Abgeordnete können bald das Ibiza-Video in ganzer Pracht genießen.

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Das Ibiza-Video muss ungeschwärzt an den U-Ausschuss übermittelt werden, entschied der Verfassungsgerichtshof (VfGH). Damit kassiert das Justizministerium unter Alma Zadić (Grüne) eine deutliche Niederlage. Dieses habe, heißt es in dem Erkenntnis des VfGH, nur "pauschal darauf verwiesen", dass die geschwärzten Stellen "nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien". Das könne jedoch ein Zurückhalten von Informationen nicht rechtfertigen.

Die Justizministerin hatte argumentiert, dass das Ibiza-Video nur teilweise in den Ermittlungsakt der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) aufgenommen worden war. Daher sei nur diese Version, die im Ermittlungsakt ist, an den U-Ausschuss zu übermitteln. Das verneint der Verfassungsgerichtshof allerdings. Es müssen, so der VfGH, alle Unterlagen übermittelt werden, die "sich auf die Ermittlungstätigkeit der Behörden beziehen" – also auch E-Mails zwischen den Behörden, sichergestelltes Material abseits des Aktes und andere Dokumente.

Was heißt das für die Rohdaten?

Das Erkenntnis könnte gravierende Auswirkungen auf den U-Ausschuss haben. Zwar sind sich die Abgeordneten relativ einig, dass die ungeschwärzten Stellen des Ibiza-Videos keine entscheidenden Informationen bergen; die Entscheidung könnte jedoch als Präzedenzfall wirken. So verlangt die Opposition schon lange, dass auch "Rohdaten" der sichergestellten Politiker-Smartphones übermittelt werden: also nicht nur Whatsapp-Nachrichten und Chats, die bereits von Staatsanwälten oder Polizisten "vorausgewählt" wurden, sondern jedweder Nachrichtenverkehr zwischen beispielsweise Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Außerdem stellt das Erkenntnis eine politische Niederlage für Justizministerin Zadić dar – der die Opposition nun mit Verweis auf den VfGH vorwerfen kann, die Arbeit des U-Ausschusses behindern zu wollen, indem nicht alle Aktenteile übermittelt werden. Die Ministerin reagierte vorerst in einer Aussendung auf die Entscheidung. Sie begrüße "die abschließende Lösung dieser wichtigen bislang noch ungeklärten Rechtsfrage" durch den Verfassungsgerichtshof. Sie werde daher anweisen, "das Video in Entsprechung des Erkenntnisses des VfGH dem U-Ausschuss vorzulegen". Dies solle "ehestmöglich" passieren. (fsc, red, 4.12.2020)