Rainer Schönfelder hat mit seiner Gruppe, die auch Hotels betreibt, große Pläne, auch wenn derzeit manches stockt, wie er beim Interview in seinem Büro im 19. Bezirk – mit Blick über Wien – energiegeladen erklärt. Cooee, der Name der Hotels, bedeutet in der Sprache der Aborigines "Ich bin hier, wo bist du?", wie er eingangs erzählt.

STANDARD: Ich war hier, Sie nicht zum ausgemachten Zeitpunkt. Kommen Sie grundsätzlich zu spät?

Schönfelder: Bitte vielmals um Entschuldigung. Ich versuche mir viele Termine einzuteilen. Ich habe das nicht immer im Griff. Passiert mir öfter. Akademische Viertelstunde, obwohl ich kein Akademiker bin. (lacht)

Rainer Schönfelder (43) hat Freude am Geldvermehren, berät mit seinem Partner Vermögende und baut eine Hotelgruppe auf. Er sei ein Beißer, sagt der Sieger von fünf Weltcuprennen und je zwei WM- und Olympiamedaillen.
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STANDARD: Das Cooee Bad Kleinkirchheim sollte am 18. Dezember eröffnet werden. Dazu kommt es nicht. Gastronomie und Hotellerie bleiben bis in den Jänner geschlossen. Für viele Betriebe eine Katastrophe, für Sie auch?

Schönfelder: Selbstverständlich ist das für uns wie für viele Betriebe eine große Herausforderung. Wir haben g’scheite Produkte im Hotel- wie auch im Investmentbereich für Veranlagungen, gute Mitarbeiter und vertrauen darauf.

STANDARD: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat uns ausgerichtet, Ischgl sei nicht vergessen. Wie lange wird uns das noch nachhängen?

Schönfelder: Ich denke, es ist nun nicht die Zeit, dass wir uns gegenseitig die Schuld zuschieben. Wenn nicht in Ischgl, dann wäre es wohl woanders passiert.

STANDARD: Denkt man an Einkaufsstraßen vor dem zweiten Lockdown: Wären Menschenaufläufe vor Liften und undisziplinierte Skifahrer in der Seilbahn tatsächlich zu vermeiden?

Schönfelder: Wir Menschen haben schon viele Krisen überstanden und uns weiterentwickelt. Vor 20 Jahren glaubte man, dass Skifahren auf Kunstschnee kein richtiges Skifahren ist, heute ist es ohne gar nicht möglich, und die Begeisterung ist groß. Insofern wird die Menschheit auch Lösungen für den Wintertourismus finden, da bin ich mir sicher.

Schönfelder hat oft den Kasperl gespielt, Songs aufgenommen, erfolgreich getanzt, bei "Dancing Stars" gewonnen und Plan B, C und D schon ausprobiert.
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STANDARD: Sie sagen von sich, Sie neigten zu Größenwahn. Ist die Neueröffnung eines Hotels in Zeiten wie diesen ein Ausdruck davon?

Schönfelder:(lacht) Größenwahn in dem Sinn, dass ich die Dinge gerne betrachte, wie sie sich entwickeln können. Das braucht man auch als Unternehmer. Eine gewisse Vision. Sonst hätten wir noch immer keine Glühbirne. Immer weniger werde ich auf den Boden der Realität zurückgeworfen. Ich war ein Einzelsportler und gewohnt, dass ich meine sieben Zwetschken im Griff habe. Als Unternehmer kann man das nicht im Alleingang machen.

STANDARD: Ist das der größte Unterschied zum Skifahren?

Schönfelder: Ja. Da habe ich wahnsinnig lang eine starke Lernkurve gehabt. Beim Skifahren entscheide ich selbst, wie ich fahre. Ich bin abhängig vom Material und davon, wie gut ich trainiert habe, alles in einem sehr engen Kreis um mich. Im Unternehmertum ist das mehr ein Miteinander, und das ist gut so.

