Mit Abstand und Maske: Ab Montag dürfen wieder Ausstellungen besucht werden.

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Wien – Als die Museen vor vier Wochen ihre Pforten schließen mussten, war die Verärgerung groß. Regierungsintern durchaus umstritten, setzten sich am Ende jedoch jene Kräfte durch, die verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Offenhalten der Museen ins Treffen führten.

Ab kommendem Montag, dem 7. Dezember, dürfen die Museen (gemeinsam mit Bibliotheken, Buchhandlungen und Galerien) wieder öffnen, andere Kultureinrichtungen wie Theater und Kinos hingegen erst ab 7. Jänner – und man fragt sich, was sich in den letzten Wochen verfassungsrechtlich geändert hat.

Keine Freizeiteinrichtung mehr

Die Antwort liegt in der Tatsache begründet, dass Kulturbetriebe nicht mehr unter Freizeiteinrichtungen firmieren. Das, so heißt es aus Regierungskreisen, mache "es wesentlich einfacher, bei Lockerungen Ausnahmen zu machen als bei angeordneten Schließungen".

Bis zuletzt waren die meisten Museumsdirektoren davon ausgegangen, dass sich die Wiedereröffnung der Museen verzögern werde – umso größer war die Überraschung darüber, dass man am Montag wieder aufsperren darf. Die meisten Museen haben an diesem Tag ihren traditionellen Schließtag, öffnen also am Feiertag. Nicht so die Albertina.

In der neuen Dependance am Karlsplatz, der Albertina Modern, wird bereits zu Wochenbeginn die neue Ausstellung The Essl Collection ihre Pforten öffnen. Natürlich unter Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen, wie Direktor Klaus Albrecht Schröder betont. Gerade in der Albertina Modern war es vor dem Lockdown mitunter zu Menschenansammlungen gekommen.

Im Bereitschaftsmodus

Die meisten anderen Museen hatten dieses Problem aufgrund der geringen Besucherzahlen nicht. Sowohl Belvedere-Direktorin Stella Rollig als auch Mak-Direktor Christoph Thun-Hohenstein sind zuversichtlich, dass sie die neuen Vorgaben, pro Besucher zehn Quadratmeter Platz zur Verfügung zu stellen, ohne größere Schwierigkeiten einhalten können. "Wir waren im Bereitschaftsmodus", so Rollig. "Die Freude, öffnen zu dürfen, ist riesig." Im Belvedere 21 wird ab Dienstag die neue Ausstellung der Malerin Maja Vukoje zu sehen sein.

Im Mak will man die Besucher mit gleich vier neuen Ausstellungen ins Haus locken, darunter eine Schau zu Adolf Loos, der vor 150 Jahren geboren wurde, und zur Künstlerin Sheila Hicks. Sowohl am 8. als auch am 9. Dezember werde der Besuch des Museums kostenlos sein, kündigt Thun-Hohenstein an. Das Leopold-Museum wartet mit der Eröffnung der Ausstellung über Emil Pirchan auf, einen beinahe vergessenen Bühnenbildner.

Etwas länger dauert es im Kunsthaus Bregenz, bis die neueste Ausstellung eröffnet werden kann: Die mit Spannung erwartete Schau von Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Sheirl wird ab Freitag 15 Uhr zugänglich sein. Seine Pforten öffnet ab Dienstag auch wieder das Kunsthaus Wien, dessen Direktorin Bettina Leidl dem Museumsverbund Icom vorsteht: Sie würdigte in einer ersten Reaktion "das Vertrauen, das die Regierung den Museen entgegenbringe".

Freude und Kritik

Sie freue sich sehr, "dass die Öffnung der Museen, Bibliotheken, Büchereien und Archive wieder unter bestimmten Sicherheitsvorkehrungen möglich ist", erklärte auch Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne). "Die Bundesregierung wird alles daran setzen, möglichst bald einen weiteren Ausblick geben zu können, um auch den Veranstaltern, den Theater, Opern- und Konzerthäusern einen Planungshorizont für 2021 geben zu können", so Mayer in einer Aussendung.

"Ich freue mich sehr, dass die Österreichische Nationalbibliothek ihre Lesesäle und Museen wieder öffnen darf", ließ Generaldirektorin Johanna Rachinger wissen. "Und ich denke, dass die kulturinteressierte Öffentlichkeit ebenso erfreut ist. Gerade in einer für viele belastenden Zeit sind Orte wie Bibliotheken und Museen eine große Bereicherung für viele Menschen."

