Gut 150.000 Menschen sind inzwischen langzeitbeschäftungslos.

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Restaurants und Hotels sind geschlossen. Der Handel hat größtenteils ebenso zugesperrt, Friseure und andere Dienstleister können nicht arbeiten. Der zunächst weiche und dann harte Lockdown hat Österreichs Wirtschaft im November erneut teilweise stillgelegt. Eine der größten Fragen dabei lautet: Wie schlägt die Pandemiebekämpfung auf den Arbeitsmarkt durch? Darauf gibt es nun erste Antworten.

Am Dienstag hat das AMS die neuesten Arbeitslosenstatistiken präsentiert. Die Zahl der Jobsuchenden ist demnach gestiegen, aber im Vergleich zum ersten Lockdown in völlig anderer Dimension. Insgesamt haben im November 32.500 Menschen den Job verloren. Im November steigt die Arbeitslosigkeit saisonal bedingt immer an, auch in guten Jahren. Berücksichtigt man diese Entwicklung, auf Basis des Anstiegs vor einem Jahr, sind durch den Lockdown rund 20.000 Menschen zusätzlich arbeitslos geworden.

Der Lockdown spiegelt sich auch in der Kurzarbeit wider: Die Zahl der Menschen in Kurzarbeit ist im November auf 276.000 gestiegen. Auch das ist aber kein Vergleich mit der Entwicklung vom Frühjahr, als über eine Million Menschen in Kurzarbeit gemeldet waren. Der aktuelle Wert liegt sogar unter jenem vom September, als es keinen Lockdown gab.

Wie aber kommt das, wieso schlägt der Lockdown nicht stärker durch? Der Arbeitsmarktexperte Helmut Mahringer sieht eine Reihe von Gründen dafür. Im März kam mit dem Lockdown zugleich das abrupte Ende der Wintersaison. Während Saisonarbeiter in Hotels und Pensionen erst nach und nach ihre Jobs verlieren, geschah das damals auf einen Schlag. Aktuell steht die Saison erst am Beginn, der Effekt bleibt also aus, so Mahringer.

Ein zweiter Unterschied betrifft den Bausektor. Im Frühjahr stand der Bau einige Wochen still, diesmal darf und wird aber weitergearbeitet. Mahringer sagt, dass die Ausgestaltung der Staatshilfe eine Rolle spielt: Der Umsatzersatz für Gastro, Hotels und Handel ist an die Bedingung geknüpft, dass Unternehmer keine betrieblichen Kündigungen aussprechen. Flächendeckende Kontrollen sind nicht möglich, doch Unternehmer, die zuwiderhandeln, können ihre Förderung verlieren. Letzter Faktor, der diesmal dafür sorgt, dass alles etwas anders ist: Die Kurzarbeit ist etabliert, auch bei Dienstleistern wie Friseuren und im Handel.

So weit die guten Nachrichten, denn schlechte gibt es auch. Zunächst hat die Krise insgesamt natürlich deutliche Spuren hinterlassen. Aktuell sind 457.000 Menschen beim AMS gemeldet, das sind um 91.000 mehr als noch vor einem Jahr.

Und alles spricht dafür, dass 2021 für viele Menschen, die derzeit auf Jobsuche sind, extrem schwer werden wird, und zwar ganz unabhängig davon, ob im kommenden Jahr die Impfung für einen kräftigen Aufschwung sorgt.

Immer mehr Langzeit-Beschäftigungslose

Denn die Zahl der Langzeit-Beschäftigungslosen, also jener Menschen, die seit über einem Jahr beim AMS gemeldet sind, steigt wieder. Langzeitbeschäftigungslos werden vor allem ältere Menschen und Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen und Erkrankungen. Schon als Folge der Weltwirtschaftskrise wird dieses Problem größer. Zwischenzeitlich gab es eine Erholung, doch davon ist inzwischen nichts mehr zu sehen. 36 Prozent der Arbeitslosen sind Langzeitbetroffene, vor zehn Jahren waren es 20 Prozent.

Dieser Wert dürfte weiter steigen, warnt Mahringer mit Verweis auf den Tourismus. Aktuell sieht es so aus, dass die Hotellerie im Dezember geschlossen bleiben wird. "Absehbar ist, dass es im Wintertourismus nicht zur Aufnahme von Beschäftigung kommen wird wie in anderen Jahren. Weniger Arbeitslose werden eine Stelle finden. Das wird die Verfestigungstendenzen noch verstärken", so Mahringer.

Ohne Wintertourismus wird die Zahl der Arbeitslosen und der Menschen in Kurzarbeit wohl noch einmal zulegen. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sagte zuletzt, 750.000 Arbeitsplätze würden am Tourismus und an der Freizeitwirtschaft hängen. Das dürfte viel zu hoch gegriffen sein.

Wer im Wintertourismus arbeitet

Der Wifo-Ökonom Oliver Fritz hat sich angesehen, wie viele Jobs tatsächlich am Wintertourismus hängen. Ausgangspunkt der Berechnung war, dass in Österreich im Winter 70 Prozent der Nächtigungen im alpinen Raum stattfinden. Zudem muss berücksichtigt werden, dass ein Teil der Tourismusbeschäftigten ausschließlich oder auch im Sommer gebraucht wird. Berücksichtigt man das alles, sind laut Fritz etwas mehr als 100.000 Jobs vom Wintertourismus abhängig. Neben Jobs in Hotels und Restaurants sind dabei auch Nebengewerbe wie Bäcker, Supermärkte oder Wäschereien berücksichtigt. Nicht berücksichtigt sind Jobs, die an Investitionen im Tourismussektor hängen.

Fix ist also: Es geht um viel. (András Szigetvari, 1.12.2020)