Holger Stahlknecht ist nicht mehr Innenminister von Sachsen-Anhalt.

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Magdeburg – Der Ministerpräsident des deutschen Bundeslandes Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), hat seinen Innenminister Holger Stahlknecht aus der Regierung entlassen. Stahlknecht will nun auch von seinem Position als Landesvorsitzender seiner Partei zurücktreten.

Zuvor hatter der bisherige Chef der Landes-CDU in einem Interview einen Bruch der Koalition, die von seinem Parteikollegen Haseloff geführt wird, nicht mehr ausgeschlossen. Dieses Interview war offenbar mit Haseloff nicht abgesprochen gewesen. Vorausgegangen war der Causa ein Streit um die Erhöhung des Rundfunkbeitrages in Deutschland um 86 Cent auf monatlich 18,36 Euro.

Nur Sachsen-Anhalt hatte dem Plan bisher nicht zugestimmt, weil sich die Landes-CDU unter Stahlknecht gegen das Vorhaben sperrte. Jüngst stimmte sie gemeinsam mit der AfD, mit der sie im Landtag eine Mehrheit hat, gegen den Plan. Stahlknecht war daraufhin vorgeworfen worden, auf eine Minderheitsregierung mit der rechtsradikalen Partei hinzuarbeiten – was er selbst aber zurückweist. Bisher führt Haseloff in dem Bundesland eine Koalition aus CDU, SPD und Grünen. Er hatte dem Plan zur Beitragserhöhung auch bereits zugestimmt.

Debatte über Pressefreiheit

Haseloff teilte mit, gerade in Zeiten der Corona-Pandemie wolle er eine handlungsfähige Regierung führen. Stahlknecht habe mit seinen Aussagen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Kenia-Koalition aber unmöglich gemacht. Das Verhältnis sei "durch das Vorgehen von Herrn Stahlknecht so schwer gestört, dass er der Landesregierung nicht weiter angehören kann".

Im Koalitionsvertrag der Koalition von CDU, SPD und Grünen ist eine "Beitragsstabilität" beim Rundfunkbeitrag festgelegt. "Auch mit der geplanten moderaten Erhöhung gibt es Beitragsstabilität. Mit den 86 Cent mehr im Monat wird nicht einmal die Inflationsrate ausgeglichen", begründete der Grünen-Vorsitzende von Sachsen-Anhalt, Sebastian Striegel, in den RND-Zeitungen, warum Grüne und SPD dennoch für eine Erhöhung sind.

Stahlknecht hatte mit seinem Nein zur Rundfunkbeitragserhöhung auch eine Debatte über die Pressefreiheit in Deutschland ausgelöst. Er begründete seine ablehnenden Haltung nämlich auch mit dem Bild, das der öffentlich-rechtliche Rundfunk von Ostdeutschland verbreite. Dieser habe "seine Rolle im Transformationsprozess nicht ausreichend wahrgenommen", sagte er. Zudem werde zu oft "mit dem erhobenen Zeigefinger berichtet".

Pleite von ARD-Stationen möglich

Allerdings gibt es auch einen anderen Hintergrund: Stahlknechts Arbeit als Innenminister war in einem satirischen Video der öffentlich-rechtlichen Onlineplattform "Funk" im Zusammenhang mit Polizeigewalt kritisiert worden. CDU-Landesgeneralsekretär Sven Schulz hatte daraufhin auf Twitter erklärt, die CDU werde unter anderem deshalb die Erhöhung der Rundfunkgebühren stoppen.

Um den Rundfunkbeitrag deutschlandweit erhöhen zu können, ist die Zustimmung aller Länder nötig, weil dafür der Rundfunkstaatsvertrag geändert werden muss. Kommt es nicht zur Erhöhung rechnet die ARD mit gravierenden Folgen. Sie kommt nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zum Schluss, dass eine Pleite von Rundfunkanstalten wie dem Radio Bremen oder dem Saarländischen Rundfunk dann möglich wäre.

In der CDU Sachsen-Anhalt gibt es seit längerem einen Richtungskampf. Stahlknecht wollte eigentlich Spitzenkandidat der CDU bei den Landtagswahlen werden, stieß damit aber auf erheblichen Widerstand. Deshalb entschied Ministerpräsident Haseloff, der ein strikter Gegner jeder Zusammenarbeit mit der AfD ist, erneut anzutreten. AfD-Fraktionschef Oliver Kirchner bezeichnete die Kenia-Fraktion als "Trümmerhaufen". Er warf Haseloff eine Kurzschlussreaktion vor. (red, Reuters, 4.12.2020)