Kritische Worte kamen hingegen von Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren: "Eine Öffnung der Kunst- und Kulturbetriebe ist wohl kein größeres Gesundheitsrisiko als die Öffnung des Handels für das Weihnachtsgeschäft", sagte er zur APA.

Theater erst ab Jänner

Wenig Freude herrscht hingegen bei den Theatern, die erst am 7. Jänner wieder aufsperren dürfen. "Angesichts der Infektionszahlen, die noch immer sehr hoch sind, ist die Verlängerung für uns voraussehbar gewesen", meinte Burgtheater-Direktor Martin Kusej zur APA. "Nachdem die Politik inzwischen sagt, dass die Entwicklung nun besser einzuschätzen ist, muss auch das Datum für eine Wiedereröffnung der Theater festgelegt werden. Wir brauchen als Theater und Kulturveranstalter Vorlauf und Gewissheit für Planung und Vorbereitung, d. h. dieser Termin muss haltbar sein."

Der neue Volkstheater-Direktor Kay Voges, der seinen Auftakt im frisch sanierten Haus für den 8. Jänner angesetzt hat, zeigt sich gegenüber der APA vorsichtig optimistisch: "Für uns wäre der 7. Jänner natürlich eine Punktlandung. Wir müssen jedoch die endgültige Entscheidung und die damit verbundenen Maßnahmen abwarten. Bis dahin arbeiten wir weiterhin an unseren geplanten Projekten und freuen uns auf unser Eröffnungsprogramm."

Klarheit mit finanzieller Ungewissheit

"Die Entscheidung war ja wahrlich wenig überraschend, sodass wir schon letzte Woche unseren Plan präsentiert haben, fünf Abende für die ORF-Kameras zu spielen", unterstrich indes Staatsopern-Direktor Bogdan Roscic in einem Statement gegenüber der APA: "Es zeigt sich nun, wie wichtig das war. Für den Jänner ist für uns absolut entscheidend, dass wir rechtzeitig disponieren und kommunizieren können. Sonst dürfen wir nämlich spielen, aber es kommt niemand. Das Publikum ist ja völlig verunsichert"

Durchaus Verständnis für die Entscheidung der Politik, die Theaterhäuser bis 7. Jänner geschlossen zu halten, zeigte auch Bundestheater-Geschäftsführer Christian Kircher: "Die Gesamtzahlen sind immer noch hoch." Für die Häuser des Konzerns könne man nun immerhin sagen: "Wir haben Klarheit."

Offen sind bei aller Klarheit jedoch weiterhin die finanziellen Folgen für die Bundestheater. Fix sei nur, dass die bis dato erhaltenen 10,4 Mio. Euro an Covid-Sondermitteln bis 7. Dezember gedacht waren – die Kompensationen für die Zeit bis 7. Jänner also verhandelt werden müsse. Kircher geht dabei davon aus, dass die für die Kultur in Aussicht gestellten 50 Prozent Umsatzrefundierung aus dem Vorjahresvergleichszeitraum bis Jahresende respektive der Fixkostenzuschuss im Jänner für die Bundestheater nicht schlagend werde.

Im Kino fehlen die Blockbuster

"Natürlich würden wir gerne wieder aufsperren", stellte im APA-Gespräch Christian Dörfler, der neue Obmann des WKÖ-Fachverbands der Kino-, Kultur- und Vergnügungsbetriebe, für seine Branche klar. Zugleich müsse man auch bedenken, dass die Filmbranche international sehr vernetzt sei und nach wie vor die großen Blockbuster fehlten.

"Ich kann Kinos ohne das Produkt Film nicht öffnen – das geht einfach nicht", machte Dörfler deutlich. Insofern könne er nicht einmal ausschließen, dass die Kinos auch über den 7. Jänner hinaus – und dann freiwillig – zublieben.

"Wir wissen, dass das hart ist", sagte der für Kultur zuständige Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) im Hinblick auf die weiterhin geschlossenen Einrichtungen und dankte den Kulturschaffenden für ihr Verständnis. "Wir wollen nicht unter den Tisch fallen lassen, dass Kunst und Kultur auch ein essenzieller Bestandteil des Lebens sind." (APA, hil, red, 2.12.2020)