Teile von Honduras sind noch immer überflutet.

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Hilfslieferungen kommen auch in San Pedro Sula aus der Luft.

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Die Menschen kämpfen sich durch Schlamm und die Reste ihrer Häuser.

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Es ist wahrscheinlich die schlimmste Katastrophe, die Honduras in seiner Geschichte jemals getroffen hat. So bezeichnet der Minister für Arbeit und soziale Sicherheit, Carlos Madero, in der "Washington Post" die Situation in seinem Land. Sein Ministerium ist für die Koordination der Hilfseinsätze im Land verantwortlich. Mitten in der Covid-19-Pandemie, die dem armen Land hart zusetzt, trafen zwei schwere Hurrikans kurz hintereinander auf fast demselben Weg den Staat.

Dutzende Menschen starben, hunderttausende mussten ihre Häuser verlassen. Nicaragua, Guatemala, Panama, El Salvador und Teile Kolumbiens wurden schlimm getroffen – aber vor allem Honduras. Dort sind rund 3,7 Millionen Menschen von den Stürmen betroffen, ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Auch mehr als zwei Wochen nachdem der zweite Hurrikan Iota, ein Sturm der Kategorie 5, über Honduras hinweggefegt ist, sind Teile des Landes überflutet und nur via Boot zu erreichen. Aus Helikoptern wird teilweise Nahrungsmittelhilfe über Katastrophengebieten abgeworfen.

Corona und zerstörtes Ackerland

Die Stürme zerstörten auch Gesundheitseinrichtungen, die für die Versorgung von Covid-19-Patienten ausgerüstet waren und sich auf die Verteilung eines Impfstoffes eingerichtet hatten. Nun herrscht Angst, dass sich in den Notunterkünften auf engem Raum neue Cluster bilden könnten, Patienten nicht registriert werden. Offiziell gab es in der Vorwoche 1.972 neue Corona-Fälle in Honduras.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz schätzt, dass der Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur zwei Jahre dauern werde. Große Flächen Ackerland wurden zerstört und somit einer der wenigen Wirtschaftszweige, die auch noch während der Pandemie im Land funktioniert hatten.

Angst vor Dengue-Fieber

Auch Trinkwasserexperte Michael Wolf vom Österreichischen Roten Kreuz spricht im Telefonat mit dem STANDARD von einer Mehrfachkatastrophe in Honduras: "Die Menschen sagen, dass sie so etwas noch nie erlebt haben." Er ist Teil eines Teams vor Ort, das Trinkwasseraufbereitungsanlagen installiert und lokale Mitarbeiter des honduranischen Roten Kreuzes darauf einschult. Denn kaum habe die Lagesondierung nach dem ersten Hurrikan begonnen und sich die Hilfskräfte ein Bild verschafft, habe der zweite Sturm alles zunichtegemacht. Zwar gibt es im Moment noch keine Hinweise auf den Ausbruch von Erkrankungen, doch es geht die Angst um – vor allem Dengue-Fieber stehe auf der Gefahrenliste ganz oben, so Wolf.

Und natürlich spielt auch die Pandemie eine Rolle bei dem Einsatz, erzählt der Rot-Kreuz-Experte. Die Hilfsteams seien so gut wie möglich aufgeteilt, damit sie sich nicht durchmischen und im Infektionsfall zum Teil noch einsatzbereit sind. Wenn Wasserhähne installiert werden, dann in einem größeren Abstand und in größerer Anzahl, damit sich kleinere Schlangen bilden. Man wolle auch bei der Ausgabe des Trinkwassers die Leute an die Hygiene- und Abstandsregeln erinnern: "Die sind weltweit gleich", sagt Wolf.

Stufenplan gegen die Krise

Im Moment ist die Rot-Kreuz-Einheit im urbanen Raum der zweitgrößten Stadt des Landes, San Pedro Sula, im Einsatz. Denn dort könnte man schneller eine größere Anzahl an Menschen erreichen als im wenig besiedelten ländlichen Gebiet. Aber natürlich sei es das Ziel, auch dort in einem weiteren Schritt Trinkwasseraufbereitungsanlagen zu installieren.

Auch die Regierung arbeitet mit einem Stufenplan gegen die Krisen. Laut Minister Madero ist die erste Phase die der Notfall- und humanitären Hilfe, um den zehntausenden Menschen zu helfen, die noch immer keine Unterkunft haben.

Die zweite Phase umschließt den schnellen Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur. In ihr sollen Straßen, Brücken und Häuser wiederaufgebaut werden. In der letzten Phase geht es schließlich um nachhaltigen Wiederaufbau, wobei Madero auch hier auf die Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft hofft. (Bianca Blei, 5.12.2020)