht in der Kammervertretung der niederösterreichischen Wirtschaftstreibenden.

Das ist nur ein Einzelfall, mag man einwenden. Solch genderspezifische Vorgestrigkeit richtet sich von selbst, kann man sagen. Es ist nicht wichtig, wenn ein paar Dinosaurier wieder ihr Haupt heben, will man rufen, es zählt doch der Fortschritt in Gleichstellungsfragen insgesamt. Genau deshalb sind solche Bilder eben nicht egal. Denn der Fortschritt hat vor acht Monaten eine Vollbremsung hingelegt. Mit dem ersten Lockdown in der Corona-Pandemie begann es, und nun pflanzt es sich bis zum zweiten Lockdown und weiter fort: Ein massiver Rückzug der Frauen ins Private setzte ein. Plötzlich war frau wieder hauptberuflich Hausfrau, Mutter – und zusätzlich noch Lehrerin. Glücklich all jene, die dazu noch Homeoffice machen durften oder sogar als "Schlüsselkräfte" in Krankenhaus, Pflegebereich und Handel weiter außer Haus tätig waren. Denn immerhin haben sie ihren Job behalten – was vielen anderen Frauen nicht gelang.

Hier rächt sich die hohe Teilzeitbeschäftigungsrate der Frauen in Österreich. Steckt die Wirtschaft in einer tiefen Krise – wer verliert wohl zuerst seinen Job? Wer seine Arbeit bereits verloren hat, hat auch keinen Anspruch mehr auf Notbetreuung, wenn der Kindergarten zusperrt. Ohne garantierte Kinderbetreuung wird’s noch schwerer, einen neuen Job zu finden. So entsteht ein Teufelskreis, von dem Leserinnen dem STANDARD berichteten. Zusätzlich litten Frauen in der Corona-Krise auch finanziell unter der Kurzarbeit ihrer Partner – nachzulesen in diversen Studien und Untersuchungen.

Sonderbetreuungszeit als Farce

Dazu kamen Nebeneffekte wie ein erhöhtes Gesundheitsrisiko durch verschobene Untersuchungen und geschlossene Facharztordinationen sowie Enttäuschungen finanzieller Natur. Wo blieb etwa die Anerkennung für all jene Handelsangestellten, die trotz erhöhten Gesundheitsrisikos immer noch an vorderster Front Kunden betreuen? Versprochen war’s. Umgesetzt wurde es nur teilweise. Stattdessen fordert die Wirtschaftskammer (die im Bund, nicht die in Niederösterreich) die Sonntagsöffnung für den Handel in der Vorweihnachtszeit. Schon wieder schwierig für Frauen, schon wieder ein Nachteil, wenn sie da, etwa aus Betreuungsgründen, als Alleinerziehende nicht mittun können.

Die Sonderbetreuungszeit für Eltern erweist sich als Farce – wann soll das schlagend werden, wenn die Schulen in der Theorie eh immer offen sind?

Dazu gesellen sich atmosphärische "Kleinigkeiten": Männer bilden das Corona-Quartett der Regierung, hauptsächlich Männer sagen ihnen, was Expertenmeinung ist. Männer äußern sich besorgt zur wirtschaftlichen Lage und so weiter.

Die Frauen in der Regierung? Nun, die ÖVP-Frauen- und die ÖVP-Arbeitsministerin würden gerne wissen, warum Frauen abtreiben. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat börsennotierten Unternehmen in dieser Woche eine verbindliche Frauenquote verordnet. Die ÖVP-Wirtschaftsministerin war zu diesem Thema bis dato für den STANDARD nicht zu sprechen.

Findet jemand den Fehler? (Petra Stuiber, 30.11.2020)