Die Mietervereinigung warnt vor einer Delogierungswelle im Frühjahr.

Foto: Getty Images/iStockphoto

Die Bundesregierung verlängert den Zeitraum, in dem Mieter die Corona-bedingen Mietschulden aus dem Frühjahr zurückzahlen müssen, um drei Monate. Konkret haben Mieter nun bis 31. März Zeit, um Mietrückstände aus den Monaten April bis Juni 2020 (inklusive Verzugszinsen) zu begleichen. Das gab Justizministerin Alma Zadić (Grüne) am Mittwoch bekannt.

"Klagewelle im Frühjahr"

Für die SPÖ-nahe Mietervereinigung Österreichs (MVÖ) ist das "ein Schritt in die richtige Richtung", doch diesem müssten nun rasch "weitere Schritte folgen", meint Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Wiener Mietervereinigung. Denn die Verlängerung der Stundung um drei Monate helfe "nur kurzfristig und nur in geringem Ausmaß. Damit wird das Problem nicht gelöst, sondern nur verschoben."

"Wenn keine weiteren Schritte für Mieter gesetzt werden, droht im Frühjahr eine Klagewelle. Die Regierung muss nun rasch handeln, sonst riskiert sie Delogierungen und Obdachlosigkeit", warnt auch MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler und erneuert die Forderung nach einem Fonds, der Mietern rasch und unbürokratisch beistehen soll: "Mieter in Zahlungsnot sollen sich an einen Sicher-Wohnen-Fonds wenden können, der ihnen wirklich hilft, in diesen schwierigen Zeiten die Wohnung zu sichern."

SPÖ fordert weitere Stundungsmöglichkeit

Den Sicher-Wohnen-Fonds hatte die Mietervereinigung schon im Sommer gefordert, im Oktober erneuerte man gemeinsam mit SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher die Forderung. Becher fordert außerdem statt der Verlängerung der Rückzahlungsfrist eine weitere Stundungsmöglichkeit für Mieter bis Juni 2021. Sprich: Nicht nur die Mietschulden aus dem zweiten Quartal sollen später zurückgezahlt werden dürfen, sondern es soll auch jetzt noch für Mieter die Möglichkeit geben, die Miete zu stunden. Seit Juli 2020 müssen Mieter nämlich wieder die vollständige Miete bezahlen, bei sonstigen gerichtlichen Konsequenzen.

Denn es werde sich für viele Mieter finanziell nicht ausgehen, glaubt Becher. "Wer sich mit dem Weihnachtsgeld den Mietrückstand nicht finanzieren kann, wird auch im Frühjahr keine wundersame Geldvermehrung erfahren."

Hausbesitzer kritisieren Räumungsaufschub

Eine Schlussfolgerung, die Becher mit dem Präsidenten des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbunds (ÖHGB), Martin Prunbauer, grundsätzlich teilt. "Wer jetzt die Mieten aus dem zweiten Quartal nicht nachzahlen kann, wird es auch künftig nicht tun können", schrieb Prunbauer dieser Tage in einer Presseaussendung.

Damit hat es sich aber auch schon wieder mit den Gemeinsamkeiten zwischen Becher und Prunbauer. Was den Vertreter der Hausbesitzer massiv stört, ist ein Detail der Regelung, nämlich die weiterhin mögliche unkomplizierte Aufschiebung von Räumungsexekutionen seitens der Mieter, per Antrag. Bis 30. Juni 2021 soll das noch gehen, kündigte Zadic an.

"Kündigungen werden hinausgezögert"

Dadurch könne nun einerseits auch Mietern, die ganz ohne Zusammenhang mit Corona über längere Zeit Mietzinsrückstände angehäuft haben, eine weitere Verlängerung eines Räumungsaufschubs gewährt werden. "Ob und wann ein Vermieter hier seine Miete bekommt, ist mehr als nur fraglich." Außerdem würden rechtskräftige Kündigungen wegen grob nachteiligen Gebrauchs, also wenn der Mieter die Substanz gefährdet, hinausgezögert werden. "Der Vermieter muss dem rechtskräftig gekündigten Mieter also – unabhängig von der Kostentragung – quasi zusehen, wie dieser dem Haus auch weiterhin Schaden zufügt", kritisiert Prunbauer.

Und auch Personen, die wegen "unleidlichen Verhaltens" gekündigt wurden, können nun noch länger im Haus bleiben. "Denken wir an einen Mieter, der jeden Tag die übrigen Mitbewohner beschimpft oder bedroht, möglicherweise auch kleine Kinder in Angst und Schrecken versetzt und damit quält", so der ÖHGB-Präsident. "Hier missversteht das Bundesministerium ganz offensichtlich den Zweck dieses Kündigungsgrundes, der ja nicht nur dem Schutz eines einzelnen Mieters dienen soll, sondern die übrigen Mieter und den Frieden im Haus schützen soll." (red, 7.12.2020)