Da war ihre Schnöselwelt scheinbar noch in Ordnung: Hugh Grant und Nicole Kidman als Ehepaar Fraser.

Foto: HBO, Sky

Künstlerin Elena während einer Charity-Veranstaltung.

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Grace Fraser (Nicole Kidman) in den Straßen von New York.

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Psychotherapeutin Grace hat für ihre Klientinnen und Klienten stets einen guten Ratschlag parat. Einer Patientin rät sie, sich die Männer ganz genau anzuschauen, bevor sie sich auf sie einlässt. Sich an diese alte Binsenwahrheit zu halten, wäre auch für Grace ganz hilfreich gewesen.

In der sechsteiligen HBO-Miniserie "The Undoing" (ab Montag in wöchentlichen Doppelfolgen auf Sky) spielt Nicole Kidman die erfolgreiche, schöne, eloquente Psychotherapeutin Grace. Gemeinsam mit ihrem ebenso erfolgreichen, schönen, charmanten Mann, dem Kinderonkologen Jonathan (Hugh Grant), und dem netten, gescheiten, gut erzogenen, Geige spielenden Sohn Henry (Noah Jupe) lebt Grace in einem noblen Haus an der Upper East Side in New York. Ein klassisches Bilderbuchleben, in dem die größten Probleme die Fragen sind, ob ein Hund angeschafft werden soll oder wer das Frühstückgeschirr wegräumt.

Und weil sie und ihre Familie auf die Butterseite des Lebens gefallen sind, sammelt man gemeinsam mit den Upper-East-Side-Freunden Geld für all jene, die es nicht so gut erwischt haben. Zum Beispiel für die Künstlerin Elena (Matilda De Angelis), deren Sohn Miquel aber dank eines Stipendiums in die noble Privatschule darf und die sich trotz weniger, kurzer Begegnungen mit ihrer unkonventionellen, direkten Art recht intensiv in das Leben von Grace einschleicht.

Wie tickt Jonathan?

Aber schon bald ist es es vorbei mit dem scheinbar makellosen Familienleben der Frasers. Elena wird in ihrem Atelier grausam ermordet, einer der Verdächtigten ist Jonathan. Wie sich herausstellt, hatte er seit längerem eine Affäre mit Elena. Und dass er nach dem Mord an Elena spurlos verschwunden ist, beruhigt weder Polizei noch seine Frau. Immer mehr Ungereimtheiten rund um Jonathan lassen Grace an ihrem Urteilsvermögen zweifeln. Wer ist der Mann, mit dem sie ihr bisheriges Leben verbracht hat? Wie konnte sie sich so in ihm täuschen? Oder stimmen seine Beteuerungen, nichts mit dem Mord zu tun zu haben?

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Immer wieder sehen wir Nicole Kidmans altersloses Gesicht in Großaufnahme, hin- und hergerissen zwischen (Selbst)-Zweifeln und der Entschlossenheit einer Mutter, die ihren Sohn vor dem Vater und generell allem Bösen schützen will. Und immer wieder sehen wir den fesch gealterten Hugh Grant mit seinem schiefen Romcom-Lächeln, der – zumindest, was den Mord an Elena angeht – seine Unschuld beteuert.

Die HBO-Serie basiert auf dem Roman "Du hättest es wissen können" von Autor Jean Hanff Korelitz, "Big Little Lies"-Macher David E. Kelley schrieb das Drehbuch, Susanne Bier ("Things We Lost In The Fire", "Birdbox") führte Regie. Wie "Big Little Lies" kratzt auch "The Undoing" an der Fassade der scheinbar makellosen amerikanischen Oberschicht, die es gewohnt ist, mit Geld alles zu regeln und Ungereimtheiten aus dem Weg zu räumen.

Donald Sutherland als steinreicher Papa

So macht etwa Donald Sutherland als steinreicher Papa von Grace seine Kohle locker, zahlt die Kaution für Jonathan, heuert eine Staranwältin für seine Verteidigung an. Und das, obwohl er nie viel von seinem Schwiegersohn gehalten hat – und hofft, dass sich seine Tochter jetzt endlich von Jonathan trennt und sich und Henry von ihm fernhält. Der Papa wird's schon richten.

Jonathan ist nicht der Einzige, der verdächtigt wird, Elena ermordet zu haben. Und so entwickelt sich "The Undoing" nach einem spannenden Beginn zu einem zwar unterhaltsamen, aber eher konventionellen Whodunit-Krimi inklusive klassischer Gerichtsszenen. Man bleibt dran, will wissen, wer der Killer war. Aber einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen Kidman und Grant in "The Undoing" nicht, dafür bleibt zu vieles an der Oberfläche. (ae, 30.11.2020)