Die Polizei hat den Fahrer festgenommen.

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Trier – Bei der Attacke mit einem Auto in Trier ist die Zahl der Toten am Abend auf fünf gestiegen. Der Lenker eines SUV hat am Dienstag in der Fußgängerzone Trier mehrere Menschen überfahren und fünf getötet, darunter ein neuneinhalb Wochen altes Baby. Das teilte die Polizei am Dienstagabend mit. 14 Menschen wurden teils schwer verletzt. Hinweise auf einen politischen Hintergrund lagen zunächst nicht vor.

Beamte hatten unmittelbar nach der Tat am Mittag einen 51 Jahre alten Deutschen aus dem Kreis Trier-Saarburg festgenommen und den Wagen sichergestellt. Der Fahrer des Wagens saß nach derzeitigem Ermittlungsstand allein im Fahrzeug. "Der Tatverdächtige ist in der Vergangenheit noch nicht polizeilich in Erscheinung getreten", teilte die Polizei mit.

Zu den Opfern zählen neben dem Baby eine 73 Jahre alte Frau, eine 25-Jährige, eine 52 Jahre alte Frau und ein 45 Jahre alter Mann aus Trier. Die Mutter des Babys liegt den Behördenangaben zufolge im Krankenhaus.Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich in einer Stellungnahme tief betroffen.

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Ermittlungen wegen Mordes

Die Staatsanwaltschaft nimmt nun Ermittlungen wegen vierfachen Mordes und Körperverletzung in mehreren Fällen auf, sagt der leitende Oberstaatsanwalt Peter Fritzen. Der 51-Jährige könnte psychisch krank sein. Es gebe Anhaltspunkte für ein psychiatrisches Krankheitsbild, deswegen werde demnächst ein psychiatrisches Gutachten erstellt bezüglich der Schuldfähigkeit. Der Fahrer sei überdies stark alkoholisiert gewesen, er habe 1,4 Promille gehabt. Der Mann sei früher noch nicht polizeilich in Erscheinung getreten und auch nicht vorbestraft.

Der Fahrer hat die vergangenen Tage nach Angaben der Polizei in einem Auto verbracht. Das Auto sei aber nicht auf den Fahrer zugelassen, der Halter hätte jedoch mit den Vorfällen am Dienstag nichts zu tun.

Mehrere Menschen erfasst

Der Fahrer sei mit einem SUV-Geländewagen rund einen Kilometer durch die Fußgängerzone gerast, teilte die Polizei bei einer improvisierten Pressekonferenz mit. Er habe dabei offenbar "wahllos" Menschen angefahren. Oberbürgermeister Leibe sprach im SWR von einem "Amokfahrer in der Innenstadt". Der Fahrer habe eine "offensichtlich hohe Geschwindigkeit" gehabt. Der Vorfall hat sich nahe der Porta Nigra ereignet. Das frühere römische Stadttor gilt als Wahrzeichen der Stadt Trier. Vier Minuten nach dem ersten Notruf habe die Polizei den Fahrer festgenommen.

Rund 300 Helfer von Feuerwehr, Rettungsdiensten und anderen Hilfsorganisationen waren im Einsatz. Dieser habe im Ablauf sehr gut funktioniert, die Opfer seien rasch versorgt worden, berichtete der Leiter der Berufsfeuerwehr Trier, Andreas Kirchartz. Die Kliniken in der Stadt hätten sofort auf Notfallbetrieb umgeschaltet, die Patienten hätten unmittelbar dorthin gebracht werden können. Lewentz sagte, dass außerdem rund 450 Polizisten im Einsatz waren.

Menschen zünden Kerzen an im Gedenken an die Opfer.
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Am Abend stellten Bürger Kerzen auf, an der Porta Nigra flackerten kleine Teelichter. Sichtbar erschüttert schilderten Augenzeugen, wie Menschen bei dem furchtbaren Zwischenfall durch die Luft geschleudert wurden. "Es ist unfassbar. Wir sind fassungslos", sagte eine Bewohnerin eines Hauses, das an die Fußgängerzone grenzt, durch die der Täter gefahren ist.

Dramatische Szenen

Der "Trierische Volksfreund" zitierte einen Augenzeugen, dem zufolge Menschen durch die Luft geflogen seien. Laut SWR berichteten Augenzeugen, dass der Fahrer absichtlich Menschen angefahren habe. Auch Geschäfte wurden beschädigt.

Ein Großaufgebot an Polizei und Rettungskräften war im Einsatz. Der ADAC schickte Rettungshubschrauber. Große Teile der Innenstadt waren abgesperrt. Die Polizei rief die Bevölkerung dazu auf, keine Bilder und Videos in sozialen Medien zu teilen – und kündigte eine Upload-Plattform an.

Das frühere römische Stadttor Porta Nigra gilt als Wahrzeichen der Stadt Trier und ist ein Tourismusmagnet.
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Bürgermeister: "Bild des Grauens"

Bürgermeister Leibe zeigte sich erschüttert: "Es bot sich ein Bild des Grauens. Es war einfach nur schrecklich." Er habe einen Kinderschuh auf der Straße liegen sehen. "Das Mädchen dazu ist tot", sagte er unter Tränen.

Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), zeigte sich entsetzt. Regierungssprecher Steffen Seibert ist auf Twitter erschüttert: "Die Gedanken sind bei den Angehörigen der Todesopfer, bei den zahlreichen Verletzten und bei allen, die in diesem Moment im Einsatz sind, um die Betroffenen zu versorgen."

Vorfall in Volkmarsen

Erst im Februar steuerte ein 29-Jähriger sein Auto in eine Zuschauermenge am Rande des Karnevalsumzugs in Volkmarsen (Hessen). Weit mehr als 100 Menschen wurden verletzt. Das Motiv der Tat ist nach wie vor unklar, der Lenker schweigt dazu beharrlich. (Reuters, red, APA, 1.12.2020)