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Zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember ruft die Aidshilfe die Wichtigkeit von HIV-Tests in Erinnerung – weil Früherkennung zählt.

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Bei 430 Menschen in Österreich ist im Vorjahr HIV diagnostiziert worden. Heuer sind es österreichweit bisher erst 217 Personen. Grund zur Erleichterung ist das jedoch nicht. Die Aidshilfe befürchtet vielmehr, dass weniger Diagnosen gestellt werden. "Aufgrund der Einschränkungen des Lockdowns lassen sich weniger Menschen testen", sagt Florian Friedrich von der Aidshilfe Salzburg. Im ersten Lockdown im Frühjahr waren die freiwilligen Testungen auch ausgesetzt.

Jetzt im zweiten Lockdown ist die Aidshilfe geöffnet, und es wird weiter getestet. In Salzburg sei die Nachfrage überschaubar. Friedrich rechnet damit, dass es markant mehr Neudiagnosen geben werde, wenn die Leute wieder häufiger zum Test gehen. In Wien seien in der ersten Woche des Lockdowns wieder annähernd gleich viele Personen zu Tests vorbeigekommen.

Zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember weist die Aidshilfe erneut darauf hin, wie wichtig es ist, sich testen zu lassen. "Sehr viele Fälle werden spät diagnostiziert", warnt die Geschäftsführerin der Aidshilfe Wien, Andrea Brunner. In Österreich dauert es im Schnitt sieben Jahre bis zur Diagnose. "Je später die Diagnose erfolgt, desto schwieriger wird es mit der Therapie."

Kein höheres Risiko für gut eingestellte Patienten

Eine Therapie ist für HIV-Infizierte auch in der Corona-Pandemie lebenswichtig. "Fast alle wissenschaftlichen Studien und Untersuchungen seit der ersten Corona-Welle zeigen, dass HIV-Patienten in einer ausreichenden antiviralen Therapie kein erhöhtes Corona-Infektionsrisiko tragen", sagt Sebastian Huber, niedergelassene Facharzt für Innere Medizin und zweiter Landtagspräsident (Neos) in Salzburg.

Huber appelliert an Betroffene, sich nicht aus Angst einzubunkern, sondern auch in Corona-Zeiten die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen wahrzunehmen, denn: "Sie müssen gut eingestellt sein, sprich ihre Medikamente verlässlich einnehmen, um eine ausreichende Anzahl an T-Helferzellen zu haben." Eine nicht diagnostizierte und damit unbehandelte HIV-Infektion könne hingegen das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs von Covid-19 erhöhen.

Mögliche Quarantäne bei Medikation mitdenken

Im ersten Lockdown seien für HIV-Patienten viele Routinetests nicht durchgeführt worden, sagt der Wiener Allgemeinmediziner Horst Schalk. Im zweiten Lockdown würden Behandlungen mit Terminen und die Medikamentenversorgung wieder normal laufen. "Kein Patient muss Angst haben, dass die Behandlung schlechter läuft in der Corona-Zeit", betont Schalk.

Internist Huber ergänzt: "Die Möglichkeit einer Quarantäne sollte mitbedacht werden. Ich empfehle hier HIV-Patienten, sich mit einem zusätzlichen Vorrat an antiretroviralen Medikamente einzudecken." Hier habe sich auch die E-Rezepte sehr bewährt, bei der die Patienten die Medikamente ohne Praxisbesuch in der Apotheke abholen können, sagen die beiden Ärzte.

Angst vor Stigma bleibt

Aus medizinischer Sicht sei die Entwicklung von HIV eine Erfolgsgeschichte, betont Birgit Leichsenring von der Aidshilfe Wien. "Von einer tödlichen hin zu einer chronischen Krankheit, die gut behandelbar ist." Beim gesellschaftlichen Umgang mit den Menschen, die mit HIV leben, sei es leider nicht im gleichen Maße vorwärtsgegangen. Dass gut behandelte HIV-positive Menschen für andere Personen keine Gefahr oder Risiko darstellen, sei vielen immer noch nicht bewusst. "Gut behandelte Patienten sind nicht infektiös", betont der Arzt Horst Schalk.

"Die Angst vor dem Stigma ist größer als die Angst vor der Erkrankung selbst", sagt der klinische Psychologe David Mayrhofer, der HIV-Patienten betreut. Corona habe auch Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Sie hätten häufiger psychische Erkrankungen wie Angst oder Depressionen und seien so auch stärker betroffen. "Denen geht es deutlich schlechter", sagt Mayrhofer. Patienten, die eigentlich die Behandlung bereits abgeschlossen hatten, seien für präventive Gespräche nun in der Corona-Krise wiedergekommen.

Das bestätigt auch Uwe Plamberger, der mit einer HIV-Infektion lebt. Im ersten Lockdown habe ihn die Familie ins Salzkammergut geholt, nun im zweiten Lockdown sei er jedoch alleine zu Hause. "Ich sehe, dass ich ängstlicher bin. Ich achte auf der Straße darauf, dass der Abstand drei Meter ist", erzählt Plamberger. Und das, obwohl er weiß, dass die Gefahr, an Corona zu erkranken, für ihn nicht erhöht ist. (Stefanie Ruep, 1.12.2020)