Das Kleine Blatt vom 11. Dezember 1931

Vier Kilogramm Trauben

In einem Weingarten in Dornbach, zur Zeit, als die Trauben reiften, ertappte der Weingartenaufseher Anton Salzberger einen siebzigjährigen Mann in Begleitung eines achtjährigen Mädchens. Der Alte trug einen prallgefüllten Rucksack und neben ihm lagen eine Menge Trauben zertreten. Als der Aufseher ihn zur Rede stellte, wurde der alte Mann grob und hob gegen den Wächter seinen Stock. Der Aufseher entriss ihm diesen und forderte den Eindringling zur Ausweisleistung auf. Nun hatte sich der 70-jährige Altersrentner Ignaz K. vor dem Bezirksgericht Fünfhaus wegen Obstdiebstahl zu verantworten.

Bezirksrichter Dr. Stark: Was fällt Ihnen denn ein, in einen fremden Weingarten einzudringen?
Angekl.: I hab nur dem achtjährigen Madl, was mit war, der Erika, a Freud machen wollen. Mir san am Weingarten vorbeigangen und sie hätt halt gern a Trauben kost'.
Richter: Das ist Ihre Enkelin, nicht?
Angekl.: Aber woher denn! Dös is do mei Tochter.
Richter (erstaunt): Was? Eine achtjährige Tochter haben Sie?
Angekl. (stolz): Ja, dös möcht ma net für möglich halten. I hab ja no an vierjährigen Buam aa z'Haus.

Der Angeklagte ist, wie der Polizeibericht meldet, trotz eines doppelten Leistenbruches, erwerbsfähig (?) und hat eine achtundzwanzigjährige Lebensgefährtin.

Der Weingartenwächter als Zeuge: I bin frühstücken gangen, derweil hat er si einigschlichen. Wia i a Wurt red, geht der no mit an Stock auf mi los. „Gö, dös überlegen S' Ihna aber!" hab i gsagt und hab eahm entwaffnet.
Dann hab i eahm der Wach überstellt. Wann S' dös gsehn hätten, wie der Weingarten ausgschaut hat. Dö ganzen Trauben waren rundumadum zertreten. Darüber hab i mi am meisten aufg'regt. Drei bis vier Kilo Trauben war der Schaden, was er im Rucksack g'habt hat samt den zertretenen.
Angekl.: Dös is net richti! I hab nur Zwetschken g'habt und im Rucksack hab i a Holz holen woll'n.
Zeuge: Mit Zwetschken hat er dö Rocktaschen angfüllt g'habt, dö Trauben warn im Rucksack.
Angekl.: Dö warn do net der Red wert. I hab meiner Erika nur a Trauben bringen wollen, weil s' an Gusto g'habt und g'sagt hat, i soll ihr ane gebn.
Richter: Die Sache wäre auf ein Haar wegen Einbruchdiebstahls vor das Landesgericht gekommen. Zu Ihrem Glück hat man Ihnen geglaubt, dass die eine Gartentür unversperrt war.

Der Richter verurteilte den allzu zärtlichen Vater zu achtundvierzig Stunden Arrest.

Götz von Berlichingen vom 11. Dezember 1931

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"Weißt du, Schatz, ich werde dir heuer zu Weihnachten gar nichts kaufen, sondern lieber deine alten Kleiderrechnungen bezahlen!"
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Fliegende Blätter, Ausgabe 10-12 1931

Abstehend Ohren sind hässlich und reizen zum Spott!
Heidelberger historische Bestände – digital

(Kurt Tutschek, 11.12.2020)

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