STANDARD: Stichwort Vision: 2016, als das erste Hotel eröffnet wurde, konnten Sie sich zehn bis 15 Standorte vorstellen. Jetzt ist einer der Standorte, das Salzburger Hotel Zederhaus, pleite. Bleibt es bei den Plänen?

Schönfelder: Ich weiß, dass dieses schlanke, sehr preisbewusste Konzept wunderbar zu uns in die Alpen passt. Das kennen wir ja nur aus der Stadthotellerie. Jetzt haben wir über mehrere Jahre bewiesen, dass unser Konzept funktioniert. Nur ich allein kann das Projekt nicht einfach so zu 15 Standorten machen. Da brauche ich Finanzmittel und Partner.

STANDARD: Zederhaus war zu rund 75 Prozent ausgelastet und trotzdem mit fast fünf Millionen überschuldet.

Schönfelder: Zederhaus hat von Beginn an die Rahmenbedingungen nicht erfüllt, die wir jetzt bei allen neuen Standorten haben. Unsere alten Partner haben eine massive Baukostenüberschreitung hinterlassen, die dann wir aufgefangen haben. Wir wollten den Standort unbedingt in die Gänge bringen. Aber mit Corona war es dann einfach nicht mehr möglich, weil die Gefahr einfach zu groß wäre, sozusagen ein größeres Leid zu erleiden.

Blick von der Terrasse des Büros in Wien. Er sei als Person breit aufgestellt, sagt Schönfelder. Als Unternehmer brauche man eine Vision. Tesla-Gründer Elon Musk ringt ihm etwa einige Bewunderung ab.
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STANDARD: Sie haben Ihre Skikarriere 2013 an den Nagel gehängt. Könnte es sein, dass Sie zum Hotelgeschäft quasi über Nacht Adieu sagen?

Schönfelder: Nein, ich bin ein Beißer. Das Hotelgeschäft ist hart. Aber das Produkt funktioniert. Wenn etwas gut funktioniert, muss man der Sache nachgehen. Diese Vision 13 bis 15 Standorte, und ich baue ein Unternehmen auf, das ist eine coole Sache. Besser, als nur herumzuwurschteln im Kleinen und das zu halten, was ich habe – der bin ich nicht.

STANDARD: Sie sagten, Sie gehen unkonventionell an Herausforderungen heran. Dann breche oft Chaos aus, und das müssten Sie lösen. Jetzt haben wir externes Chaos. Obendrauf Ihr Chaos? Was kommt dabei heraus?

Schönfelder: Ja, Gott sei Dank hatten wir, was die Hotels betrifft, das Chaos des Starts schon hinter uns. Das wäre ganz schlimm gewesen, wenn wir in der Beginnphase diese Zeit gehabt hätten. Dann hätte es uns zerrissen. Ich komme aus dem Immobilieninvestment. Hochrechnen, wie sich eine Immobilie rückfinanzieren lässt, einen Standort evaluieren, da kenne ich mich aus. Wenn man in eine neue Branche einsteigt, ist ganz klar, dass man sich auf Chaos einstellen muss.

Herumzuwurschteln im Kleinen, das sei nichts für ihn, sagt Schönfelder.
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STANDARD: Vom Skifahrer zum Investor, wie kam es dazu?

Schönfelder: Skifahren war meine Kernkompetenz, dann habe ich mir parallel dazu wahnsinnig viel Know-how angeeignet. Ich wollte Wirtschaft studieren. Das war für mich nicht effizient, weil ich so viele Themenbereiche angreifen muss, um das zu absolvieren. Da habe ich gesagt, ich mache es lieber in meinem Learning-by-Doing-Prozess, auch wenn das Emotion und Geld kostet. Das ist der härtere Weg, aber ich komme schneller dorthin.

STANDARD: Da passt gut die alte Geschichte, dass Sie quasi das Haus Ihrer Eltern verzockt haben. Da haben Sie sich ja ordentlich verrechnet.

