Viele Touristiker und Hotelbetreiber werden dieser Tage nostalgisch an den Dezember 2019 zurückdenken. Trotz der klimatisch zusehends ungünstigen Bedingungen lief die Skisaison vor einem Jahr großartig. "Bester Dezember aller Zeiten", lauteten damals die Schlagzeilen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo sprach von einem deutlichen Anstieg der Übernachtungen, in Salzburg und Tirol sogar um rund sieben und sechs Prozent. Entsprechend angezogen haben auch die Umsätze.

Für viele Hotelbetreiber ist das mehr als eine schöne Erinnerung. Das gute Geschäft im vergangenen Jahr legt nämlich die Basis dafür, dass der Dezember 2020 für viele Betriebe trotz Lockdown gute Einnahmen bringen dürfte. Auf Basis des Vorjahresumsatzes wird nämlich ein wichtiger Teil der Corona-Hilfen ausbezahlt. Da hilft das Plus.

Der Ökonom Oliver Fritz vom Wifo fasst es so zusammen: "Während die Entschädigungen für geschlossene Gastro- und Hotelbetriebe im November eine deutliche Überförderung brachten, wird das Plus im Dezember merklich kleiner. Aber es bleibt eine Überförderung." Und Paul Pichler vom Institut für Volkswirtschaftslehre der Uni Wien meint: "Mit ökonomischen Argumenten ist die Hilfe, so wie sie aufgesetzt ist, nicht zu rechtfertigen."

Dabei stellen beide Experten klar, dass für sie außer Zweifel steht, dass Unternehmen im Lockdown geholfen werden soll, damit sie überleben. Stein des Anstoßes ist ein Punkt: der Umsatzersatz.

Anders als Deutschland

Im November hat die Regierung geschlossenen Betrieben aus Hotellerie und Gastronomie 80 Prozent der Umsätze ersetzt. Die Unternehmen können zugleich alle ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, die Kosten dafür trägt in dieser Zeit der Staat.

Der Clou: Solange der Lockdown dauert, kann die Arbeitszeit auf null gesenkt werden, die Betriebe haben also für diese Zeit keine Mitarbeiterkosten. Während in Deutschland, wo nur 75 Prozent der Umsätze ersetzt werden, die Kurzarbeit mit dem Umsatzersatz gegengerechnet werden muss, ist das in Österreich nicht der Fall. Geschlossene Betriebe haben aber auch nur einen Bruchteil ihrer Kosten.

Die Saison 2019 war für viele Unternehmen aus der Hotellerie ausgesprochen erfolgreich. Das ist 2020 hilfreich.
Foto: Corn

Typische Ausgaben von Hotels, etwa fürs Frühstücksbuffet, fallen weg. Es ist auch unklar, ob Mieten anfallen, etwa für Restaurantbetreiber. Darum wird juristisch gerungen, ein Entscheid eines Bezirksgerichts im Streitfall um einen Friseurladen ging für den Friseur aus: Der Vermieter durfte im Lockdown keine Miete verlangen. Der Fall liegt nun beim Obersten Gerichtshof.

Sicher ist: Ohne Personalkosten und mit geringeren Fixkosten führt selbst ein Umsatzersatz von 50 Prozent dazu, dass Betriebe für diesen Monat nicht nur Verluste abgedeckt bekommen, sondern Gewinne machen. Ökonom Pichler: "Für November und Dezember betrachtet wird bei sehr, sehr vielen Betrieben mehr abgedeckt als der Schaden." Dabei gibt es jedoch einige Einschränkungen. Laut Vorgaben der EU dürfen pro Betrieb nicht mehr als 800.000 Euro ausbezahlt werden.

Nachteil für Große

Für große Unternehmen führt das, wie Pichler und Fritz argumentieren, zu einer Benachteiligung. Für sie, etwa große Ringstraßenhotels in Wien, ist der Rahmen nämlich bereits ausgeschöpft. Aber das betrifft nur einige Betriebe. Laut Daten der Statistik Austria, die sich auf das Jahr 2018 beziehen, gibt es in Österreich 48.000 Unternehmen in Hotellerie und Gastronomie. Nur 49 Betriebe kommen auf einen Jahresumsatz von über 20 Millionen Euro, 470 kommen auf über fünf Millionen. Volkswirtschaftlich sind gerade diese Unternehmen wichtig, sie beschäftigen 60.000 Mitarbeiter.

Kalt erwischen könnte manche Unternehmen noch ein Punkt: In die 800.000-Grenze müssen staatlich garantierte Kredite eingerechnet werden. Wie viele Betriebe das trifft und von weiteren Hilfen fernhalten wird, bleibt abzuwarten.

Vor allem die ÖVP hat auf üppigen Zahlungen für Hotelbetreiber und Gastronomen gedrängt, Teil der Basis der Partei. Hinter den Kulissen wurde in der Koalition um die Umsatzhilfen gerungen. Die Grünen drängten im November auf engere Begrenzungen. Im Dezember war es komplexer: Aus dem Wirtschaftsflügel der ÖVP gab es Stimmen, die wieder 80 Prozent wollten, die Grünen drückten in Richtung 50 Prozent, das Finanzministerium soll laut einem Insider irgendwo dazwischen gestanden sein.

Kritik wird nicht laut

Das Thema Überförderungen aufgreifen will politisch kaum wer: Mit dem Argument, dass geschlossene Betriebe in einem mageren Wirtschaftsjahr in einigen Monaten mehr Geld bekommen, als sie verlieren, glaubt die Opposition nicht punkten zu können.

Dabei argumentiert Pichler, dass es adäquatere Möglichkeiten als den Umsatzersatz gibt, um Betrieben im Lockdown zu helfen.

Zunächst ist da der Fixkostenzuschuss II: Dieser deckt den Unternehmen je nach Umsatzeinbruch Fixkosten ab. Bei 100 Prozent Umsatzminus sind es 100 Prozent der Kosten. In seiner neuen Form ist das Modell generöser als die erste Variante. Als Fixkosten zählen wie bisher Mieten, Versicherungen, das Unternehmergehalt, nun aber auch Abschreibungen.

Auch dieses Instrument ist mit 800.000 Euro begrenzt und kann nicht zusätzlich zum Umsatzersatz geltend gemacht werden. Pichler sagt, für den Staat wäre es klüger gewesen, Fixkosten zu ersetzen und keine Umsätze.

Denn ein anderes Instrument ist im Kommen: die Verlustabdeckung. Ab einem Umsatzminus von 30 Prozent wird der Staat Betrieben Verluste abnehmen. Bei größeren Firmen sind es 70 Prozent der Verluste, bei kleineren 90. Deckel: drei Millionen. Das EU-Recht erlaubt, für einige Monate Umsätze zu ersetzen, für andere Verluste. Wie die Verlustabdeckung in Österreich ausgestaltet wird, ist noch nicht bekannt. (András Szigetvari, 4.12.2020)