Die Stiegenhäuser der Seestadt sollen zur "Turnhalle zwischen Haus- und Wohnungstür" werden.

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So sehen die Plakate aus, die zu mehr Bewegung im Alltag animieren sollen.

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"Online-Turnstunden machen einfach nicht so viel Spaß", sagt Thomas Brey und spricht damit in der aktuellen Zeit wohl vielen Menschen aus der Seele. Brey ist hauptberuflich PR-Berater und in seiner Freizeit Obmann des Turnvereins Seestadt. Er kann derzeit – wie viele andere – nicht wie sonst gemeinsam mit Freunden oder Kollegen Sport machen.

Also hat sich sein Verein, gemeinsam mit der Seestadt-Gesundheitsinitiative "Gemeinsam gesund", etwas überlegt: Wenn die Menschen nicht zum Turnverein kommen, kommt der Turnverein eben zu ihnen, und zwar in ihr Stiegenhaus. "Wir haben geschaut, was in Immobilien möglich ist. Neubauten sind sowieso meist auf den Lift ausgerichtet, und das Stiegenhaus ist sehr oft ein toter Raum, der nicht genutzt wird und um den es eigentlich schade ist", sagt Brey.

Videos auf Youtube

Also wird dort jetzt gesportelt und Fitness in den Alltag integriert. Ein Potpourri aus insgesamt 50 Übungen zu Ausdauer, Kraft und Koordination ist auf Plakaten abgebildet und hängt in unterschiedlicher Zusammensetzung in jedem Stockwerk des Stiegenhauses. Dazu gibt es einen QR-Code, der direkt zu einer Video-Anleitung der Übung auf Youtube führt. Diese können übrigens auch all jene, die außerhalb der Seestadt wohnen, unter dem Stichwort "Stiegenfit" aufrufen und selbst daheim auf ihren Stufen aktiv werden.

Die Übungen können allesamt in Alltagskleidung ausgeführt werden. Damit soll es möglich sein, sie als kurze Bewegungseinheiten in den Tagesablauf einzubauen. "Man muss sich nicht erst umziehen gehen. Wer aber doch sportlicher werden will, für den gibt es auch ein paar anstrengendere Varianten", sagt Brey. Das Ziel ist aber vor allem, dass sich die Menschen öfter für die Stiegen anstatt für den Lift entscheiden und "vielleicht, wenn sie fünf Minuten mehr Zeit haben, in jedem Stockwerk noch eine kleine Übung machen", so Brey.

800 Wohnungen dabei

Gerade jetzt, da wir auf unser Zuhause beschränkt sind und wenig Bewegungsmöglichkeiten haben, sei die Aktion ein wichtiger Beitrag zur Gesundheit der Menschen, sagt auch die Psychologin und Projektleiterin Beate Wimmer-Puchinger.

In der Seestadt beteiligen sich an der Aktion bisher die Wohnanlagen der Sozialbau mit deutlich mehr als 700 Wohnungen und der WBV-GFW mit über 100 Wohnungen. "Wir haben unterschiedliche Hausverwaltungen angeschrieben, und zum Glück hat die größte gleich mitgemacht", sagt Brey, der darauf hofft, dass auf Dauer jedes Stiegenhaus in der Seestadt Teil der Aktion wird.

Denn nicht nur die Bewegung wird durch die Aktion gefördert, sondern auch eine gute Nachbarschaft und das Sozialleben – zumindest für die Zeit nach Corona ist das der Plan. Dann, das haben die Hausverwaltungen schon angekündigt, soll es einmal pro Woche ein gemeinsames Stiegenturnen geben. "Wir freuen uns, dass wir als Turnverein so etwas anstoßen können und die Menschen von sich aus etwas tun. Mehr Bewegung im Alltag schadet garantiert auch in normalen Zeiten nicht", sagt Brey.

Vor allem in der Seestadt seien solche Aktionen auch deshalb wichtig, weil es dort noch kein gewachsenes Sozialgefüge gebe. "Es ist fast ein bisschen wie im Amerika des 18. Jahrhunderts, ständig kommen neue Siedler", sagt Brey mit einem Schmunzeln. (Bernadette Redl, 12.12.2020)