Schönfelder: Verrechnet habe ich mich nicht, ich war wie viele dem Markt ausgesetzt. Im Gegenteil, ich habe so viel gelernt, dass mir das nie wieder passiert. Nie wieder.

STANDARD: Und damals?

Schönfelder: Ende der 1990er-Jahre sind die Aktienmärkte nach oben gegangen. Wenn du da nicht hundert Prozent im Jahr mit irgendeinem Investmentfonds gemacht hast, warst du ein Trottel. Ich habe mich während der Skikarriere immer mehr mit Internet und Veranlagung beschäftigt. Mich hat fasziniert, dass man mit dem 56-k-Modem Aktien kaufen und von daheim aus Geld vermehren kann. Dann habe ich gemerkt: Meine Strategie funktioniert, aber damals hat alles funktioniert. Ich habe über das Elternhaus einen Kredit aufgenommen und auf den Aktienmarkt geschmissen und habe in Spitzenzeiten aus dem einen Elternhaus sechs gehabt. Dass ich das Elternhaus wieder rausnehme, das habe ich nicht gemacht. 2000 kam der erste und 2003 der zweite Slowdown. Am Ende bin ich dagestanden und war das Elternhaus und noch eines im Minus. Ich musste feststellen: Das Wasser steht bis zum Hals, die einzige Möglichkeit: Ich muss brutal schnell Ski fahren. Drei Wochen später habe ich Kitzbühel gewonnen.

STANDARD: Was haben Sie gelernt?

Schönfelder: Es gibt nichts, was unmöglich ist. Das Schlimmste, wenn man eine Niederlage erleidet, ist, ewig nachtrauern. Abschließen, neu anfangen und die Lehren daraus ziehen, das ist mein Bestreben.

STANDARD: An Ihrem Händchen für Geld haben Sie nicht gezweifelt?

Schönfelder: Nein. Ich habe recht gehabt, sonst wäre ich nicht da, wo ich heute bin. Auf unserer Homepage steht das Rockefeller-Zitat: Es ist zehnmal gescheiter, einmal im Monat über sein Geld nachzudenken, als 30 Tage dafür zu hackeln. Ein schlauer Satz. Ich war als Kind schon einer, der mit dem Ersparten auf den Jahrmarkt gefahren und mit mehr Geld heimgekommen ist.

STANDARD: Und was gekauft?

Schönfelder: Ich hab’s in die Sparbüchse geworfen. Hab und Gut ist für mich nicht so wichtig. Investieren, was nicht Geld verbraucht, sondern Geld bringt, das erfüllt mein Leben. Das Ziel, einen Privatjet zu kaufen, habe ich nicht.

STANDARD: Der Staat muss das Ziel haben, die Schuldenberge, die sich durch die Krise auftürmen, wieder abzubauen. Sie helfen anderen, Vermögen zu mehren, haben sich auf die Butterseite gearbeitet. Brauchen wir eine Vermögensabgabe, um die Krisenkosten zu schultern?

Schönfelder: Es gibt wohl viele, die es leider nicht schaffen werden oder mit einem blauen Auge davonkommen, aber es gibt auch Branchen, die profitieren. Wenn einer so groß ist wie Jeff Bezos, die ganz Großen ...

STANDARD: Sie nicht?

Schönfelder: Ich bin im Vergleich zu Herrn Bezos ein zu kleiner Fisch. Ich muss selbst überleben. Wir sind mit unseren Hotels Partner von Global Family, wo wir Familien mit schwierigen Hintergründen Gratiskontingente für Urlaub zur Verfügung stellen. Wenn ich in den nächsten fünf Jahren nicht dort hinkomme, wo ich hinkommen will, kann ich das auch nicht tun. Das ist wie im Flugzeug. Man sichert zuerst sich, damit man das Kind retten kann. Das ist die Reihenfolge, die befolge ich auch. (Regina Bruckner, 6.12.2020)