Die iranische Menschenrechtlerin Nasrin Sotudeh musste nach ihrem Hafturlaub wieder zurück ins Gefängnis.

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Teheran – Die Hinrichtung eines im Iran wegen Spionage zum Tode verurteilten schwedischen Mediziners ist nach Angaben seiner Anwältin vorerst gestoppt. "Glücklicherweise wurde die Hinrichtung von Ahmad-Reza Jalali aus noch unbekannten Gründen um ein paar Tage verschoben," sagte Anwältin Helaleh Moussavian am Donnerstag der iranischen Nachrichtenagentur Irna.

Als vermutlichen Grund nannte sie, dass Jalali sowohl die schwedische als auch die iranische Staatsangehörigkeit besitze und noch diplomatische Gespräche in Gang seien. Wegen Spionage für die USA und Israel sitzt Jalali seit 2016 im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran. Die Anschuldigungen wies er nach Angaben der Nachrichtenagentur stets zurück. In den vergangenen Tagen gab es Berichte über eine bevorstehende Hinrichtung. Vom Iran wurde dies weder bestätigt noch dementiert. Das Außenministerium wies jedoch ausländische Kritik zurück. Andere Länder hätten kein Recht, sich in die Angelegenheiten einer unabhängigen Justiz einzumischen.

Im Iran wird die doppelte Staatsangehörigkeit nicht anerkannt. Entscheidend ist die Nationalität des Vaters: Ist der Vater Iraner, werden inhaftierte Doppelstaatler in juristischen Belangen als Iraner behandelt. Konsularischer Beistand des anderen Landes kann ihnen verweigert werden. Derzeit gibt es mehrere Doppelstaatler, die fast alle wegen angeblicher Spionage inhaftiert sind. Alle weisen die Vorwürfe zurück.

Menschenrechtlerin wieder in Haft

Schlechte Nachrichten gab es allerdings von einer anderen Person, die von der iranischen Justiz verfolgt wird: Die iranische Menschenrechtlerin Nasrin Sotudeh hat bestätigt, dass sie nach ihrem Hafturlaub wieder zurück ins Gefängnis müsse. In einer Erklärung auf der Facebook-Seite ihres Ehemannes Reza Khandan gab die 57-Jährige bekannt, dass sie am Donnerstag in die Frauenanstalt Qarchak zurückkehren werde. Für Donnerstagabend war die Verleihung des Alternativen Nobelpreies an sie vorgesehen.

Zuvor hatte Khandan auf Twitter mitgeteilt, dass die Justiz die Anweisungen der Ärzte, die ihren Hafturlaub um zwei Wochen verlängert hatten, ignoriert und sie zurück in die Haft zurückgeschickt habe. Die Justiz äußerte sich zu dem Thema zunächst nicht.

Corona-positiv

Kurz nach ihrem Hafturlaub letzten Monat wurde Sotudeh positiv auf das Coronavirus getestet. Angesteckt hatte sie sich im Gefängnis Qarchak südlich der Hauptstadt Teheran, wo laut ihrem Ehemann die hygienischen Zustände besonders katastrophal sein sollen.

Sotudeh durfte im November nach über zwei Jahren erstmals in den Hafturlaub. Laut Khandan war der Gesundheitszustand seiner Frau in den vergangenen Monaten besorgniserregend, besonders nach ihrem fast 50-tägigen Hungerstreik. Mit dem Hungerstreik wollte die Anwältin und Frauenrechtlerin gegen die Haftbedingungen politischer Gefangener während der Corona-Pandemie protestieren. Unter anderem leidet die 57-Jährige an einer Herzschwäche, wegen der sie im September fünf Tage in einem Krankenhaus in Teheran behandelt werden musste.

Sotudeh wird "staatsfeindliche Propaganda" vorgeworfen. Sie wurde 2018 von einem Revolutionsgericht zu einer Haftstrafe von 33 Jahren und sechs Monaten sowie zu 148 Peitschenhieben verurteilt. Von der Haft muss sie mindestens zwölf Jahre absitzen. Sotudeh hatte vor Gericht alle Vorwürfe zurückgewiesen. Sie engagiere sich lediglich friedlich für Frauenrechte und gegen die Todesstrafe im Iran. Sie gehört zu den renommiertesten Menschenrechtsaktivistinnen des Landes. (APA, red, 3.12.2020)