Das Haus 2226 Emmenweid im schweizerischen Emmen (siehe Bild) war das dritte Gebäude, das die Vorarlberger Baumschlager Eberle Architekten nach ihrem "Konzept 2226" geplant hatten. Das Büro- und Verwaltungsobjekt, das einen Industriebau aus dem frühen 20. Jahrhundert ersetzte, wurde vor wenigen Tagen bezogen.

Nummer zwei war ein Therapiezentrum in Lingenau (Vorarlberg), und Nummer eins – der Prototyp – war das "Bürohaus 2226" im Millennium-Park in Lustenau. Damals, im Jahr 2013, betraten die Baumschlager Eberle Architekten Neuland: Das vielbeachtete Objekt – ihr eigener Firmenhauptsitz – kommt ohne Heizung, Kühlung und Lüftung aus. Geheizt wird durch die Abwärme der anwesenden Menschen (die ständig rund 80 Watt auf ihre Umgebung abstrahlen), der technischen Geräte und der Beleuchtung. Über Sensoren gesteuerte Lüftungsflügel regulieren den CO2-Anteil und die Raumtemperatur, die sich so stets zwischen 22 und 26 Grad Celsius (daher der Name des Konzepts) bewegen soll.

Foto: Roger Frei

Mit dem vierten Gebäude in der Serie beschreitet man nun wieder neue Wege. Denn in Dornbirn kam das Konzept jetzt auch erstmals bei einem Wohngebäude zur Anwendung.

Das Unternehmen Graf Immobilien GmbH als Bauträger errichtete ein Objekt mit acht Wohneinheiten nach Plänen der Baumschlager Eberle Architekten. Auch dieses "Haus 2226 Graf", wie es genannt wird, kommt maßgeblich ohne klassische Klima-, Heiz- und Lüftungstechnik aus, allerdings mussten die Architekten hier besondere Umstände berücksichtigen.

Foto: René Dürr

Private Wohnbauten erhalten nämlich nutzungsbedingt einen niedrigeren Energieeintrag als Gewerbeobjekte, in denen sich viel mehr Menschen aufhalten. Daher wurde ergänzend zum thermischen Speicher des Baukörpers mit seinen fast 80 cm dicken Außenwänden (die beiden jeweils 36,5 cm dicken Ziegelwände nebeneinander wirken einmal statisch, einmal isolierend) auf dem Dach eine Photovoltaikanlage installiert. Sie dient der Warmwasseraufbereitung und der Gebäudetemperierung.

Foto: René Dürr

Infrarotpaneele können außerdem bei Bedarf zusätzliche Wärme in die Wohnungen bringen – als eine Art "Rückversicherung", falls es doch einmal (zu) kalt wird.

Fotos: René Dürr

Über das sogenannte 2226 Operating System werden ansonsten auch hier der Wärmehaushalt, die Feuchtigkeit und der CO2-Gehalt der Innenraumluft über automatisierte Lüftungsflügel gesteuert.

"Der technische Aufwand wird bewusst reduziert, um die Langlebigkeit und damit die Nachhaltigkeit des Gebäudes deutlich zu steigern", heißt es in einer Pressemitteilung über das Konzept. "Wo die Bauweise an ihre traditionellen Grenzen stößt, greift zeitgemäße Software ein, um den Wohnkomfort zu erhöhen."

Foto: René Dürr

Weitere Gebäude werden folgen. In der Lustenauer Kirchstraße ist bereits ein größerer Wohnkomplex mit rund 100 Wohneinheiten und Gewerbeflächen in vier Gebäuden geplant, mit dem Bau sollte im kommenden Jahr begonnen werden. Um den höheren Warmwasserbedarf zu decken, sollen dort solarbetriebene Luft-Wärme-Pumpen zum Einsatz kommen.

Und in der Stadt Schlieren im Schweizer Kanton Zürich entsteht mit rund 18.000 m² Nutzfläche die bisher größte Immobilie nach dem Konzept 2226. "Die bisher größte Bewährungsprobe für das Konzept", heißt es auf der Website. (mapu, 4.12.2020)

Nachlese

Mit menschlicher Wärme: STANDARD-Bericht zum Bürohaus 2226 aus dem Jahr 2013

Foto: René Dürr